Kapitel 12

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Minho Pov:

Seufzend lehnte ich meinen Kopf an den Baumstamm. Jisung hatte sich auf die andere Seite des Baumstammes gelehnt, darauf hatte er bestanden.

Ich hatte keine Ahnung, ob er schon schlief, was mir eigentlich auch so ziemlich egal sein könnte.

Wir hatten uns den ganzen Tag lang nur gestritten und angekeift, was eigentlich auch ziemlich lustig war, da er, wenn er kein passendes Argument mehr hatte, anfing zu schmollen und mir irgendeine Beleidigung an den Kopf warf.

Ich ließ meinen Blick auf meine Finger wandern, welche noch immer mit dem Schwert spielten, welches der Jüngere mir einfach so vor die Füße geworfen hatte.

Ich sage nicht ohne Grund, dass er nicht so nett zu allen sein soll. Es machte einen schwach, verletzbar. Das hatte man mir schon mein ganzes Leben lang beigebracht. Immer stand nur deine Stärke und dein Egoismus im Vordergrund. Etwas anderes war nie erwünscht.

Und trotz allem war es schon eine niedliche Eigenschaft seinerseits, was ihn leider auch genauso verwundbar machte. Manchmal hatte ich fast schon das Gefühl, es wäre ihm egal, was mit ihm passiert.

Meine Gedankengänge wurden unterbrochen, durch die Musik, welche das Kapitol an jedem Abend zum Gedenken an die, an diesem Tag verstorbenen Tribute abspielte.

Die Bilder und der Distrikt des jeweiligen toten Tributes wurde dann an den Himmel gestrahlt, wie so auch jetzt.

Es waren Sana aus 3

Chungha aus 8

IU aus 5

Yugyeom aus 8

und Dahyun aus 10

Bei der Letzteren schluckte ich schwer auf und wandte meinen Kopf leicht zur Seite, konnte in der Dunkelheit aber nicht mal Jisungs Ansätze erkennen.

,,Jisung?" Fragte ich leise in die Dunkelheit hinein.

Keine Antwort.

,,Jisung?" Fragte ich erneut.

,,Was?" Bekam ich seine genervte Antwort, welche jedoch auch etwas belegt klang. Ich robbte leicht um den Baum herum und setzte mich neben Jisung, welcher gleich ein paar Zentimeter zur Seite wich.

Ich wollte schon einen genervten Kommentar abgeben, als ich die Träne realisierte, welche über seine Wange rollte.

Seltsamerweise ließ dies mein Herz etwas schwerer werden und ich hatte den plötzlichen Drang, ihn einfach nur wieder glücklich machen zu wollen.

Ein glücklicher Jisung? Nervig. Ein angepisster Jisung? Witzig. Aber ein trauriger Jisung? Nein nein, da hört auch bei mir der Spaß auf, egal wie nervig der kleine manchmal sein kann.

Ich legte leicht meine Arme um seine schmale Taille und zog ihn näher zu mir. Als er versuchte sich zu wehren, rollte ich mit den Augen.

,,Du beschwerst dich immer, dass ich so kalt wäre, aber wenn ich dann mal nett sein will, beschwerst du dich auch. Jetzt halt die Klappe und lass mich dir Zuneigung schenken." Brummte ich und zog ihn etwas zu kräftig in meine Arme.

,,Du bist immer so brutal!" Murmelte er in meine Halsbeuge, wodurch ich dort ein wenig Gänsehaut bekam.

,,Ich wurde ja auch zur Brutalität erzogen, Jisung." Seufzte ich grinsend. ,,Ja, aber das musst du doch nicht an mir rauslassen!" Beschwerte er sich.

Ich schüttelte amüsiert den Kopf. ,,Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich dich behalten habe." ,,Du mich? Ohne dich wäre ich vermutlich besser dran, so wie du mich zerquetscht."

Ich stöhnte genervt auf und hob ihn leicht hoch, nur um ihn dann sanft auf meinem Schoß abzusetzten und meine Arme lockerer um seine Taille zu legen.

,,Na sieh mal einer an, auf einmal weiß er, wie man zärtlich zu einer Person ist." ,,Ach, sei doch ruhig!" Rollte ich lächelnd meine Augen. ,,Du bist so nervig." Seufzte ich und legte meinen Kopf in seiner Halsbeuge ab. ,,Aber du. Ich rede grade mit dem König des nervens."

,,Dann verlange ich von jetzt an von dir mit 'euer Hoheit' angesprochen zu werden." ,,Pfft, alles was du von mir bekommst ist ein Tritt in den Hintern." Ich lachte leise und genoß die Stille, welche sich um uns herum bildete. Unbewusst malte ich mit meinem Daumen kleine zärtliche Kreise auf Jisungs Rücken, was er mit einem zufriedenen Seufzer kommentierte.

Eine Weile blieb es still zwischen uns und ich befürchtete schon, dass er eingeschlafen war, als er leise darum bat: ,,Kannst du mich bitte irgendwie ablenken."

Ich verstand sofort, worauf er hinaus wollte, woraufhin ich fragend meinen Kopf auf seinem ablegte. ,,Wie denn?" ,,Erzähl mir was von deinem Zuhause." Ich stieß etwas Luft aus und sah überlegend in den Himmel.

,,Naja, was soll ich da schon großartig erzählen. Ich komme aus dem Fischereidistrikt, welcher einer der reichsten und deshalb ein Karriero ist." Jisung brummte leise. ,,Weiter~"

Ich zuckte mit den Schultern und redete weiter. ,,Ich habe eine Mom und einen Dad und bin Einzelkind. Deswegen war es meinen Eltern vermutlich auch so wichtig, dass ich extra gutes Training bekam. Ich sollte wohl mal sowas wie der Stolz der Familie werden, der unsere Familienehre weiterträgt." ,,Und hast du das geschafft?" Fragte mich Jisung leise.

Ich seufzte. ,,Jisung, meinen Eltern war immer nur wichtig, dass ich der Beste bin. Der Beste in allen. Ich als Person war ihnen scheiß egal." ,,Das ist grausam...." Murmelte Jisung und hatte einen Ton in seiner Stimme, wie ich ihn selten gehört hatte. Mitgefühl. Jisung hatte Mitleid mit mir. Es kümmerte ihn, dass es mir nicht gut ging. Und das war dass aller erste mal, dass ich jemanden so zu mir reden hörte.

Dennoch war mein Ziel ihn abzulenken und das wollte ich nicht vernachlässigen. ,,Mein Training war immer etwas schwerer, aber ich will mich nicht beklagen, deswegen kann ich nun einen Dreizack 100 Meter weit werfen." Überrascht sah Jisung mich an. ,,Du verarscht mich." Ich schüttelte grinsend den Kopf.

,,Oh, dann müssen wir unbedingt mal einen Dreizack für dich besorgen, dass will ich sehen." Sagte Jisung leise und legte seinen Kopf wieder in meiner Halsbeuge ab.

Wir. Er hatte wir gesagt.

,,Glaubst du, dass deine Eltern endlich stolz auf dich sind?" Fragte Jisung mich müde. Ich stockte kurz. ,,Nein." ,,Wieso nicht? Du bist doch hier. Das, worauf sie dich seit Jahren vorbereitet haben." ,,Ja, aber ich bin nicht freiwillig gegangen. Ich wurde gezogen. Außerdem haben sie mich zu kälte und egoismus erzogen. Ich glaube, dass hab ich ungefähr in dem Moment ruiniert, in dem ich dich auf meinen Schoß gezogen hab."

Jisung kicherte leise, ehe es wieder etwas ruhiger zwischen uns wurde. ,,Danke..." Kam es nach einer Weile leise von ihm. Noch etwas, dass mir nie jemand gesagt hatte. Danke.

,,Wofür?" ,,Für's ablenken."

Ich nickte leicht und schloss dann ebenfalls langsam meine Augen, mit Jisung in meinen Armen.

Hunger Games~Stray KidsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt