ONE

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-London-

Gekonnt balancierte ich die gestapelten, leeren Tassen auf dem runden Tablett an den vielen kleinen Tischen des Cafés vorbei und stellte sie mit einem zufriedenen Grinsen auf der Theke ab.

Wenn ich daran dachte, dass ich vor wenigen Wochen noch mit zwei Taschen vollkommen überfordert war, so war dies ein meilenweiter Unterschied.

Morris lächelte mir verschmitzt zu als er seine Schürze abnahm und sie im Schrank unter der Kasse verstaute.

„Du machst dich wirklich gut, Shae.“ Ein kleines Kompliment das mir den Tag versüßte und mich freudig stimmte, als mir mein Chef die Schlüssel überreichte.

„Ich weiß gar nicht wie ich dir danken soll. Dieser Termin ist sehr wichtig und tja...“ er kratzte sich verlegen an der Stirn „. ich habe ich vollkommen vergessen.“ Fügte er leise hinzu

„Kein Thema, Morris. Die eine Stunde bis Ellis kommt, werde ich den Laden schon nicht in den Ruin treiben.“

„Ich nehme dich beim Wort.“ Gab Morris zurück, griff nach seinem Parka und verließ mit einem letzten Gruß in meine Richtung, hastig das Café.

Ich sah im kopfschüttelnd hinterher und widmete mich dann wieder der Bestellung, die ich bis zum Abend noch fertig zu stellen hatte.

Die wenige Kundschaft die heute hier eintrudelte, schien für eine halbe Ewigkeit zu bleiben, denn

das Wetter das London eingenommen hatte, lud auch zu nichts anderem ein als stundenlang an einem mollig warmen Platz zu verweilen.

Als dieses Mal die Tür aufging, war ich überzeugt Ellis zu sehen, jedoch war die große, eindeutig männliche Person, die das Café förmlich stürmte, auf gar keinem Fall meine Kollegin.

Unbeirrt und ohne nach einem freien Platz zu suchen steuerte er auf den Tresen zu und beugte sich so tief darüber, dass unsere Gesichter nur wenige Zentimeter trennten.

„Einen Kaffee.“ Verlangte die tiefe, raue Stimme die zu dem Unbekannten gehörte und er verzog den Mund zu einem knappen Lächeln.

Ich blinzelte, überrumpelt von der plötzlichen Nähe des Mannes und machte instinktiv einen Schritt zurück, was sein Lächeln merklich anschwellen ließ.

„Was für einen?“ hauchte ich die Frage und schallt mich im selben Moment für mein untypisches Verhalten.

„Bitte?“ der Mann schien meine Frage nicht zu verstehen und seufzte.

Shae Grady würde es doch wohl schaffen einem Mann mit unverschämten Manieren oder einer schlechten Erziehung, einen Kaffee zu verkaufen.

War ich nicht diejenige gewesen, die ausgerechnet hatte, das Laufkundschaft sich nicht länger als durchschnittlich drei Minuten im Café aufhielt.

Zu meiner Verteidigung musste ich gestehen, dass an diesem verhängnisvollen Abend, nichts mehr für mich zu tun war und ich meine Neugierde befriedigen wollte.

Wer sonst rechnete denn schon so einen Mist aus..?

Als ich den Mann diesmal ansah, war ich wieder ganz die professionelle Services Kraft.

„Ich fragte welchen Kaffee sie denn haben möchten. Wir haben Cappuccino, Espresso...“

„Filter. Schwarz. Ohne Zucker.“ Kam es wie aus der Kanone geschossen und ich nickte geschäftig während ich nach der dampfenden Kaffeekanne griff und den Filterkaffee in einen der braunen Pappbecher goss. Routiniert drückte ich den Plastikdeckel darauf und stellte den Becher auf den Tresen.

„Möchten sie sonst noch was?“

„Nein.“ Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war ich mir sicher das bei diesem Mann meine Überredungskünste in Hinsicht auf unsere Backwaren nicht fruchten würden.

Ich beließ also dabei, tippte den Preis in die Kasse ein und legte ihm den Beleg neben seine Bestellung.

„Das macht 2,40 Pfund.“ Er nickte knapp und warf achtlos einen zehn Pfund schein auf das dunkle Holz „Stimmt so.“

Ohne ein weiteres Wort machte der Fremde kehrt und verließ das Café.

„Schönen Tag noc..“ rief ich hinterher, brach jedoch in dem Moment als die Tür mit einem lauten Klirren ins Schloss fiel, sodass ich erschrocken zusammen zuckte.

Unverschämter Zeitgenosse schimpfte ich insgeheim und nahm den Schein um ihn in die Kasse einzusortieren und das Trinkgeld abzuzählen.

„Bei dem würde mir kein ‚Beehren sie uns bald wieder‘ über die Lippen kommen.“ Murmelte ich vor mich hin und zuckte abermals zusammen als sich eine Hand auf meine Schulter legte.

Ellis grinste mir entgegen, als ich mich mit schreckensgeweiteten Augen umwandte.

„Verdammt, hast du mich erschreckt.“ Keuchte ich und hielt meine Hand gegen meine Brust.

Ich konnte meinen rasenden Herzschlag spüren, ebenso wie meine zitternden Knie.

„Tschuldigung.“ Nuschelte Ellis, mit einem Haargummi zwischen den Lippen, während sie ihre Haare hochnahm „War sicher nicht meine Absicht.“

Ich schüttelte den Kopf, konnte mir ein leichtes Grinsen jedoch nicht verkneifen.

„Ich lass dich dann mal mit der Arbeit allein. Bestellung ist gemacht. Kunden sind und waren zufrieden und ich bin hundemüde.“

„Mach dich vom Acker, Shae.“ Ellis schob mich hinterm Tresen hervor und hielt mir meinen Mantel hin „Ich seh dich Montag wieder.“

In my veinsNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ