Musste mir das Schicksal denn unbedingt dieses Aufeinandertreffen antun?

Ich meine, ich hatte die beiden seit Jahren schon nicht mehr richtig gesehen, mal hatte ich sie flüchtig im Fernsehen oder in der Stadt gesehen, doch konnte ich getrost darauf verzichten mich mit ihnen irgendwie in Verbindung zu setzen.

Ich hatte einen letzten Versuch der Versöhnung immerhin mit der Hochzeitseinladung gestartet, doch spätestens als die beiden dort nicht auftauchten, hatte ich es aufgegeben.

Ich brauchte sie nicht in meinem Leben, ich brauchte sie nicht als Familie, ich brauchte sie nicht, um glücklich zu sein.

Gerade als ich schon so überfordert war und nach meinem Handy greifen wollte, um Vincent anzurufen, öffnete sich die Tür wieder und die zwei Frauen, die mich nicht nur einmal denken lassen haben, dass Selbstmord der einzig richtige Ausweg aus diesem Leid war, befanden sich wieder im Raum.

,,Wir müssen jetzt etwas warten, bis die Bilder ausgewertet sind. Halten sie die Schmerzen aus oder soll ich ihnen was dagegen geben?'' fragend sah ich meine Cousine an, die wie erwartet nickte.

,,Und hör auf mich zu siezen, Aayana. Wir sind immerhin zusammen aufgewachsen''

Und das waren mit die schlimmsten Jahre meines Lebens.

Lindas neugierigen Blick ignorierte ich während ich Lucy eine Dosis des Schmerzmittels verabreichte. 

,,Bevor wir uns jetzt daran machen, dem Grund deiner Ohnmacht auf die Spur zu gehen, würde ich gerne noch abklären, ob du noch weitere Schmerzen hast?'' Lucy erwiderte darauf nur, dass ihr Kopf ihr weh täte.

,,Ist sie beim Sturz auf den Kopf gefallen?'' wendete ich mich schließlich an meine Mutter, die nur auf schnaubte.

,,Woher soll ich das denn wissen?''

Vielleicht, weil du ihre Tante und dazu noch ihre Managerin bist.

Augen rollend untersuchte ich Lucy und konnte am Ende eine Gehirnerschütterung diagnostizieren.

,,Hast du dich die Stunden vor der Show schon komisch gefühlt? Also hattest du irgendwelche Schwindelvorfälle?'' wechselte ich anschließend das Thema, während ich mich daran machte, ihre Lungen abzuhören und ihren Puls und Blutdruck zu messen.

,,Ich bin immer nervös vor Auftritten, weswegen ich dachte, dass der Schwindel daher kommt'' verstehend nickte ich, war aber dann ziemlich erstaunt über ihren niedrigen Blutdruck und vor allem Zuckerwert.

,,Wann hast du das letzte Mal was gegessen?'' eindringlich sah ich meine Cousine an, denn auch, wenn sie vielleicht Model war, war sie mir doch etwas zu dünn.

,,Ich esse nie was vor den Shows und auch so lebe ich unter einer strikten Diät'' an ihrem leichten Stottern merkte ich, dass es Lucy doch irgendwie unangenehm war, mir das zu erzählen, vor allem da nicht nur ich den bissigen Blick meiner Mutter bemerkte.

Zwang sie sie jetzt etwa auch dazu, sich zu Tode zu hungern?

,,Ich kann verstehen, dass du unter einem enormen Druck lebst, Lucy, aber als Ärztin kann ich dir nur ans Herz legen, dass du und dein Körper genauso Nahrung brauchen wie jeder andere. Du bist untergewichtig und von deinem Blutdruck und Zuckerwerten will ich erst gar nicht anfangen. Kein Wunder, dass du ohnmächtig wurdest'' Lucy sah auf ihre stark zitternden Hände und ließ mich tief ein und ausatmen ehe ich kurz nach meinem Rucksack griff und ihr dann einen der vielen Schokoriegel hinhielt, die ich wegen Kindernotfällen, aber auch wegen meiner eigenen Kinder immer mit mir herum trug.

,,Iss ihn. Du wirst danach merken, dass es dir schon besser geht'' tatsächlich fing ich leicht an zu lächeln als Lucy ohne zu zögern den Riegel in die Hand nahm und ihn aß.

Bonuskapitel-BuchOn viuen les histories. Descobreix ara