Immernoch keine Antwort.

,,Oh Gott, bitte nicht!" Hauchte ich leise und rannte los. Ich lief in die Richtung, in welche Seungmin verschwunden war, ohne auf meinen Weg zu achten. Ich konzentrierte mich auf die leichten Fußspuren von ihm am Boden, welche Seungmin gehören zu schienen, als mein Weg urplötzlich stoppen sollte.

Und zwar vor Matthew.

Einem Matthew, welcher Seungmin an sich gepresst hatte, einen Dolch vor der Brust des kleinen und einen an Seungmins Bauchseite.

,,Matthew, lass ihn los!" Knurrte ich leise, wobei ich von diesem nur ein Grinsen erntete. ,,Wie schön. Ein Karriero gegen einen Karriero, wenn das die Zuschauer nicht mal erfreut." Lachte er auf und drückte Seungmin näher an sich, weshalb dieser schmerzhaft aufwimmerte.

Ich verzog mein Gesicht. Ich konnte es nicht sehen, wenn Seungmin litt.

,,Matthew bitte. Das ist eine Sache, zwischen dir und mir." Versuchte ich ihn zu besänftigen. Jedoch bekam ich daraufhin nur ein trockenes Lachen. ,,Das sind die Hungerspiele, Mister Bang. Da gibt es kein 'zwischen uns'. Hier gibt es nur fressen oder gefressen werden." Sagte er, ehe er den Dolch näher an Seungmins Brust drückte. ,,Und ich mag es nicht gefressen zu werden." Fügte er knurrend hinzu.

,,Bitte, lass ihn gehen. Bitte..." Biss ich mir auf die Unterlippe. Der Anblick machte mich schwach. Ich hasste es, so schwach zu wirken, doch wollte ich einfach nicht, dass Seungmin etwas geschah. In diesem Moment war mir auch egal, ob ich dafür drauf gehen würde, hauptsache ihm geschah nichts.

,,Ich gebe dir einen Kompromiss." Grinste Matthew. ,,Du lässt deine Waffe ins Laub fallen, dann lasse ich deinen Seungmin los." Sagte er und deutete mit einem Nicken auf den Wurfdolch, welchen ich gezogen hatte. Jedoch hatte ich ihn bis jetzt noch nicht werfen können. Kein Winkel war passend, er würde Seungmin noch mit in den Tod reißen können.

Ich sah in die glasigen Augen von dem kleinen Welpen, welcher zitterte und leicht seinen Kopf schüttelte während er mit den Lippen sanft die Worte 'Lauf' formte.

Dieser Anblick brach etwas in mir.

Er wollte, dass ich ihn zurück lasse, um mich zu retten.

Verzweifelt suchte ich nach einem Ausweg. Aber nichts schien passend. Würde ich meinen Dolch wegwerfen, würde Matthew erst Seungmin und dann mich töten. Würde ich ihn damit abwerfen und der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ich treffe, könnte er immernoch Seungmin erstechen und mit viel Mühe auch mich. Seungmin konnte sich nicht wehren oder ihn entwaffnen, da zwei Dolche auf ihn gerichtet waren, nicht nur einer. Und selbst in dieser Version, würden schon wieder wir beide sterben.

Es gab keinen Ausweg. Und als ich in Seungmins Augen sah, wusste ich, dass auch er wusste, dass es keinen logischen Ausweg gab. Wir würden sterben.

Diese grausame Erkenntnis ließ meine Beine taub werden und gab mir ein Gefühl der Starre, der Hoffnungslosigkeit.

Doch als ich erneut in Seungmins Augen sah, entdeckte ich etwas, dass zuvor noch nicht da gewesen war.

Entschlossenheit.

Aber nicht die der guten Sorte.

Ehe ich reagieren konnte, hatte Seungmin seine kleine Hand auf Matthews gelegt, welche den Dolch vor seiner Brust hielt, und gab dieser einen kräftigen Ruck. Der Dolch bohrte sich in Seungmins Herz.

Mein Mund fiel auf, aber kein Wort kam hinaus. Ich konnte die Situation nicht realisieren.

Erschrocken ließ Matthew den Kleinen los, welcher zu Boden fiel und sich noch mit einer Hand am Boden abstützen konnte.

Matthew handelte trotz des Schocks schneller als ich und rannte weg. Schnell versuchte ich noch meinen Dolch nach ihm zu werfen, striff damit aber nur leicht seinen Arm. Doch konnte ich ihm nicht mehr hinterherlaufen, da ich genau in dem Moment das hörte, was mich den Rest meines Lebens verfolgen sollte.

Einen Schuss.

Der Schuss, der zeigt, dass jemand gestorben war.

Mein Blick fiel auf Seungmin, welcher zeitgleich zu Seite kippte.

,,Seungmin." Kam es mir stumm über die Lippen. Ich rannte zu dem kleinen und warf mich neben ihm auf den Boden.

Ich nahm seinen Kopf zwischen meine Hände, doch seine hübschen Augen waren geschlossen. Seine Brust hob und senkte sich nicht mehr. ,,Nein, nein, nein." Murmelte ich leise und fühlte, wie meine Augen glasig wurden.

,,Bitte nicht, bitte..." Wiederholte ich leise und presste seinen kleinen, leblosen Körper an mich, welcher noch ein wenig Körperwärme besaß. Ich vergrub mein Gesicht in seinen Haaren, durch die ich ihm vorhin erst gewuschelt hatte und spürte, wie meine Wangen nass wurden.

Ich wiegte ihn leicht hin und her und konnte die Tränen nicht stoppen, welche mein Kinn hinunter liefen.

Aber ich bekam keine Antwort.

Ich umklammerte ihn wie ein Ertrinkender, nur um keine Regung seinerseits zu bekommen.

Ich schluchzte leise. ,,Bitte lass mich hier nicht allein."

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Hunger Games~Stray KidsWhere stories live. Discover now