20 - Home Party

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Ich trug meinen Lieblingslederjupe und ein weisses T-Shirt dazu. Nora hatte mich schon damit aufgezogen, dass heute kein «Black and White» Dresscode war, aber ich fühlte mich wohl in der Kleidung.

Nebeneinander betraten wir Timos Haus. Es war kurz nach elf und die Party kam gerade in Gang. Es waren schon einige Leute da und man hörte laute Musik. Hoffentlich beklagten sich die Nachbarn nicht.

Timo kam uns entgegen und kam nicht umhin, einen leisen Pfiff auszustossen. Doch da er das bei jeder Frau machte, nahm ich es nicht sonderlich persönlich.

«Hey Girls», grüßte er fröhlich. Er hatte bestimmt auch schon getrunken. «Fühlt euch wie zu Hause. Es gibt im Wohnzimmer, in der Küche und im Esszimmer zu trinken.»

Kurz zeigte er uns die Räume, doch dann musste er schon die nächsten Gäste begrüssen.

Nora und ich schauten uns an. Was mich anging, war meine letzte Party schon eine Weile her und Noras Blick sagte dasselbe. Daher hatte ich es in der Tat eine gute Idee gefunden, wieder mal einen typischen Home Party Abend zu verbringen.

Zusammen gingen wir uns einen Drink machen, das war als Start immer eine gute Lösung. Auf dem Weg durch die Räume in die Küche – wo es bestimmt die grösste Auswahl gab – grüßten wir noch ein paar Leute aus unserer Klasse oder derselben Stufe. Ich sah, dass sie im Wohnzimmer ein Trinkspiel machten, wahrscheinlich Truth or Dare oder Never have I ever. Beides erschien mir in meinem jetzigen Zustand nicht das intelligenteste Spiel. Never have I ever felt something for a girl.
Ich mischte Gin und Tonic in einem seltsamen Verhältnis und Nora bereitete sich Rum Cola zu. Gleichzeitig sprachen wir die beiden Typen an, die sich ebenfalls in der Küche aufhielten. Ich hatte keine grösseren Intentionen dabei, doch Nora schien, als ob sie die beiden nicht gerade hässlich fand. Dennoch gesellten wir uns später zu den grösseren Gruppen.

Mit dem zweiten Drink gingen wir also ins Wohnzimmer und setzten uns zu ein paar Jugendlichen aufs Sofa.

«Hey, spielt ihr mit?» Ein dunkelhaariges Mädchen drehte sich um und lächelte uns zu.

Wow, ist die hübsch, dachte ich als erstes. Nicht zu vergleichen mit Louisa, aber sie hatte dieselben dunklen Haare, die mir gefielen.

«Jessie?» Nora schaute mich intensiv an. «Du machst auch mit, oder?»

«Ähm... ja, klar», stotterte ich. Hatte sie die Frage schon einmal gestellt? Verlegen rutschte ich näher an die Gruppe und das Spiel ging weiter.

«Wahrheit oder Pflicht?», fragte ein Junge und schaute Nora an.

Scheisse. Warum nur hatte ich nicht zuerst gefragt, was sie spielten? Oder hatten sie das sogar gesagt, als ich das Mädchen angeschaut hatte? Jetzt konnte ich da nicht mehr raus und konnte nur hoffen, dass keine blöden Fragen kamen. Frustriert nahm ich einen großen Schluck Gin Tonic. Was Louisa wohl wählen würde? War sie eher das Bad Girl, dass sich traute, aus dem Fenster zu schreien? Oder gab sie ihre Gedanken preis? Ich hatte eher das Gefühl, dass sie zu der Pflicht-Variante tendieren würde. So energiegeladen und offen, wie sie war, würde sie selbst den seltsamsten Tanz sexy hinbekommen. Ein Bild von Louisa, wie sie tanzte, flackerte in mir auf. Ihre Haare wehten ihr ins Gesicht und den Mund hatte sie leicht geöffnet. Wahrscheinlich sang sie auch mit dem Lied mit. Andererseits hatte Louisa auch weniger Hemmungen, ihre Emotionen zu zeigen, als ich es hatte. Daher würde sie vielleicht ebenso Wahrheit nehmen und einfach drauf losplappern. Meine Hand zuckte, in dem Versuch, mein Handy hervorzuholen. Doch im letzten Moment hielt ich mich davor ab. Die Versuchung, Louisa «Wahrheit oder Pflicht?» zu schreiben, war zu groß. Aber ich hatte Nora versprochen, dass ich weder Louisa noch Nate kontaktieren würde dieses Wochenende – jedenfalls nicht von meiner Initiative heraus. Hatte mir Nate vielleicht eine SMS geschrieben?

«Jessie!», rief jemand meinen Namen. Bestimmt nicht zum ersten Mal.

Ich schreckte zusammen. Mein Sitznachbar, ein blonder, großer, Junge, sah mich leicht belustigt an. «Du bist dran. Wahrheit oder Pflicht?»

Etwas überfordert erwiderte ich: «Pflicht...» Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie sie die Runde gemacht hatten. Ebenso wenig hatte ich gehört, was Nora getan oder gesagt hatte. Schande über mich.

«Okay...» Der Junge grinste mich an und überlegte – bestimmt eine besonders fiese Aufgabe, zur Strafe für meinen Mangel an Aufmerksamkeit. Schnell trank ich noch einen Schluck. Der Junge sah zwar gut aus, aber je länger ich ihn anschaute, desto weniger attraktiv wurde er. Zuerst fand ich seine Wangenknochen noch attraktiv, aber irgendwie doch nicht wirklich. Objektiv gesehen konnte ich ihn nicht hässlich nennen, aber gleichzeitig fand ich ihn auch nicht besonders anziehend.

Na hoffentlich nicht, du hast einen Freund!, schalt ich mich selbst. Wieso aber schaute ich dann immer wieder zu dem Mädchen auf der anderen Seite des Raumes? Ich musste wirklich eine Lösung finden, denn so wurde ich verrückt.

«Du musst ein Kleidungsstück ausziehen.»

Ich starrte den Typen entsetzt an. «Was? Dein Ernst?»

Er nickte. «Kann auch ein Schuh sein, wenn du unbedingt willst.»

Ich schaute an mir herunter. Was davon konnte ich entbehren, ohne halb nackt herumzulaufen? Kurz überlegte ich, tatsächlich den Schuh zu nehmen und mich vor allen zu blamieren. Aber dann entschloss ich mich anders. Ich zog die Schuhe aus, ignorierte den Blick des Blonden und zog dann meine Strümpfe runter. Etwas mühselig zog ich meine Damenstrümpfe aus, ohne dass ich dabei Sicht zwischen meine Beine freigab. Ehrlich gesagt war ich stolz auf diese Leistung. Lächelnd schaute ich den Typen an, während ich wieder in die Schuhe schlüpfte. «Gut so?»

Er lachte. «Na, das sah kompliziert aus.»

Ich zuckte mit den Schultern und fragte dann in die Runde: «Wer ist als nächstes dran?»

Diese Runde gab ich mir Mühe, besser zuzuhören. In der Tat war es noch lustig, was gewisse Leute preisgaben oder machen mussten. Irgendwann landeten wir bei Jenny, einem Mädchen aus meiner Sportklasse. Der Junge neben ihr, der schon reichlich betrunken wirkte, überlegte eine Weile. Irgendwie ahnte ich schon, dass das nicht gut kam.

«Küss jemanden, dessen Namen denselben Anfangsbuchstabe hat wie deiner.»


*** 

;D Was denkt ihr, wie sich der Abend weiterentwickelt? 

Mögt ihr Home Parties? Ich finde sie meistens lustig und preiswerter als ein Club.

Mittlerweile ist die Geschichte schon ziemlich fortgeschritten und irgendwie finde ich es fast schade, dass wir bereits so weit sind, .... xD  

Love is not a choice (Roman)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt