Kapitel 10 - Silvester

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Die nächsten Tage verbrachte Elara damit, die letzten Tests zu korrigieren, Mails zu beantworten und Rechnungen zu begleichen.

Die Akademie war so gut wie ausgestorben. Bis auf Hannah und ihre Mutter sowie James und noch ein paar andere Wächter waren alle Schüler und Lehrer zu ihren Familien gefahren. Elara war das nur recht. So hatte sie ihre Ruhe. Glaubte sie jedenfalls, denn gerade, als sie sich dem einzig verbliebenen Haufen Tests widmen wollte, klopfte es an ihrer Bürotür.

Seufzend legte Elara ihren Stift beiseite.

„Herein", rief sie und tippte im Kopf auf James. Tatsächlich erschien der Wächter Sekunden später im Türrahmen und lächelte warm, sodass sämtliche Schmetterlinge in ihrem Bauch zu flattern begannen.

„Was gibt es?", brachte sie betont gelangweilt hervor und ignorierte das verräterische Kribbeln in ihrem Bauch so gut es ging.

„Sie sitzen nun schon den ganzen Tag hier drin", fing James an. „Was halten Sie von einem kurzen Spaziergang. Danach können Sie sich von mir aus gerne wieder auf ihre Arbeit stürzen."

Elaras Blick schweifte zum Fenster. Draußen strahlte die Wintersonne von einem blassblauen Himmel und brachte den Schnee auf den Bäumen zum Funkeln.

„Na schön", erwiderte sie und erhob sich.

James nahm ihren Mantel vom Haken und half ihr beim Überziehen. Rasch knöpfte sie ihn zu und folgte ihrem Wächter aus der Tür.

Eisige Luft empfing Elara, als sie aus dem Haupthaus traten und Elara atmete tief ein. Die Kälte wirkte belebend auf ihre Sinne und verscheuchte den Anflug von Müdigkeit, der sie während des Korrigierens überfallen hatte.

Schweigend schlenderte sie neben James über den verschneiten Campus. Der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln und dämpfte jedes Geräusch.

„Geben Sie ruhig zu, dass Sie froh sind, dass ich Sie aus Ihrem stickigen Büro gerettet habe", brach James nach einer Weile die Stille und grinste.

„Passen Sie bloß auf, dass Sie nicht gleich gerettet werden müssen", konterte sie mit erhobenen Augenbrauen.

James lachte tief und herzlich auf und das Kribbeln in Elaras Bauch wurde stärker. Ihr Herz machte einen freudigen Satz und unwillkürlich verzogen ihre Lippen sich zu einem Schmunzeln.

In diesem Moment glitt sie auf dem vereisten Boden aus und geriet gefährlich ins Schwanken. Ein überraschter Laut entwich ihrer Kehle, sie ruderte mit den Armen und spürte plötzlich ein paar starker Arme, die sie vor einem Sturz bewahrten.

„Nicht so stürmisch", raunte James an ihr Ohr und jagte ihr damit einen wohligen Schauer über den Rücken.

Hastig befreite sie sich aus seinem Griff und strich ihren Mantel glatt, obwohl da überhaupt nichts glattzustreichen war.

„Danke", murmelte sie unangenehm berührt und lief weiter, peinlichst darauf bedacht, nicht noch einmal auszurutschen.

„Steht's zu Diensten", neckte der Wächter sie und war mit wenigen Schritten wieder neben ihr.

Trotz des kleinen Zwischenfalls genoss Elara den Spaziergang sehr und sie erwischte sich bei dem Gedanken, dass sie eigentlich gar nicht mehr in ihr Büro zurückwollte. Also schlug sie mit Absicht den Weg ein, der einmal rund um den Campus führte. Sie bemerkte James' verwunderten Blick, der sich jedoch rasch in Zufriedenheit verwandelte.

Nach einer Weile, die sie schweigend nebeneinander hergelaufen waren, ergriff Elara das Wort.

„Wie geht es Ihrer Familie, James?"

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