Kapitel 12 - So kann es nicht weitergehen

230 20 4
                                    

Es gab Tage, die wollte man einfach nur vergessen. Dieser heutige gehörte eindeutig dazu. Bis auf die Tatsache, dass sie sich endlich mit Helen ausgesprochen hatte, konnte Elara rein gar nichts Positives an diesem ersten Schultag finden.

Der Streit mit James nach dem Essen, seine Anschuldigungen Derek gegenüber und dann der Kampf zwischen den beiden mitten auf dem Campus vor den Augen der Schüler. Ihre Wut auf die zwei Männer war noch immer nicht ganz verschwunden. Wie hatten sie ihre Disziplin und Beherrschung einfach so vergessen können? Es war Elara völlig unverständlich. Dabei hatte sie James doch deutlich gemacht, wie sie zu Derek stand. Seine Eifersucht war einfach nur kindisch.

Mit einem tiefen Seufzen griff Elara nach ihrer dampfenden Teetasse, ging hinüber ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch sinken.

Der Tag hatte sie ausgelaugt. Seelisch und körperlich. Nicht unerheblich dazu beigetragen hatte ihre Essentia-Vorführung für Hannah. Es gab einen Grund, weswegen sie diese Art von Magie nicht benutzte. Und diesen Grund spürte sie noch immer in den Knochen.

Hannahs Frage nach Gedächtnismanipulation mithilfe von Magie hatte sie überrascht und gleichzeitig beunruhigt. Reichte es nicht, dass ihre Schüler und Kollegen nacheinander ihre Magie verloren? Sie hatte nicht die Kraft, sich mit gefühlt zehn weiteren Problemen herumzuschlagen.

Auch die Drohung von Mr. Harris hallte noch immer in ihrem Kopf wieder: denn sonst sehen wir uns gezwungen, diese Akademie zu verlassen.

„Das kann doch alles nicht wahr sein", flüsterte Elara in den halbdunklen Raum und zog die Knie an den Körper. Was sollte sie denn tun? Das hier war eine Schule. Eine Schule und kein Hochsicherheitsbereich. Kameras und Magieerkennungssysteme kosteten Geld und würden jedem hier einen Großteil seiner Privatsphäre rauben. Doch irgendwie musste sie herausfinden, wer hinter den Angriffen steckte.

Wenn sie wenigstens wüsste, wie er oder sie es schaffte, Magie zu stehlen. Die Idee vom Vormittag kam ihr wieder in den Sinn. Sie musste es selbst ausprobieren.

Die Melodie ihrer Haustürklingel ließ Elara zusammenzucken. Entnervt stieß sie einen Schwall Atemluft durch die Nase aus und stellte ihre Tasse auf den Wohnzimmertisch. Warum konnte sie nicht einmal ihre Ruhe haben? Sie wollte jetzt niemanden sehen, verdammt nochmal.

Es klingelte ein zweites Mal. Missmutig erhob Elara sich und lief durch den Flur zur Tür.

Schneeflocken wirbelten ihr entgegen und eine Gänsehaut überzog ihre Arme, als sie die Klinke heruntergedrückt und die Tür geöffnet hatte.

In einen dicken Wintermantel gehüllt stand James auf den schmalen Stufen vor ihr und blickte ihr entgegen.

„Was machst du hier?", fragte Elara und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Schmetterlinge, die seine Gegenwart in ihr wachriefen, ignorierte sie mit aller Kraft. Sie war noch immer wütend auf ihn, auch wenn sie sich gleichzeitig Sorgen gemacht hatte, nachdem Derek ihn während des Kampfes verletzt hatte.

„Es tut mir leid, Elara", erwiderte er fest. „Mein Verhalten heute war unverantwortlich und ich habe überreagiert."

„Ja, das hast du", stimmte Elara ihm zu. „Das habt ihr beide."

James nickte und schwieg. Sie rechnete es ihm hoch an, dass er nicht noch einmal versuchte, Dereks Integrität anzuzweifeln.

„Komm rein", meinte sie nach einigen Sekunden und trat ein Stück zur Seite.

„Danke", murmelte er, ging an ihr vorbei ins Haus und sie schloss die Tür. Während James sich aus seinem Mantel und seinen Schuhe schälte, verschwand Elara in der Küche, um einen weiteren Tee aufzusetzen.

Academy for Elementarys - Herz aus EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt