Ich mustere mich im Spiegel, der ebenfalls im Wohnzimmer hängt und meine Mundwinkel bewegen sich in Richtung Boden.

„Was ist denn auf einmal los?“, fragt er, als er das bemerkt.

„So-so werde ich nicht nach draußen gehen. Ich sehe schrecklich aus“, murmele ich.

„Du hast Recht, vielleicht sollte ich dich einfach hier lassen. Ein beliebter Basketballspieler wie ich darf sich ja nicht mit einer wie dir sehen lassen. Gut, dass du mich daran erinnerst, auf mein Image zu achten.“ Er grinst mal wieder. „Und jetzt komm, wir müssen los oder wir verpassen den Bus.“

Nachdem ich Onkel George noch gesagt habe, dass ich mit Kyle unterwegs bin, verlassen wir das Haus und machen uns allem Anschein nach auf den Weg zur Bushaltestelle.

„Was hast du vor?“, frage ich nochmal neugierig.

„Hab Geduld, kleines Schneewittchen. Du wirst es schon noch früh genug sehen.“

Irgendwie macht er mir gerade Angst. Wenn diese Aussage nicht nach einem Mörder oder Vergewaltiger klingt, dann weiß ich auch nicht. Ich schalte diesen Teil meines Gehirns ab, da er immer derjenige ist, der sich am meisten Gedanken darüber macht, was alles schief gehen könnte und viel zu oft kann dieser Teil nicht seinen Mund halten.

Dann steigen wir in den Bus ein, auf dem Linie 17 steht und setzen uns in eine der mittleren Reihen. Im gesamten Bus sind nur in etwa 10 Leute – inklusive uns selbst und dem Busfahrer. Kyle kramt aus seiner Jackentasche seine Kopfhörer und sein Handy heraus, woraus ich schließe, dass unsere Fahrt wohl noch etwas dauern wird. Er gibt mir den einen Kopfhörer und irgendein Song, den ich nicht kenne, dringt in mein Ohr.

Geschätzte 25 Minuten danach schaltet Kyle die Musik aus und er packt sein Handy wieder weg.

„Wir sind so gut wie da!“ Ein riesiges Lächeln zieht sich von der einen Seite zur anderen über sein Gesicht.

Er steht auf, ich mache das selbe und als der Bus dann endlich zum Stehen kommt, steige ich erleichtert aus. Eigentlich hasse ich Busfahrten. Ich fühle mich dabei immer ein wenig eingeengt, verloren inmitten von anderen Menschen – selbst, wenn wir nur 10 Passagiere sind – und unkonzentriert.

„Nur noch ein paar Meter zu Fuß und wir sind am Ziel.“ Voller Enthusiasmus nimmt Kyle meine Hand und zieht mich mit zu einem Schotterweg, der bergauf führt.

Widerwillig lasse ich mich von ihm führen und ich merke bereits, dass der Wind hier ein wenig stärker wird. Das Wetter ist allgemein schon ziemlich kalt und bewölkt, aber dennoch zu warm für Schnee. Obwohl nächste Woche schon der neue Monat – Dezember – beginnt.

Kyle holt mich mit einem lang gezogenen „Tadaaaaaaaaa“ in die Realität zurück.

Erst jetzt begreife ich auch, dass er nicht mehr vorwärts geht, sondern stehen geblieben ist. Ich lasse meinen Blick über die Umgebung schweifen und kann ein leises „Wow“ nicht unterdrücken.

Wir stehen auf einer dunkelgrünen Grasfläche, die sich bis zu einem ziemlich niedrigen und alt wirkenden Holzgeländer nach vorne hin erstreckt. Etwas weiter links von uns steht ein schlichter Spielplatz – bestehend aus einer Schaukel, einer kleinen Rutsche und einer Parkbank, die direkt daneben steht. Hinter dem Holzgeländer ist nichts. Naja, nicht wirklich nichts nichts, aber es wirkt fast so. Das weiß-blau-graue Meer zieht sich von hier in die Ferne, bis es irgendwann auf den Horizont trifft, der fast die gleiche Farbe hat wie der Ozean, und die beiden verschwimmen mit einander wie Wassermalfarben. Es scheint so, als würden Wasser und Himmel erst am Ende der Unendlichkeit mit einander verschmelzen.

Davon hat Onkel George wohl die ganze Zeit geredet – die Küste, das Meer, die Schönheit. Aber ich habe mir darunter nichts vorstellen können, bevor ich es jetzt mit meinen eigenen Augen sehe. Atemberaubend.

SternträumerinNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ