2. Dezember

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Kylie POV

"9-1-1, wie kann ich ihnen helfen?"

"Ich kann meine Schlüssel nicht mehr finden." Ein alte Dame, die vermutlich nicht mehr ganz so auf der Höhe ist, aber das ist nichts neues. Trotzdem werde ich sie nicht einfach wegdrücken, das ist gemein, immerhin hat sie bestimmt Angst, wenn sie schon hier anruft. Ich darf mich nur nicht lange an ihr aufhalten, da draußen sind bestimmt Leute die dringender Hilfe brauchen, aber einen Moment habe ich Zeit, immerhin arbeiten hier in der Zentrale noch viele weitere Menschen am Telefon. "Wie heißen Sie denn?"

"Martha Johnson."

"Okay Martha, wo befinden Sie sich denn? Drinnen, draußen? Ihr Zuhause?" Wo könnte eine alte Dame ihren Schlüssel hinlegen?

Martha räuspert sich und nennt ihre Adresse. "Vor meiner Tür und meine Herzmedikamente sind drinnen."

Oh. Jetzt beginnt die Situation dann doch, etwas kritisch zu werden. Wenigstens muss ich mir keine Sorgen machen, dass sie erfriert, hier in Orlando sind die Temperaturen im Dezember ja schon sehr angenehm. "Geht es ihnen gut, soll ich Ihnen einen Krankenwagen schicken?"

"Ich weiß nicht." Nicht gut. Kylie, streng dich an, du musst der Frau helfen, bevor es für sie gefährlich wird. Ich muss mir nur etwas einfallen lassen, ich kann halt nicht einfach einen Rettungswagen oder einen Notarzt zu ihr schicken, wenn es am Ende nicht so schlimm ist. Vielleicht würde es ja auch ein Schlosser tun, aber das liegt außerhalb meines Zuständigkeitbereichs.

"Haben Sie einen Zweitschlüssel draußen versteckt? Im Blumenbeet oder unter der Fußmatte, Martha?" Bitte lass sie das einfach nur vergessen haben.

Eine Weile höre ich nichts mehr. So langsam mache ich mir wirklich Sorgen. "Martha? Sind Sie noch da?"

Immer noch nichts. "Alles in Ordnung? Können Sie mich hören?"

Ich bin gerade dabei einen Krankenwagen zu ihr zu schicken, als sie sich endlich wieder meldet. "Ah, Sie hatten recht, Liebes. Ich hab ganz vergessen, dass ich noch einen hier draußen liegen haben. Aber danke. Jetzt komme ich auch an meine Tabletten. Entschuldigen Sie, dass ich Sie gestört habe. Ich bin eben ein bisschen vergesslich."

"Kein Problem." Das wichtigste ist, dass sie ihre Tabletten hat und es ihr gut geht. "Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und ein besinnliches Weihnachtsfest."

"Frohe Weihnachten!", sagt Martha und legt dann auf.

Ach ja, Weihnachten. Die vermutlicher Weise schrecklichste Zeit des Jahres. Es gibt viele überflüssige Notfälle, will Leute ihre Kekse zu lange im Ofen lassen, sie beim Schmücken irgendwo runter fallen und so viele weitere Dinge, die ohne dieses lächerliche Fest nicht passieren würden. Ich hasse Weihnachten. Keine Ahnung warum. Von den Einkaufszentren will ich erst gar nicht anfangen. Die meisten Menschen, die ich kenne lieben die Deko und den Flair dort zu dieser Jahreszeit, was ich gar nicht nachvollziehen kann. Im Endeffekt geht es doch eh nur um verschiedene Marken, die Profit aus den Leuten schlagen wollen, die sich von so ein paar Tannenzweigen, etwas Glitzer und aufblasbaren Figuren hinreißen lassen.

Louisa POV

Früher fand ich Fliegen unglaublich stressig. Nach sieben Flügen im letzten halben Jahr, habe ich mich aber irgendwie daran gewöhnt. Dachte ich. Jetzt sitze ich hier in Frankfurt und warte auf meinen Flug nach London und ein mulmiges Gefühl breitet sich in meinem Magen aus. Wahrscheinlich liegt es nicht mal unbedingt an dem Flug selbst, sondern eher an allem, was in den letzten drei Wochen hier in Deutschland passiert ist. Ich muss lächeln beim Gedanken daran. Es waren die drei besten Wochen seit Jahren. Allein schon, wenn ich an seine Haut an meiner denke, seine Lippen auf meinen, seine Augen... Aber es war nur ein Urlaubsflirt. Nicht mehr. Ich habe diese Reise begonnen um wieder zu mir selbst zu finden und nicht um mich in eine Beziehung mit einem praktisch Fremden einzulassen. So schwer kann es doch wohl nicht sein, ihn hinter mir zu lassen.

I'll be Home For Christmas (Adventskalender 2019❤️)Where stories live. Discover now