Unser erster Fall endet?

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Im Gegensatz zu Kono, die ruhig auf dem Bürostuhl sitzt, tigere ich durch den Iloiani Palace. Die Gouverneurin hat ihn der Taskforce als Hauptquartier zugeteilt und meine Freundin und ich haben uns gleich unser Büro ausgesucht. Überall stehen Kartons mit Schreibtischutensilien, Ordnern und Technik Kram. Am interessantesten ist aber der Smarttable, ein riesiges Tablet als Tisch, was mit an der Wand angebrachten Bildschirmen verbunden ist. Trotz all dem neuen Spielzeug kann ich mich nicht ablenken. Ich kann Chin nicht verlieren. Er und Kono sind die einzige Familie, die ich noch habe. „ Verdammt Kima! Setz dich hin! Du machst mich mit deiner Aufregung noch ganz verrückt!", nörgelt mich die Hawaiianerin neckisch an. Ich seufze und entgegne: „ Entschuldigung, aber es ist jetzt mehr als eine Stunde her, dass Chin Ho uns geschrieben hat, sie würden jetzt loslegen. Ich bin einfach nur extremst besorgt!" Nun wendet Kono ihren Blick von mir ab. Sie weiß, dass meine Sorgen berechtigt sind. „ Wie wärs? Ich bestelle für uns alle Pizza und bis dahin sind die Jungs sicherlich bei uns?", schlägt Kono vor. Nachdem sie es erwähnt hatte, bemerkte ich erst, wie mein Magen vor Hunger sich praktisch selbst zerreißt. Ich stimme ihr sofort zu: „ Ja, das ist eine brillante Idee. Übrigens, wie findest du eigentlich diese zwei schrägen Vögeln, Steve McGarrett und Danny Williams?" Laut lacht die Hawaiianerin los und ich tue es ihr gleich. Langsam lockert sich die Stimmung wieder. „ Nun ja. Steve ist ein typischer Soldat, ein Navy Seal. Er ist loyal, mutig und kämpferisch. Aber es würde mich nicht wundern, wenn er etwas übermütig ist. Schließlich wollte er alleine gegen Hesse ermitteln, was total verrückt war. Und Danny Williams, der zählt als Paradebeispiel für einen pessimistischen Howly. Doch er hat das Herz am rechten Fleck. Das ist alles was zählt", Kono referiert hier wie eine Psychologin, was mich wiederum zum Lachen bringt.
„ Was ist den so lustig?", Chin ist wieder da! Im Schlepptau hat er den Detective und den Seal. Schneller als der Blitz hänge ich dem Hawaiianer um den Hals. Ich hätte nicht noch eine Vaterfigur verlieren können. „ Da hat dich aber jemand vermisst! Seid ihr etwa verwandt oder so?", kommentiert der Howly. Kono klärt ihn auf: „ Kima Tah verdankt Chin ihr Leben. Seitdem ist er wie ein großer Bruder für sie." Danny scheint nicht wirklich schlauer aus der Information geworden zu sein. „ Hey! Wie wäre es, wenn jeder etwas über sich erzählt? So zum kennenlernen. Schließlich werden wir ja länger zusammen arbeiten", schlägt der Commander vor. „ Aber erstmal erzählt ihr uns, was mit Hesse passiert ist!", fordert Kono die Männer auf. Plötzlich wird Steve wieder ernst: „ Er ist tot." Darauf will ich mal lieber nicht weiter eingehen. Um die Stimmung wieder zu heben, fragt meine Freundin: „ Wer will was auf seine Pizza? Ich bestelle!" Schon wird die Atmosphäre lockerer. Während Danny, Chin und Kono darüber diskutieren, was eigentlich auf eine Pizza drauf gehört, werde ich schon wieder zur Seite genommen. Diesmal von Steve: „ Übrigens, tut mir leid, dass ich dich vorhin wegen deiner Narbe angesprochen habe. Ich hätte..." „ Alles gut! Ich kann damit umgehen", beruhige ich den Seal. Der schaut wie ein nasser Pudel. „ Was wollt ihr auf eure Pizza?", ruft Kono uns zu. Das einzige, was sie von mir zurück kriegt, ist ein herausfordernder Blick. Kono kennt mich mittlerweile viel zu lange, um zu vergessen, dass ich Peperoni- Pizza liebe. Der Commander und ich gehen zurück zum Team und jeder erzählt etwas aus seinem Leben. Danny ist geschieden, seine Ex ist mit ihrer gemeinsamen Tochter Grace nach Hawaii gezogen, wohin ihr der Detective aus New Jersey gefolgt ist. Kono erzählt von ihrer Surfkarriere und Chin Ho von seiner Zeit unter der Aufsicht von John McGarrett. Mittlerweile wurde die Pizza gebracht und von irgendwo her hat Chin ein paar kalte Biere organisiert. Ich trinke einen Schluck bevor ich frage: „ Was wollt ihr über mich wissen? Mir fällt nichts ein, was ich erzählen soll." Wie in der Schule meldet sich Danny, mit dem Mund noch halb voll: „ Wie wäre es mit der Geschichte von deiner Narbe? Jeder scheint sie zu kennen, außer mir.Die sieht wie eine Eintrittsstelle von einer Kugel aus." Dafür kassiert er gleich drei ermahnende Blicke, doch ich bin bereit, seine Frage zu beantworten: „ Als ich 12 war, hatte mein Vater bei den falschen Leuten Schulden, welche er probierte mit mir zu Zahlen." Ich nehme das breite, schwarze Lederarmband ab und offenbare das darunter liegende Tattoo. Eine Rose, gezeichnet im Hawaii-Style. Das Zeichen der Gang, in die mich mein Vater gab. „ Doch den Kerlen reichte das nicht. Sie entführten meine Mutter noch dazu und töteten sie als Warnung. Ich haute ab und bin bei meiner Flucht in das falsche Zimmer reingerannt. Der Typ hinter der Tür hatte etwas zitternden Finger. Ihm habe ich die Narbe zu verdanken", beende ich meinen Teil der Geschichte. Nun hängt ein beschämtes Schweigen über dem Team, bis Kono es nach mehreren Minuten unterbricht: „ Und du, Steve? Wie willst du Kimas Story topen?" Der Seal nimmt die Hände abwehrend hoch: „ Ihr kennt doch schon fast meine komplette Lebensgeschichte. Was wollt ihr mehr?" Die Anspannung löst sich und jeder lacht. Für mehrere Stunden erzählt, witzelt und fragt jeder, wie eine große Familie.
Um 20 Uhr verabschiede ich mich vom Team. Jeder bekommt eine Umarmung und Chin wünscht mir eine sichere Heimfahrt. „ Ich muss doch jetzt eh ein Taxi nehmen", rufe ich über die Schulter, als ich das Team hinter mir lasse. Nach einer Stunde bin ich endlich zuhause, schmeiße meine Schuhe in den Schrank und schaue auf mein Handy. Morgen kann ich mein Motorrad abholen. Müde schreibe ich Naleo ein Danke zurück, mache mich bettfertig und lege mich hin. Hoffentlich würde ich nach diesem Tag länger schlafen können. Um einzuschlafen gehe ich im Kopf nochmal die ganzen Ereignisse des Tages durch. Zuerst habe ich einen Unfall und mein Motorrad bekommt einen Platten. Dann rekrutiert Steve McGarrett, der Sohn des bekannten John McGarrett, Kono, Chin und mich für eine spezielle Taskforce. Wir nehmen einen Menschenschieber fest und jagen einen der größten Verbrecher der Welt. Wer hätte das gedacht? Ich freue mich so für Chin, der nun seine Chance, seine Unschuld zu beweisen, bekommt. Und für Kono. Die wird eine der besten Ermittler, die die Welt je gesehen hat. Bei mir selbst bin ich mir noch nicht so sicher. Natürlich ist das die große Chance für mich, doch alleine der Fakt, dass ich schon mal „tot" war, spricht dagegen. Aber was sollte ich sonst machen? Ein einfaches Leben führen? Mich darauf verlassen, dass andere meine Probleme lösen? Niemals! Ich werde alles dafür geben, mein bestes zu geben, um Hawaii sicherer zu machen. Das war schließlich schon immer mein Traum gewesen. Noch längere Zeit starre ich im dunkeln an die Decke. Ich habe halt echt keine Ahnung, was die Zukunft bringen wird. Vielleicht werde ich gleich bei dem nächsten Einsatz erschossen. Vielleicht werde ich auch so lange ein Cop sein, bis es nicht mehr geht. Endlich schließe ich die Augen und schlafe langsam ein.
Wieder beginnt der Albtraum von vorne. Wieder renne ich durch die Lagerhalle, gefolgt von jemandem, doch dieses Mal sehe ich sein Gesicht. Es ist Hesse. Er grinst mich wie ein Psychopath an, hält mich an der Schulter fest, richtet eine Waffe in meine Richtung und schießt. Ich warte darauf, dass ich langsam mein Blut fließen spüre, aber nichts passiert. Plötzlich höre ich eine nur allzu bekannte Stimme hinter mit. Ich drehe mich um und das letzte, was Chin kläglich probiert zu sagen, ist mein Name. Langsam färbt sich das Hemd des Hawaiianers im Bauchbereich rot und ich kann ihn gerade noch fangen, bevor mein Freund mit dem Kopf auf dem Boden aufkommt. Wie besessen umklammere ich Chin, übe Druck auf die Wunde aus und rufe nach Hilfe. Niemand kommt. Immer langsamer wird der Puls meines Freundes Chin Ho und als er schließlich komplett verstummt, sitze ich da, alleine und schweigend, innerlich zerreißt es mich gerade.
Mein Wecker klingelt und erlöst mich aus meinem Traum. Irgendwie kann ich nur noch an eine Sache denken. Ich bekomme einfach das Gefühl nicht los, dass Victor Hesse noch lebt und uns weiterhin das Leben schwer machen wird. Ich weiß gar nicht, dass ich recht behalten sollte...

My past is always behind me      #hawaii5O #fanfictionOù les histoires vivent. Découvrez maintenant