Hin- und hergerissen

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Einen Drink... Tony brauchte jetzt dringend einen Drink. Es war ihm egal, dass es noch Vormittag war – er musste jetzt unbedingt etwas starkes, brennendes in seiner Kehle fühlen, oder er würde durchdrehen. Mit der letzten Beherrschung, die er noch aufbringen konnte, schaffte er es, Jarvis ein paar Anweisungen Loki betreffend zu geben, und rauschte dann davon. Nicht, ohne ihm noch zu sagen, dass er bald zurückkommen werde, um zu sehen, wie er sich so machte als neue Putzfrau...

Der Spott klang ihm jedoch hohl und falsch in den Ohren, und während er eine Flasche besten Whiskys öffnete und das erste Glas in einem Zug austrank, hallten immer noch Lokis Schreie in seinem Inneren nach...

Zum Glück war Pepper auf einem Kongress und würde erst in fünf Wochen zurückkommen. Die hätte das nämlich keine zwei Minuten ausgehalten – oder besser gesagt: es gar nicht erst zugelassen.

Jetzt, wo er allein war, zitterte Tony am ganzen Körper. Was hatte er da eben gemacht? Das war er doch nicht... das wollte er nicht sein! Aber andererseits: hätte er nachgegeben, wäre er jetzt verraten und verkauft.

Er raufte sich die Haare und verfluchte Odin und seine dämlichen Ideen... Aber trotzdem konnte er nicht verhindern, dass ein Teil von ihm die Situation genoss – was ihn Odin gleich noch mehr verfluchen liess. Und ganz egal, was er persönlich von Loki halten mochte: so etwas tat ein Vater doch einfach nicht mit seinem Sohn! Auch nicht mit seinem Adoptivsohn.

Jarvis Stimme riss Tony aus seinen Gedanken. «Er rührt sich noch nicht, Sir. Ich habe ihm wie sie mir aufgetragen hatten erklärt, was sie von ihm verlangen, aber er sagt, er brauche noch ein paar Minuten, bis er aufstehen könne.»

«Ach ja?» Schlagartig ebbten Tonys unterschwellige Schuldgefühle wieder ab. Hatte der Bastard immer noch nicht begriffen? Versuchte er weiterhin, ihm zu trotzen?

Klar, natürlich: er, Tony Stark, war ja schliesslich nur ein kleiner, unbedeutender Sterblicher. Wie hatte Loki die Menschen einst so schön genannt? Ameisen! Und vor solch unbedeutenden Kreaturen kuschte ein Halbgott wie Loki aus Asgard natürlich nicht!

Wut löste alle anderen Empfindungen ab, die in Tony getobt hatten, und er schwang sich aus seinem Sessel hoch. «Danke, Jarvis. Ich kümmere mich selbst darum.» sagte er und ging zurück zu Loki. Wenn er es drauf anlegen wollte, bitte. Er würde dem Schuft jetzt ein für alle Mal zeigen, wer hier das Sagen hatte...

Als er bei ihm ankam, machte er sich daher gar nicht erst die Mühe, um den heissen Brei herum zu reden. Er hielt den Stab wieder in der Hand und zischte: «Wenn du jetzt nicht augenblicklich spurst, fangen wir nochmal von vorne an.»

Loki, immer noch am Boden, hob den Kopf. Als Tony sein Gesicht sah, stutzte er: es war immer noch schmerzverzerrt, und auf der Stirn zeichneten sich kleine Schweisstropfen ab. «Stark, b... bitte... Ich werde ja... tun was... sie wollen. I... ich brauche nur... noch einen Moment, um..... wieder auf die... Beine zu kommen.»

Tony musterte ihn scharf. Er war offensichtlich dabei, sich an einem der Beistelltische im Raum hochzuziehen. Das linke Bein vorgestreckt, das andere noch auf den Knien, versuchte er sich aufzurichten. Stark war irritiert. «Ich habe doch aufgehört. Also lass das Theater und tu nicht so, als ob du immer noch Schmerzen hättest.»

Über Lokis Gesicht huschte ganz flüchtig ein ironisches Lächeln. «Natürlich habe... ich immer noch... Schmerzen.» gab er leise zurück. Seine Stimme kratzte. «Das... wird auch noch... ein Weilchen so bleiben. Oder... dachten sie, die werden.... auch einfach so... abgestellt...?»

Seine Stimme klang genauso schmerzverzerrt wie sein Gesicht aussah, und Tony gewann den Eindruck, dass er kaum die Kraft zum Sprechen gehabt hatte. Ohne dass er es wollte, fuhr ihm der Schreck durch die Glieder. Er hatte angenommen, dass für Loki die Sache ausgestanden wäre, wenn er aufhörte, ihn mit dem Stab zu quälen. Konnte es sein, dass dem nicht so war? Wenn das stimmte, dann war die Macht, die er über ihn hatte, ja noch weitaus erschreckender...

Loki: Versklavt!Where stories live. Discover now