Zuggeflüster

2.1K 101 7
                                    

"Ich will da sitzen", maulte Lorry mit verschenkten Armen und starrte unglücklich auf den Fensterplatz, den Fred eingenommen hatte.
"Tja", sagte Fred "da warst du eben nicht schnell genug"
Lorry warf ihm einen düsteren Blick zu, setzte sich dann aber neben mich auf die andere Seite des Abteils.
Natürlich hatte sie auch mich schon gefragt, ob sie am Fenster sitzen dürfte, aber ich dachte nicht daran meinen Platz aufzugeben.
"Ich freu mich schon auf Weihnachten", sagte Lorry "und auf die Ferien. Die hatte ich Butter nötig..."
"Ich auch", stöhnte George "Zaubertränke ist das schlimmste Fach."
"Hey, wer bin ich?", rief Fred lachend und zog seine Mundwinkel nach unten.
"Albernes Zauberstabgewedel wird es in diesem Unterricht nicht geben", sagte er mit dem unverkennbaren Akzent von Proffesor Snape.
George begann so laut zu lachen, dass bestimmt der gesamte Zug es hören konnte.
Lorry grinste auch, aber sie dachte nicht daran zu lachen. Wie ich sie kannte würde sie Fred nun solange die Laune verderben, bis er den Platz räumte.
Ich kicherte - aber lange nicht so laut wie George - über Freds Darstellung, die er jetzt fortführte.
Wir hatten uns das Abteil zu viert genommen.
Kalypso und Charlie hatten sich kaum das wir den Zug betreten haben zu ihren Freunden gesetzt und Percy fand uns zu kindisch, als dass er sich zu uns setzen würde.
Natürlich konnte man ihm da keinen Vorwurf machen, denn wir waren schließlich auch zu kindisch.
"Also", sagte Lorry "jetzt wo wir ungestört sind, können wir doch nochmal über den Angriff auf Emily vor einpaar Wochen sprechen..."
Fred schaute sie genervt an.
"Wir wollen Spaß haben, Lorry", sagte er "nicht uns Sorgen machen..."
"Ist doch auch egal", sagte Lorry "die Zugfahrt dauert lange genug, wir haben also Zeit."
George flüsterte Fred etwas zu. Fred verdrehte dich Augen und sagte dann an Lorry gewant: "Leg los!"
"Also", begann sie "wir wissen bis jetzt eigentlich nichts. Es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, dass Emily das von sich aus gemacht hat, schließlich hat auch Henry uns davon erzählt und er hat gesagt, es war fast übernatürlich."
"Lorry, wir sind Zauberer" sagte ich lachend "ist bei uns nicht eigentlich alles übernatürlich?"
"Lässt du mich jetzt bitte außerdem?", fuhr Lorry mich an. Sie hasste es unterbrochen zu werden.
Ich staunte darüber wie sehr sich Lorry in den paar Wochen auf Hogwarts geändert hatte. Davor war sie dieses quirlige Mädchen gewesen, für das es keine Sorgen im Leben gab und jetzt war sie... anders. Sie war immer noch aufgedreht, optimistisch und fröhlich, aber ein kleiner Teil von Lorry war verblasst und hatte sich in einen ernsteren verwandelt.
Früher hatte sie nicht gewusst, wann Schluss war, heute setze sie selber die Schlussstriche.
"Also", fuhr Lorry fort "ich habe ein wenig nachgeforscht und ich würde sagen, dass es sehr möglich ist, dass Emily unter einer Imperio stand."
Stille.
"Wow, darauf wären wir jetzt nie gekommen", sagte George mit trockenem Sarkasmus.
"Natürlich wurde sie verhext. Die eigentlichen Fragen sind doch: "wer?" und "warum?"
Lorry schaute ihn böse an.
"Warum habt ihr dann nichts gesagt?", fragte sie nach.
"Ich dachte es wäre klar", sagte George und zuckte mit den Schultern "hab vergessen, dass ihr nicht bei Zauberern aufgewachsen seid"
"Ist klar", murmelte Lorry gerade so laut, dass nur ich sie hören konnte. "Sie haben es vergessen"
Ich verstand nicht ganz worauf sie hinaus wollte. Dachte sie etwa, die Zwillinge würden uns anlügen?
Ich schaute Fred und George an, wie sie sich angrinsten und eine Packung Bertie Bott's Beans aus der Tasche zogen.
Könnten diese beiden wirklich lügen?
Fred öffnete die Packung und hielt sie uns hin.
"Auch welche?", fragte er.
Eine wichtige Weisheit fürs Leben: Bietet Lorry niemals Süßigkeiten an. Sie kann dann nichtmehr aufhören, isst fast alles alleine und wird irgendwann hyperaktiv.
Und so war es auch diesmal.
In kürzester Zeit war die gesagte Packung leer und ich bin sicher, dass Lorry mindestens die Hälfte davon gegessen hatte.
Sie saß auf ihrem Platz und hüpfte die ganze Zeit auf und ab.
Dabei hatte sie ein irres Grinsen aufgesetzt und da war sie wieder. Die alte Lorry.
Ich muss sagen: Ich hatte sie vermisst.
Selbst wenn sie immer Süßigkeiten essen musste, um so zu sein, wie sie normalerweise war.
Vielleicht würde es durch die Ferien ja wieder besser werden.
In diesem Moment klopfte es an unsere Abteiltür.
Draußen stand Alice. Sie winkte uns lächelnd zu und bewegte die Lippen zu einem: "Kann ich rein kommen?".
"Klar", antwortete ich und Alice öffnete die Tür. Sie lächelte immer noch und setze sich einfach neben Lorry.
Und so saßen wir da.
Komplett still.
Komplett ruhig.
Ohne ein einziges Wort.
Ich weiß nicht wie lange es war, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor.
Nach einiger Zeit sagte Alice schließlich etwas.
"Wie sind bald da", sagte sie und erhob sich. "Und keine Sorge", sagte sie zu Fred und George "ich werde euch nicht länger belästigen."
Damit öffnete sie die Tür und ging.
Alice hatte ein Talent dafür, einem ein schlechtes Gewissen zu geben.
Denn ich saß weiterhin einfach da, schaute auf die Tür und wollte mich entschuldigen, obwohl ich gar nichts gemacht hatte.
Fred und George wussten nicht, dass Alice Gedanken lesen konnte.
Und sie mochten sie nicht besonders.
Und ich muss zugeben die Stimmung war tatsächlich kaputt gewesen.
Aber trotzdem mochte ich Alice.
Sie war etwas, dass ich auch gerne wäre.
Sie war sie selbst.

Der Bahnhof Kings Cross war voller Menschen. Alle Eltern waren gekommen, um ihre Kinder vom Zug abzuholen.
Ich konnte eine Frau mit hellblonden Locken, blasser Haut und einer Brills auf er Nase erkennen. Sie trug ein grünes, enges Kostüm, das an ihr nicht wirklich vorteilhaft aussah und schien zu warten, während eine Feder über einen Notizblock flog und einige aufschrieb, was die Frau ihr diktierte. Ich nahm an, dass es Audreys Mutter war, denn die Ähnlichkeit war nicht zu übersehen und die beiden benutzen die gleiche unfassbar nervige Feder.
Alice rannte auf eine dünne Frau mit braunen langen Haaren und hellblauen Augen zu und umarmte diese fest. Es müsste ihre Mutter sein, denn sie sah aus, wie ein Ebenbild ihrer Tochter. Sie streichelte Alice liebevoll über das Haar und schien ihr etwas zuzuflüstern.
In diesem Augenblick erst fiel mir auf, dass Alice weinte. Dicke Tränen Ligen ihr über die Wange und ihr Gesicht hatte eine leichte Rötung angenommen.
Ich wäre gerne zu ihr hin gegangen, um sie zu trösten, doch die Weasleys zogen mich mit sich.
Julian lief hocherhobenen Hauptes zu einer Familie etwas abseits.
Eine Frau, ein Mann und ein kleiner Junge von vielleicht 9 oder 10 Jahren. Sie alle hatten weiß Kindes Haar und der Vater als auch die Mutter hatten eine ziemlich hochmütige Miene aufgesetzt. Der kleine Junge hielt die Hand seiner Mutter und schaute sich aus grauen Augen, die auch Julian hatte interessiert um.
Julian trat an die Familie heran und wollte die Hand austreken zur Begrüßung, als die Frau einige Schritte auf ihn zu kam und ihn in die Arme schloss.
Das war dann wohl Julians Familie.
Emily lief raschen Schrittes auf die kleine Familie zu, die in der Mitte des Trubels stand.
Ein Mann, eine Frau und ein kleines Mädchen.
Emily schloss ihre Mutter und ihren Vater liebvoll in den Arm und umarmte dann ihre kleine Schwester.
So hatte ich mir eine Familie immer vorgestellt.
Die Weasleys warteten bereits auf uns.
Molly Weasley nahm zuerst ihre Söhne einen nach dem anderen in den Arm und umarmte dann auch Lorry, Kalypso und mich.
Neben Molly standen ihr Mann Arthur, der sich immer noch so sehr für Muggel interessierte, wie in den Sommerferien und Lorry sofort einige Fragen stellte, die diese ihm gerne beantwortete. Die beiden kleinsten Weasleygeschwister Ginny und Ron hielten ihre Mutter an der Hand und Ron schaute mich aus seinen blauen Augen verwirrt an.
Ich lächelte leicht und schenkte auch der kleinen Ginny ein Lächeln, da diese mich fröhlich anstrahlte.
In diesem Moment streifte mich eine Schulter. Ich fuhr so schnell es ging herum.
Hinter mir stand Charlene.
Ihre Eltern waren schon weiter gegangen, aber sie war stehen geblieben und schaute mich verächtlich an.
"Wir sehen uns nach den Ferins", raunte sie mir zu "wenn mich nicht alles täuscht, dann bist du mir noch was schuldig"
Sie lächelte gehässig, drehte sich weg und machte einen Abgang.
Was ich ihr denn schildere, würde ich wohl niemals erfahren.

Die verlorene Weasley ~Harry Potter ff~Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon