Kapitel 52

748 66 3
                                    

[Harry]
,,Wir sind zusammen", beende ich schließlich und greife nach Lous Hand, der sofort seine Finger mit meinen verschränkt. Kurz schaue ich auf unsere Hände. Als ich endlich den Mut zusammen bringe, aufzuschauen, steht meine Mama mit Tränen in den Augen vor mir. Oh nein. ,,Mama?", frage ich unsicher. ,,Alles gut, Harry. Ich bin nur gerade sehr stolz auf dich. Du, ich freue mich für euch." Sie breitet ihre Arme aus. Erleichtert schließe ich sie in eine Umarmung. ,,Danke Mama," flüstere ich ihr ins Ohr, bevor ich mich wieder von ihr löse und Lou wieder meine Hand ergreift, wobei mich meine Mama und Ember stolz und zufrieden anlächeln, was auch mich grinsen lässt. ,,Das ist doch alles ein schlechter Scherz oder?!", schreit mein Papa plötzlich empört. Sofort erstarrt mein Lächeln und ich wende meinen Blick ihm zu. ,,Und du findest das auch noch gut?!", keift er nun Mama an. ,,Es sind nun einmal seine Gefühle! Freu dich doch für deinen Sohn, wenn er glücklich ist!", verteidigt sie mich aber er schnaubt nur abfällig. ,,Das Show-Business ist nichts für dich Junge! Es macht dich verrückt! Du bist doch nicht schwul! Du-", verzweifelt lacht er auf. Ich spüre, wie Louis seinen Daumen über meinen Handrücken kreisen lässt und erst jetzt bemerke ich, dass meine Hand sich total verkrampft. Sofort lockere ich meinen Griff. ,,Ich war schon immer schwul, Papa! Das ist nichts, was in der Zeit, in der ich auf Tour war, einfach so nebenbei passiert ist, das sind meine Gefühle!", entgegne ich mit belegter Stimme. ,,Nein! Das kann nicht sein! So haben wir dich nicht erzogen! - " ein weiterer Stich in mein Herz. ,,- Was hat du aus meinem Sohn gemacht?!", wendet er sich jetzt an Louis, sein Gesicht verzerrt vor Wut und Verzweiflung. Noch bevor Lou oder ich darauf antworten können, fährt er fort. ,,Willst du etwas Neues ausprobieren, ist es das? Junge, das ist es nicht wert! - " Seine nächsten Sätze bekomme ich nur noch in Trance mit, während ich meine Hand von Lous löse, aufstehe und geradewegs auf die Haustür zugehe. Ich muss hier raus! 

Ich sitze allein im Gras mittem im nichts, irgendwo außerhalb von L.A. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen, aber so ganz sicher kann man sich ja als "Berühmtheit" nie sein. Ich habe unserem Chauffeur gesagt , dass er  mich "einfach weg" bringen soll und er hat seinen Job mit bravour erledigt. Meine Gedanken kreisen um die Worte, die Papa gesagt hat. Dieser Ausdruck in seinem Gesicht ... Verachtung. Verachtung für mich, dass ich so fühle wie ich fühle, für Louis, dass er diese Gefühle erwidert und vielleicht auch ein bisschen für Mama, dass sie mich versteht. Bei dem Gedanken daran, dass wenigstens  sie sich für mich freut, bildet sich ein kleines Lächeln auf meinen Lippen. "Das ist doch ein schlechter Scherz?!" schieben sich Papas Worte wieder in mein Gedächtnis. Erschöpft verdecke ich mein Gesicht in meinen Händen und stütze sie auf meinen Knien ab. Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. Allein die Berührung reicht um Louis zu erkennen. Langsam schaue ich auf. ,,Hey," sagt er sanft und setzt sich neben mich. ,,Louis ich-." Ich komme nicht mehr dazu, mich zu entschuldigen, weil Lou seinen Finger auf meinen Mund legt und mich gleich darauf in eine Umarmung zieht. Ich vergrabe meinen Kopf in seiner Halsbeuge und atme seinen Duft ein, der mich sofort beruhigt. Nach einer Weile löse ich mich von seiner Umarmung. ,,Das ist ein Desaster," meine ich traurig. ,,Nein, ist es nicht. Deine Mama und Ember freuen sich für uns," wirft Lou ein und sieht mir dabei tief in die Augen. ,,Und mein Dad-" ,,Wird sich auch noch einkriegen." ,,Und wenn nicht? Wenn er mich für immer hassen wird?", frage ich verzweifelt und stehe ruckartig auf. Louis erhebt sich ebenfalls und ergreift nach meiner Hand. ,,Dein Papa liebt dich Harry. Er braucht nur ein bisschen Zeit, um das zu verarbeiten." Ich sehe ihn unsicher an. Lou scheint sich ziemlich sicher zu sein. Hoffentlich hat er damit auch recht.

,,Louis?", frage ich nach einer Weile, während wir ohne ein bestimmtes Ziel Hand in Hand durch die übrige Natue von L.A. schlendern. ,,Ja?" ,,Das vorhin in der Limousine tut mir leid. Ich wollte nicht ... " ,,Mit mir Schluss machen?", hilft mir Louis auf die Sprünge und beginnt zu lachen. ,,Ja." Louis seufzt erleichtert. ,,Schon okay, du warst in einem Ausnahmezustand. Die Sache mit Paul und dann das bevorstehende Outing." ,,Ich habe die Nerven verloren und es an dir ausgelassen, indem ich dich von mir weggestoßen habe." Ich bleibe stehen und drehe Louis um und ziehe in an den Hüften zu mir. ,,Das Letzte was ich will, ist, dich zu verlieren, Lou," sage ich eindringlich. ,,Keine Sorge, so schnell wirst du mich nicht mehr los," erwidert Louis grinsend, stellt sich auf die Zehenspitzen und zieht mich gleichzeitig mit der Hand in meinem Nacken zu ihm, für einen Kuss, hinunter. Unsere Lippen treffen aufeinander und ich seufze auf. Auch Louis lächelt zufrieden in den Kuss und zieht mich noch näher. Im Moment ist es mir egal, ob uns jemand sieht und was mein Papa von uns hält. Wir beenden den Kuss, bleiben aber eng aneinander stehen und schauen uns an. ,,Lass uns nach Hause gehen," flüstert Louis nach einer Weile und auch wenn ich nicht weiß, was mich dort erwarten wird, nicke ich.

Zögernd öffne ich die Tür zur Villa. Louis und ich betreten gemeinsam das Wohnzimmer, wo alle drei stehen und Mama und Ember gerade dabei sind auf Papa einzureden. Als sie uns entdecken verstummen sie. Ich muss gar nicht erst fragen worum es geht, wenn ich Papas zerknirschte Miene sehe. Noch bevor mich mein Mut verlässt oder mein Papa einmal zu sprechen beginnt und mich nicht mehr zu Wort kommen lässt, gehe ich zielstrebig auf in zu. ,, Ich habe mein Leben lang, aus Angst vor deiner Reaktion, meine Gefühle versteckt und damit eigentlich nur jedem geschadet." Ich sehe Ember entschuldigend an. ,,Louis hat mir geholfen, endlich zu dem zu stehen, was ich fühle. Ich weiß es gefällt dir nicht und du kannst oder willst es auch nicht verstehen aber Louis ist mir unglaublich wichtig. Ich kann mir nichts schöneres vorstellen als mit ihm zusammen zu sein. Natürlich wäre es schöner, wenn auch du das eines Tages akzeptieren könntest, aber auch wenn nicht, wird das nie etwas an meinen Gefühlen ändern." Ich hole einmal tief Luft, weil ich in meinem Redefluss, ganz auf das Atmen vergessen habe. Dann schaue ich meinem Papa in die Augen. Er erwidert meinen Blick und wir tragen einen lautlosen Kampf aus. Plötzlich wendet er den Blick ab und wendet sich Louis, der sich neben mich gestellt hat zu. Nervosität breitet sich in mir aus. Ich mache mich auf eine ähnliche Rede wie vorhin gefasst aber Papa hebt die Hand und streckt sie Louis hin. Verwirrt sehe ich zwischen Papas Hand und Louis hin und her und auch Lou scheint kurz unsicher, ergreift seine Hand aber schließlich. ,,Auf einen Neuanfang," sagt er und sieht dabei zuerst Lou an, dann mich. Louis beginnt zu grinsen und schüttelt seine Hand. Ich werfe meiner Mum und Ember einen dankbaren Blick zu, denn ich weiß genau, wem ich es zu verdanken habe, dass Papa sich dazu bereit erklärt, Lou kennen zu lernen und ihm, um uns eine Chance zu geben. Und zwar nicht als meinen Kollegen, sondern als meinen festen Freund.

Tour De L'amourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt