Kapitel 5

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Madeleine sah den wegfahrenden Aston Martin hinter her und seufzte. Schließlich konnte sie, als das Auto immer kleiner wurde, den Blick abwenden und hinein gehen.

Was wenn es diesmal anders sein würde? Was wenn beide nicht mehr zurück kommen würden?

Plötzlich nagten wieder diese Zweifel an Madeleine. Sie biss sich auf die Unterlippe, um die Tränen, welche aufkamen, zu unterdrücken.

Sie wischte sich mit dem Handrücken über die tränengefüllten Augen. Ein leises Schluchzen entwich ihr und sie setzte sich auf die Couch.

Wenn James wieder lebend zurückkam müsste sie unbedingt mit ihm sprechen. So konnte das definitiv nicht weiter gehen.

Madeleine atmete tief ein und aus, um sich wieder zu beruhigen und drehte Gedankenverloren ihren Verlobungsring am Finger. Unbedingt wollte sie ihn noch heiraten und wenn es denn möglich wäre, auch noch ein eigenes Kind mit ihm bekommen.

Sie hatte noch nie mit ihm über ihren unerfüllten Kinderwunsch gesprochen, da sie immer davon ausgegangen war, dass Kinder kein Thema bei James war. Aber nun bereute Madeleine diese Entscheidung zutiefst.

Währenddessen blickte Loona aus dem Fenster und dachte darüber nach, was wohl passieren würde in Russland. Sie wollte nicht, dass es wieder so eskalierte wie in ihrer ersten Mission.

Sie war sich noch nicht mal sicher, ob sie so etwas nochmal lebend überstehen würde, danach. Aber zum Glück wusste sie, ihre Mutter und ihr Vater waren tot.

Also würde es wohl kein zweites Familiendrama bei einer Mission geben.

Zum Glück...

"Wo genau fahren wir eigentlich hin, Dad?", fragte Loona und blickte zu dem blondhaarigen Mann hinter dem Steuer, welcher immer mehr eine Vaterfigur in ihrem Leben eingenommen hatte.

Sie hatte sich schon so daran gewöhnt ihn Dad zu nennen, dass es ihr mittlerweile überhaupt nicht mehr auffiel.

Doch James musste jedes Mal von neuem anfangen zu grinsen, wenn er hörte wie sie ihn Dad nannte, genauso wie auch in diesem Moment.

"Also, ich parke am Flughafen, wir fliegen nach Russland und dort steht ein Wagen für uns. Mit dem Fahren wir erstmal in ein Hotel. Wir müssen uns so normal wie möglich verhalten und dürfen kein Aufsehen erregen. Blofeld könnte schon ahnen, dass wir auf dem Weg sind."

Loona blickte wieder aus dem Fenster und murmelte ein 'Ist gut'.

wieder schweiften ihre Gedanken zu dem braunhaarigen Quatiermeister im MI6 ab. War er wirklich auch in sie verliebt? In das schüchterne kleine Mädchen, dass von einem Agenten adoptiert wurde? Sie konnte sich das irgendwie nicht so ganz vorstellen. Aber sie schenkte 007 Glauben, weil er Menschen gut lesen konnte.

Die Landschaft flog nur so an ihnen vorbei und die Beiden schenkten dieser auch nur wenig Beachtung. Nur James sah ab und zu in den Rückspiegel, um mögliche Verfolger ausschließen zu können.

Loona rutschte tiefer in den Sitz hinein und machte es sich so bequem wie möglich, denn sie würden noch eine Weile fahren. Denn sie würden nicht von London aus Fliegen. M war dies zu aufällig gewesen und so mussten sie nach Cornwell fahren. Eine lange und mühselige Fahrt.

Doch James fuhr immer so schnell wie möglich und durch die dunkelsten Ecken der Gegend, um möglichst schnell vorahn zu kommen und auf den Hauptstraßen nicht gesehen zu werden. Blofeld hatte nämlich seine Augen überall, auch in England. Es wäre einfach zu riskant gewesen.

Langsam brach die Nacht über Groß Britannien herein und Loona gähnte herzhaft. Sie hatte zwar immer wieder zwischendurch geschlafen, aber so richtig erholsam war es nicht gewesen.

Sie richtete sich auf und streckte sich etwas und sah zu James. "Sollen wir nicht mal uns irgendwohin stellen, wo du dich mal zwei Stunden oder mehr ausruhen kannst? Du kannst nicht die ganze Zeit durchfahren, dass wäre zu riskant. Ich vertraue zwar darauf, dass du ein sehr guter Fahrer bist, aber..."

"Loona, ich schaff das schon. Ich bin schon tagelang ohne Schlaf ausgekommen!", unterbrach James ihre Ansprache sofort und blickte etwas gereizt zu ihr herüber. Der Schlafmangel machte sich langsam aber sicher bei ihm bemerkbar.

"Soll ich nicht lieber mal etwas fahren? M hat mir erlaubt, dass ich fahren....", fing sie nochmal von vorne an und wurde nur wieder unterbrochen.

"Ja in wacher, und ich betone in wacher, Begleitung! Ich kann dann auch nicht schlafen", zischte er und fuhr nur weiter.

Loona seufzte, sie hasste es immer wieder, dass er so gereizt war, wenn er nicht so viel Schlaf abbekam. Aber was sollte sie nur machen, wenn er sich nicht helfen lassen wollte? Sie fing an nervös an ihrer Unterlippe zu knabbern. Eine Sache, welche sie immer tat, wenn sie angestrengt nachdachte und unbedingt schnell zu einer Lösung kommen wollte.

Sie konnte James nicht länger in diesem Zustand fahren lassen. Auch wenn er es schon öfters machen musste, aber langsam machte sich sein heranwachsendes Alter auch bei ihm bemerkbar und das nagte erheblich an seinem Ego.

Er wollte nicht älter werden. Es bedeutete für ihn, dass er zunehmend schlechter in seinem Beruf werden würde und sich langsam aber sicher nach was anderem umsehen musste, womit er seine Brötchen verdienen konnte.

Zwar hatte er schon von M angeboten bekommen, in letzter Zeit öfters als sonst, dass er doch weiter im MI6 arbeiten könnte, nur nicht im Außeneinsatz. Sein Angebot war es im Archiev zu arbeiten.

Doch was sollte 007 nur im Archiev? Er war nicht dazu gemacht nur in einem Stuhl zu sitzen, Akten zu sortieren, während die Anderen alle auf Außeneinsaz durch die ganze Welt geschickt wurden. Nein! Er wollte dann doch lieber die ganze Drecksarbeit selbst machen, da hatte er wenigstens was zu tun.

"Komm schon, fahr ran und lass mich hinters Steuer, Dad. Du musst dich nicht dafür schämen, dass du auch deinen Schlaf brauchst und deine Konzentration so langsam nachlässt", versuchte Loona es zu zweiten Mal mit sanften, aber bestimmten, Worten.

James biss die Zähne aufeinander, damit er sie nicht noch einmal so scharf anfuhr. Doch andererseits hatte sie schon recht. Er brauchte etwas Schlaf. Vielleicht sollte er doch versuchen für zwei oder drei Stunden zu schlafen.

Schließlich gab James dann doch klein bei, nach langem Überlegen, und fuhr an den Straßenrand. "Na gut, du fährst. Aber schau immer in den Rückspiegel, ob uns auch ja keiner verfolgt und bleib auf den nicht so befahrenen Straßen!"

Loona nickte, stieg aus dem Aston Martin und tauschte den Platz mit James.

Endlich durfte sie wieder mal hinter dem Steuer sitzen. Denn es war noch gar nicht so lange her, als sie im MI6 Fahrstunden mit James hatte und dann auch erfolgreich ihren Führerschein gemacht hat.

Es war zwar ungewöhnlich mit 16 schon einen Führerschein zu haben, aber nicht jeder war auch die Tochter von 007.

Sie ließ sich in den bequemen Sitz sinken, schnallte sich an und fuhr los. Glückshormone strahlten durch ihren Körper und ein breites Grinsen legte sich auf ihre Lippen. Schon seitdem sie James kennengelernt hatte, wollte sie unbedingt mal hinter dem Steuer seines Aston Martins sitzen. Doch er hatte schnell klar gemacht damals, dass niemand außer ihm, sein Auto je fahren wird.

Damit lag er jetzt nicht mehr so ganz richtig und genau dies machte die Situation zu einer Besonderen.

Das Mädchen~ 007Where stories live. Discover now