TWENTY

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Immer noch folgte mir das hohe Fieber von dem zweiten in den dritten Tag meines grippalen Kampfes. Ich hatte weder Lust zu essen, noch meinen Körper aus dem Bett zu hieven.

Es machte doch sowieso keinen Unterschied, denn die einzigen Personen mit denen ich sprechen konnte waren ein zutiefst loyaler Braden und und eine auf das gutgläubige Effi, nach deren Ermessen Rhion die Unschuld und Lieblichkeit in Person war. Einzig und allein Bailey schien sich immer mehr Sorgen um meinen gesundheitlichen Zustand zu machen. Fast täglich besuchte er mich und schollt meine nicht vorhandenen Essgewohnheiten.

"Du musst essen Shae! Dein Körper braucht Energie."

"Nein." war meine knappe Antwort und ich drehte mich mit viel Mühe auf die andere Seite.

"Aber es ist bedenklich sich so herab zu hungern."

"Es ist auch bedenklich gekidnappt zu werden, aber dagegen sind sie ja auch nicht vorgegangen."

"Meine Gründe dafür beruhen sicherlich nicht darauf dir in irgendeiner Weise zu schaden."

"Und trotzdem tun sie es. Sie schaden mir. Genauso wie das Monster, das mir weismachen will das es mich liebt. Aber wissen sie was?! Einem Irren kann man so etwas gar nicht glauben."

"Also hat er dir gesagt warum er all das hier tut?"

"Ja natürlich. Gleich nachdem wir gemeinsam ein Schaumbad genommen haben und uns danach lachend durchs Haus gejagt haben." schnaubte ich verächtlich und ertappte mich bei dem Gedanken, das eine Beziehung wie diese genau das war was ich wollte. Was ich immer noch wollte.

"Rhion ist ein schwieriger Charakter."

"Na, das nenn ich aber mal dezent untertrieben, finden sie nicht? Mein Bruder James, der seit Jahren durch Krisengebiete reist und sein Leben jede Minute riskiert um andere zu retten, ist ein schwieriger Charakter. Bei Rhion dagegen habe ich bis jetzt als einzige Charakterzüge Arroganz, Gewalttätigkeit und Wahnsinn erkannt."

Bailey seufzte ergeben, als er endlich verstand das diese Diskussion nur von ihm verloren werden konnte. Mir stand schon seit Tagen nicht mehr der Sinn nach nutzlosen Debatten, wenn sie doch nichts brachten. Dieser, anscheinend intelligente, Mann mit Doktortitel versuchte mir mit aller Gewalt einzubläuen das ich Rhion nur noch nicht richtig kannte. Das konnte zwar stimmen und hätte ich ihn unter anderen Umständen kennengelernt, wäre ich wahrscheinlich offener ihm gegenüber gewesen, aber unter den gegeben Umständen hatte ich nicht einmal einen Funkten Ansporn mein Monster noch menschlicher für mich zu machen und ihn dafür kennen zu lernen.


Das nächtliche Skypedate mit meinem "Ehemann" stand an.

Rhion hatte sowohl mich als auch Braden dazu verdonnert ihm auf diese Weise zu versichern das ich noch lebte.

Heute sah er besonders mitgenommen aus. Sein attraktives Gesicht sah fahl und eingefallen aus, als hätte er seit Tagen nicht richtig geschlafen. Die Frage nach dem Grund brannte mir auf der Zunge doch ich verbiss sie mir.

"Shae." jedes Mal wenn er meinen Namen so nachdrücklich betonte, wollte ich am liebsten unter Decke verschwinden. Seine tiefe Stimme schüchterte mich immer noch viel zu sehr ein.

"Rhion." flüsterte ich und er schloss für einen kurzen Moment die Augen, als würde es genießen von mir namentlich erwähnt zu werden.

"Du siehst nicht gut aus." begann er dann erneut seinen Vortrag über Gesundheit und Wohlbefinden.

"Du auch nicht." ich zuckte zusammen als ich bemerkte das ich diesen Kommentar laut ausgesprochen hatte. Gott sei Dank war er immer noch in Thailand oder wo auch immer er war.

Doch zu meinen noch größeren Entsetzen schenkte er mir ein kleines müde Lächeln "Ich weiß. Ich vermisse dich. Mein Schlaf ist grauenhaft! Wenn ich zurückkomme ziehst du in meine Zimmer, das steht fest."

Ich fühlte mein Herz für einige Sekunden aussetzen, als ich seine Worte verdaute.

Seine Zimmer? Hieß das... würde er... er würde doch nicht verlangen... ich mit ihm in einem... Bett?!?

Ich räusperte mich und versuchte krampfhaft das Thema zu ändern. Ein "Supi, ich kanns kaum erwarten." brachte ich ganz sicher nicht über meine Lippen. Es wäre außerdem gelogen und ich würde danach wohl die Nacht über den Klo verbringen.

"Äh, wie ist Thailand?" meine Stimme ging am Ende meines Satzes hoch, weil ich mir immer noch nicht sicher war ob er nicht schon irgendwo anders residierte.

"Schwül und unangenehm warm. Aber es ja nur noch vier Tage. Irgendwie freue ich mich auf den Regen in England."

"Ja, Regen ist toll." murmelte ich ei wenig abgelenkt von der Tatsache das er sich streckte und dabei sämtliche vorhandene Muskeln spielen ließ.

Verflucht seit ihr Hormone. Verflucht sei sein perfekter Körper.

"Bailey meinte du ist nicht genug und scheinst ein wenig... resigniert."

Schöne Wortwahl, für die Tatsache das ich lustlos und leicht depressiv war.

"Alles bestens bei mir. Ich brauche eben wenig Essen und viel Schlaf um wieder gesund zu werden."

Er kniff die Augen zusammen weil er mir sicher nicht glaubte, ließ aber meine Aussage so stehen.

"Wir werden ans Meer fahren wenn ich zurück bin. Es wird dir gut tun."

Meer? Sofort war alles in mir putzmunter. Das Meer war vielleicht eine Chance um ihm endlich zu entkommen. Es war verdammt schwer für mich so zu tun als würden mich seine Worte überhaupt nicht beeindrucken, doch irgendwie schaffte ich es.

"Wenn du meinst."murmelte ich und gähnte dann herzhaft.

"Ja, das meine ich. Geh schlafen Shae, ich sehe dich morgen wieder. Und iss verdammt nochmal, ich kann deine Rippen durch den Bildschirm erkennen!"

der letzte Rest seiner Ansage war geknurrt und ich nickte nur, mit zugeschnürter Kehle.

"Erhol dich und schlaf gut." fügte er noch hinzu und weil mein Kopf hohl vor Angst war nickte ich nur und erwiderte ein atemloses "Du auch." dann brach die Verbindung ab und ich ließ mich keuchend in die angenehm kühlen Leinenkissen fallen.

In my veinsWhere stories live. Discover now