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Als wir dann um halb sechs am Esstisch saßen und uns das leckere Nudelpesto von Lottie aßen, war Amy auf einmal ganz still und guckte niemanden außer mich an. Ich lächelte dafür einfach die ganze Zeit und guckte sie wiederrum aufmunternd an. Wir aßen nicht besonders lange und als wir dann gegen sechs Uhr fertig waren ging ich mit Amy wieder in mein Zimmer.

Kurz bevor wir mein Zimmer erreicht hatte lief uns Grayson über den Weg. Ich schickte Amy schon mal vor und er sagte dann „Ich muss dieser Secrecy, glaub ich, heute einmal recht geben." Ich guckte ihn fragend an, da ich den Beitrag von heute noch nicht gelesen hatte. (Secrecy schrieb wieder Blogbeiträge, diese sind aber lange nicht so gemein wie früher und sie kommen auch NICHT von Florence, das habe ich sofort überprüft)

Darauf zog er sein Handy aus der Hosentasche und reichte es mir. Ich lass mir den Beitrag in wenigen Augenblicken durch, gab ihm sein Handy wieder in die Hand und fragte „Ist das wirklich so?" Grayson antwortete sofort „Ja, ich glaube inzwischen kennst du seine Familie bzw ihn sogar besser als ich oder irgendjemand seiner anderen...", er stockte und ich wusste was er sagen wollte, er meinte Henrys andere Freunde, aber auf Jasper ist beim Thema Geheimnisse nicht viel zu zutrauen und Arthur, ja ist eben Arthur. Ich lächelte deshalb schnell und sagte „Guckst du mal kurz nach Amy, ich möchte ihn einmal anrufen und fragen wann er kommt." Grayson nickte und gab mir sein Handy jetzt doch wieder in die Hand, worauf ich noch ein „Danke" raus brachte bevor er in meinem Zimmer verschwand. Ich suchte in Graysons Kontakten nach Henrys Nummer, es dauerte lange bis Henry endlich an sein Handy ging und daraus schloss ich, dass sein Vater noch da war.

Diese Vermutung wurde durch meine Begrüßung, die ich erhielt verstärkt. Ich bekam nämlich nur ein „Grayson es passt grade echt gar nicht." „Henry, ich wollte nur...", ich musste meinen Satz nicht mal beenden, denn Henry entschuldigte sich sofort „Liv, äh, was ist denn?" Ich lächelte und beendete meinen Satz „Ich wollte wissen wann du kommst." Ich hörte ihn seufzten und dann sagen „Ich weiß echt nicht wie lange das hier noch geht. Es tut mir echt leid, ich hätte nicht gedacht..." Den Rest verstand ich nicht da eine Frauenstimme im Hintergrund schrie „Seid du diese Biljana kennst sind dir deine Kinder doch immer egal gewesen und ich doch schon viel länger." Ich hörte Henry wieder seufzten und bevor er sich nochmal entschuldigen konnte sagte ich schnell „Ich leg Amy gegen sieben auf die Gäste Matratze, dann kann sie erst mal schlafen." Ich könnte schwören, dass Henry in diesem Augenblick lächelte und dann sagte er noch „Du bist die Beste, bis nachher." Ich merkte wie mir ein bisschen Blut in den Kopf schoss, aber bevor ich noch etwas sagen konnte hatte Henry schon wieder aufgelegt. Ich ging in mein Zimmer und sah wie Amy auf dem Boden saß und spielte. Sie sah so glücklich aus.

Grayson zog mich aus meinen rührenden Gedanken, indem er mir sein Handy aus der Hand nahm. Ich guckte ihn an und sofort fragte er mich „Wann kommt Henry?" Ich zuckte nur mit den Schultern, aber da ich immer noch lächelte, guckte Grayson ein bisschen verwirrt. Da es nicht wirklich nach einem Gespräch aussah setzte ich mich wieder an meinen Schreibtisch. Wie ich schon gedacht hatte war Amy um halb sieben so müde, dass ich ihr eine Gästematratze hinlegte und sie ziemlich schnell einschlief.

Ich ging noch nach unten, warum ich runter gegangen war wusste ich nicht, aber als ich die Stimme vom Bocker hörte drehte ich sofort um und ging wieder hoch. Ich wartete und wartete (ich war so müde), aber ich hatte mir vorgenommen auf Henry zu warten.

Also lag ich wach im Bett und wartete. Gegen zehn Uhr hörte ich Stimmen auf mein Zimmer zukommen, ich erkannte sofort das es Grayson und ... Henrys Stimmen waren. Ich lächelte in die Dunkelheit und rappelte mich auf. Ich hörte noch wie die beiden sich verabschiedeten und wie darauf meine Türklinke runter gedrückt wurde. Henry steckte seinen Kopf durch den Türspalt und lächelte mich an, ich stand auf und ging zu ihm, er hat grade die Tür hinter sich geschlossen, als ich bei ihm ankam. Jetzt strahlte er und nahm mich in den Arm. Ich schlang meine Arme um seine Hals und gab ihm einen Kuss, als wir uns voneinander lösten lächelte er immer noch und ich zog ihn in Richtung Bett. Als wir dann auf meinem Bett saßen, lächelte er schon nicht mehr ganz so breit und ich fragte „Ist alles okay bei dir?" Er versuchte zu lächeln, aber ich kannte ihn inzwischen zu gut, um ihm das abzukaufen und setzte einen misstrauischen Blick auf. Er verdrehte leicht die Augen und seufzte, dann setzte er hinzu „Mein Vater hat...", er hörte auf zu reden und ich legte ihm meine Hand auf die Schulter worauf er zusammenzuckte. „...er wollt meine Mutter schlagen", beendete er seinen Satz und ich guckte leicht entsetzt, ich wuste zwar das seine Eltern nicht grade auf dem grünsten Zweig saßen, aber dass so etwas passieren würde hätte ich nicht gedacht, um nicht in Gedanken unter zu gehen fragte ich schnell „Und dann?" „Nichts und dann, er hat sie nicht getroffen, weil... weil ich dazwischen gegangen bin", sagte er und zog sein T-Shirt an der Schulter runter, wo ich meine Hand grade drauf legen wollte. Ich sah einen nicht grade kleine, schon leicht blauen Fleck und auf einmal hatte ich einen riesen Kloss im Hals stecken. Er lächelte und sagte „Ist nicht so schlimm wie es aussieht", er beugte sich zu mir und gab mir einen Kuss. Ich hasste es, wenn er so tat, als wäre alles nicht so schlimm. Also rang ich mir ein Lächeln ab und versuchte nicht mitleidig zu guckten, weil ich wusste das er Mitleid über alles hasste.
Aber aus seinem Blick schlussfolgerte ich, dass er mir mein Lächeln nicht abkaufte und eh ich mich versah beugte er sich vor und gab mir einen zweiten Kuss. Jetzt konnte ich wieder richtig lächeln und Henry nahm mich in den Arm, ich guckte auf meinen Fußboden, wo Amy auf der Matratze schlummerte. Ich wusste, dass er meinem Blick gefolgt war, als er mich drückte und mir ein „Danke", ins Ohr raunte.
Ich befürchtete das ich jetzt doch noch ein bisschen rot wurde und sagte deshalb „Sie war ganz brav, wenn man ihr beim spielen zuguckt vergeht die Zeit echt schnell." Henry guckte mich an und antwortete „Kann ich nicht sagen, ich verbringe nicht so viel Zeit mit ihr. Meine Eltern halten mich ganz schön auf trapp." Eine kleine Welle von Mitleid kam schon wieder über mich und bevor er etwas merkte fragte ich schnell „ Ist denn bei eurem Treffen etwas Sinnvolles raus gekommen?" Er fixierte seinen Blick und antwortete dann „Ja, meine Mutter geht ab nächster Woche erst mal in eine Tagesklinik in Oxford, für drei Wochen. Ich hoffe sie fährt da auch wirklich jeden Tag hin." „Was ist mit Amy und Milo?", fragte ich. „In der ersten Woche sind die beiden bei mir und in den anderen zwei Wochen bei meinem Vater, ich hoffe nur das Milo sich keinen Ärger mit Biljana ein brockt, da wird mein guter alter Herr immer sehr Parteiisch und nicht zu Gunsten meiner Geschwister", antwortete er darauf und ich sah das er schmunzelte. Ich lehnte mich an ihn, da ich sehr müde war. Als er sich dann in mein Kissen fallen ließ, zuckte ich zusammen, weil ich schlicht nicht damit gerechnet hatte. Er guckte mich an und in diesem Moment sah ich ihm an, dass er auch sehr müde war.

Um kurz vor elf lagen wir im Bett und ich war froh, dass ich ihn davon ab halten konnte, noch nach Hause zu gehen (diesmal musste ich ihn überreden und nicht er mich). Ich fühlte mich in seinen Armen so geborgen, wie damals bevor wir das erste mal den Traum von Muriels Schwester betreten haben. Ich lag einfach so gerne in seinen Armen und in seinen Armen einschlafen zu dürfen ist einfach ein wundervolles Gefühl.

Silber - Das Vierte Buch der Träume Where stories live. Discover now