2.

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Am Abend vor besagten Fotoshooting, googeln mein bester Freund Chase und ich Fotos von ihm.
Chase studiert ebenfalls Fotografie, unsere gemeinsame beste Freundin Jenny studiert an dem Fashion Institute of Technology Kunst und Design. Sie liegt auf dem Teppich vor meinem Bett, auf dem Chase und ich sitzen.
„Ich versteh nicht warum du dir so nen Kopf machst, Kat. Sonst fotografierst du doch auch jeden ohne jeglichen Skrupel."
Stöhnend drehe ich meinen Kopf zu ihr. „Das ist was anderes Jenny. Wirklich. Er ist richtig prominent. Das muss perfekt werden."
Chase lehnt sich gegen die Wand. „Also wenn du mich fragst, ist der schon von selbst so perfekt, dass du gar nichts machen muss."
Mit der einen Hand fährt er sich durch die blonden Haare - zumindest versucht er es. Bei dem ganzen Gel ist das nämlich ziemlich schwierig. Chase macht keinen Hehl daraus, dass er homosexuell ist. Wobei ich von alleine irgendwie nie darauf gekommen wäre.
Aber jedes Mal wenn ich daran zurückdenke, wie er sich geoutet hat, erinnere ich mich daran, dass ich nicht mal sonderlich überrascht war.
Wir lachen über seinen Kommentar und ich scrolle weiter durch die Fotos, um mir jeden Winkel, aus dem er jemals fotografiert worden ist, anzusehen. Es gibt kaum einen Winkel, der schlecht aussieht, obwohl ich doch auf Perspektiven stoße, die ich für meinen Shoot nicht haben möchte. Schon allein wegen meiner Kulisse.
Ich muss daran denken, wie Shawn mich angesehen hat, aus diesen warmen Augen heraus und wie er mir die Hand geschüttelt hat. Irgendwie hätte ich nicht gedacht, dass er wirklich so sympathisch ist. Aber vielleicht ist das auch nur eine Facette. Es klopft an meiner Zimmertür. „Herein."
Spencer öffnet sie mit einem breiten Grinsen. „Hey, hey."
Jenny richtet sich ruckartig vom Teppich auf und Chase und ich werfen uns einen vielsagenden Blick zu. Wir vermuten schon seit die beiden sich kennen, dass Jenny eine Schwäche für meinen Halbbruder hat und ich könnte schwören, dass es Spence seit ihrem zwanzigsten Geburtstag ähnlich geht. Er hat nur leider keine Eier in der Hose. Oder es liegt einfach daran, dass sie meine beste Freundin ist. „Was gibts?", frage ich.
„Deine Mom will wissen, ob du mitkommst um Dad vom Flughafen abzuholen?"
Oh, ganz vergessen. Ich sehe meine beiden Freunde an. „Das wars dann wohl mit Recherchen. Sag Mom, dass ich mitkomme.", sage ich an meinen Halbbruder gewandt. Ich entwirre meine Beine aus dem Schneidersitz und stehe vom Bett auf, den Blick auf Spencer gerichtet.
Er nickt, wirft einen letzten Blick auf Jenny und schließt die Tür. Aufgeregt zupft sie an ihrem T-Shirt. „Mein BH kam ja raus.", bemerkt sie. Unschuldig sieht sie uns an, so, als hätte ihre ruckartige Bewegung nichts mit Spencer zu tun. „Na ja, dem ein oder anderen wird es wohl gefallen haben.", kommentiert Chase und schiebt sich vom Bett. Er packt seine Sachen zusammen. „Es ist übrigens unhöflich, Leute einfach so rauszuschmeißen."
Mit einem blauen Kissen werfe ich nach Chase, verfehle ihn aber. „Ha. Ha. Ich schmeiße euch nicht raus, ich hole nur meinen Vater vom Flughafen ab."
Chase kommt zu mir rüber und drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Weiß ich doch. Und jetzt los, Jenny. Vielleicht erhaschst du noch einen Blick auf..."
Mein bester Freund hört auf zu sprechen als er meinen Blick bemerkt. Wir sind uns zwar ziemlich sicher, dass Jenny auf Spencer steht, haben sie aber noch nie darauf angesprochen.
Fragend sieht sie ihn an. Chase schultert seinen Rucksack. „auf Ella erhaschen.", beendet er. „Sie zickt bestimmt wieder wegen ihrer Hausaufgaben rum."
Ich verdrehe die Augen, murmele „Idiot" und gehe dann zu Jenny, die plötzlich gar nicht mehr so selbstbewusst wirkt. „Du weißt ja, dass du mit mir reden kannst, oder?"
Ich drücke sie fest, dann verlassen die beiden mein Zimmer. Ich gehe ihnen hinterher und tatsächlich: Ella diskutiert mit meiner Mom.
„Aber ich will zu Dad. Du darfst mir nicht verbieten mitzukommen."
Mit einem sehr genervten Blick, der mich an mich selber erinnert, wandern Moms Augen zu mir. „So warst du nicht, Katie. So warst du nicht."
Das bringt das Fass zum Überlaufen. Dabei ist Ella nicht mal in der Pubertät. Zumindest glaube ich das.
Meine zwei Freunde verabschieden sich lautstark lachend, während meine Schwester es auf Streit anlegt. Irgendwann klatscht Spencer in die Hände. „Ich fahre. Entweder wir holen Dad jetzt, oder gar nicht."

Mein Dad ist Chirurg, deswegen war er jetzt zwei Monate lang in Los Angeles auf Fortbildung. Ich habe ihn schrecklich vermisst und als er uns entgegen kommt, kann ich deutlich sehen, dass es Mom genau so geht. Sie hat Ella durchaus im Griff, aber wenn Dad da ist, hat sie eine unterstützende Hand. Spencer und ich halten uns meistens aus den Diskussionen raus.
Mom schließt ihn in die Arme und küsst ihn und wieder einmal fällt mir auf, wie verliebt die beiden noch sind. Ich hatte mit meinen neunzehn Jahren noch keinen Freund und auch wenn es nicht wirklich schlimm ist, manchmal habe ich das Gefühl, dass irgendwas fehlt. Ella macht Würgegeräusche, aber als Mom unseren Dad endlich frei gibt, fällt sie ihm um den Hals. „Na, kleine Maus."
Spencer lächelt Dad an, die beiden umarmen sich und klopfen sich auf den Rücken.
Erst als er zu mir kommt, fällt mir auf, wie sehr ich ihn wirklich vermisst habe. „Hi, Dad.", sage ich, schließe ihn fest in meine Arme und lächele. „Hey, große."
Während wir hier so am Flughafen stehen, bricht plötzlich leichter Trubel am Flughafen aus und ein paar Mädchen kreischen. Meine Familie und ich sehen uns um und ich erkenne einen braunen Lockenkopf. Shawn Mendes.
Er winkt strahlend, lässt Fotos mit sich machen und kommt uns immer näher. Irgendwann fällt sein Blick auf mich. Meine Schwester ruft aufgeregt seinen Namen, aber er steht da, in einer Horde von Mädchen und sieht mich an. Eine gefühlte Ewigkeit lang, starre ich förmlich zurück. Dann bildet sich ein Lächeln auf seinem Gesicht, er winkt mir. Er winkt nicht den Fans, er winkt mir zu.
Ich begrüße ihn völlig stumm und als er sich nach weiteren zehn Jahren schließlich von mir abwendet, merke ich, dass mein Herz unfassbar schnell schlägt. Mein Vater mustert mich. „Ich wusste nicht, dass du Fan bist."
„Was?", stammele ich, sehe Shawns Rücken hinterher und verstehe gar nicht, was mir mein Herz mit dieser Reaktion sagen möchte.
Vielleicht liegt es einfach an den Umständen. Shawn Mendes hat mich inmitten zahlreicher Menschen erkannt. Mich. Ein Mädchen, dass er erst einmal gesehen hat.

Shawn Mendes: We keep this love in a photographWhere stories live. Discover now