Siebzehn

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*Flashback*
Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe, während ich Pan durch das dichte Gestrüpp folgte. Nach allem was Bae mir erzählt hatte, und vorallem wie er es erzählt hatte, traute ich ihm keinen Meter über den Weg. Das Schwert hatte ich noch immer fest im Griff und umklammerte es noch stärker, als er anfing zu reden. "Ich weiß, dass Baelfire warscheinlich nicht in all zu hohen Tönen von mir gesprochen hat", sagte er und bog links ab. So etwas wie Erschütterung oder Bedauern war nicht aus seiner Stimme zu höhren. Ich sagte nichts dazu. "Ich möchte dir zeigen, dass das was er sagt, nicht ganz der Wahrheit entspricht." "Hast du all diese Kinder entführt?", fragte ich gerade heraus. Er blieb stehen und drehte sich zu mir um, blickte mich an. "Habe ich dich entführt?" Ich öffnete meinen Mund um etwas darauf zu antworten, doch mir fiel auf das ich keine Antwort wusste. Hatte er mich entführt? Als ich den Mund wieder schloss ging er weiter. In der Ferne hörte ich das Rufen der Jungs immer lauter werden, als würden sie jemanden anfeuern. Pan bedeutete mir leise zu sein und trat zur Seite, wodurch eine Handvoll Jungs auf einer Lichtung zum Vorscheiben kamen. Neben dieser Lichtung war ein breiter Fluss, welcher sich mit einer starken Strömung einen Weg durch den Wald bahnte. Sie standen am Rand des Flusses, zwei Jungs auf der anderen Seite als die anderen und feuerten gerade einen schmächtigen rothaarigen an, welcher einige Schritte Abstand nahm um soetwas wie Anlauf zu nehmen. "Der will doch nicht darüber springen? Der Fluss ist viel zu breit und die Strömung viel zu stark", rief ich aus, mein Blick auf den rothaarigen geheftet. Pan schmunzelte nur. "Es gibt ein gutes Abenteuer ohne ein wenig Risiko." Als hätte der rothaarige Junge das gehört, fing er an zu sprinten und sprang mit einem riesen Satz über das reißende Wasser und kam grade so noch auf dem trockenen auf. Mit schwingenden Armen gewann er sein Gleichgewicht wieder und alle fingen lauthals an zu jubeln, die zwei Jungs die schon auf der anderen Seite waren, klopften ihm auf die Schulter. Mein Herz blieb stehen, doch eine Welle von Adrenalin strömte durch meinen Körper als seine Füße den Boden berührten, sodass ich breit grinsen musste. Pan sah zu mir. "Genau dieses Gefühl, darum geht es." Er deutete auf einen Jungen der am Rand saß, er war jünger als die anderen und stocherte mit einem Stock in der Erde herum, unbeteiligt an den Ereignissen am Fluss. Er war mir am Anfang gar nicht aufgefallen. "Siehst du seinen Ausdruck in den Augen?", flüsterte Pan. Ich schluckte und beugte mich etwas nach vorne, weil es mir so vorkam dass ich dadurch besser sehen konnte, doch eigentlich brauchte ich das nicht. Tief in den Augen des Jungen sah man das er gebrochen war, das er die schlimmen Seiten dieser Welt kennengelernt hatte. Tiefe Spuren der Einsamkeit zogen sich durch sie und alles in allem wirkte er... verloren. Ich schluckte schwer. Dieses Gefühl war mir nur allzu bekannt. Ich wollte gerade zu ihm gehen, als die anderen Jungs ihn zu sich riefen mit breiten Lächeln auf den Gesichtern. Der kleine hob seinen Kopf und sein Ausdruck erhellte sich. Er ließ den Stock fallen und sprang auf um zu den anderen zu eilen und wurde von ihnen warmherzig begrüßt und ermutigt auch den Sprung zu wagen. Ein warmes Gefühl machte sich in mir breit und Pan bedeutete mir wieder, ihm zu folgen. Er brachte mich zu einer Art Felsvorsprung, auf dem ich die halbe Insel überblicken konnte. Pan setzte sich und ließ die Beine in die tiefe baumeln. Ich setzte mich zu ihm und der warme Wind strich über mein Gesicht. "All diese Jungs sind freiwillig zu mir gekommen", fing er an. "Sie alle waren verloren, haben sich ungeliebt und einsam gefühlt. Ich habe sie hier her gebracht damit sie Spaß haben können, Abenteuer erleben und eine Gemeinschaft bilden in der sie dazu gehören. Neverland ist ein Ort an dem die Fantasie regiert. Hier ist alles möglich." Ich schluckte schwer. Das war eine ganz andere Seite von Pan. In diesem Moment hatte ich keine Angst und ich spürte auch keine Verachtung, weil ich ihn verstand. Das hier war alles was ich mir jemals gewünscht hatte. Hatte Bae unrecht? War Pan eigentlich gar nicht so böse wie er es beschrieben hatte? "Was ist zwischen dir und Bae passiert?", fragte ich ihn und warf einen Stein in die Tiefe. "Ich habe ihm geholfen die Wahrheit über seinen Vater heraus zu finden. Er gibt mir die Schuld für die Entscheidung seines Vaters", etwas wie Belustigung schwang in seiner Stimme mit, doch ich beschloss es zu ignorieren. Nach einigen Momenten Stille stand er auf und ich tat es ihm nach. "Ich denke du möchtest wieder zurück zu Baelfire." Ich nickte. Egal wie Bae über diesen Ort denkt, er war derjenige bei dem ich mich am geborgensten fühlte. Pan führte mich zu einem Pfad und erklärte mir den Weg, ging dann jedoch in eine andere Richtung als ich und ließ mich mit meinen Gedanken allein. Seine Worte hingen in meinem Kopf, wie eine Fliege in einem Spinnennetz.

Sie eroberte NeverlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt