Kapitel 16

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'Soll ich ihn die Augen auskratzen oder ihn einfach vor allen Leuten eine Szene machen. Szene machen würde allerdings zu viel Aufmerksamkeit erregen. Am besten einfach still und heimlich die Augen auskratzen.' Während ich mit mir selbst ausmachte, wie ich William am besten klar machen sollte, was ich von seiner Lügerei hielt, packte er mich einfach am Handgelenk und zog mich richtung Ausgang. Ich blieb stehen, machte mich etwas schwerer und zog in die entgegengesetzte Richtung, so dass mein Ehemann mich kaum von der Stelle bekam. „Was soll das werden?“, fragte er verwirrt, doch ich schenkte ihn nur einen kalten Blick. „Dafür ist jetzt wirklich keine Zeit. Wir müssen weg von hier. Komplett weg. Ich habe etwas Geld angespart, so daß wir einfach gehen können, wohin auch immer du willst.“ Dieser verlogene kleine Bastard, wie gerne ich ihn in diesem Moment die Fresse poliert hätte. „Angespart oder gestohlen?“, hakte ich nach, obwohl ich die Antwort schon kannte. William seufzte tief. „Gib ihnen das Geld zurück“, knurrte ich dann schließlich, nur um ungläubige Blicke von meinen Gegenüber zu ernten. „Ich werde nicht gehen, bevor du ihnen nicht das verdammte Geld zurück gibst, hast du mich verstanden?!“ Ich bin wohl etwas lauter geworden, weil die Menschen um uns herum uns plötzlich komisch ansahen. „Du verstehst das nicht. Ich habe dieses Geld für uns gestohlen, damit wir endlich ein perfektes Leben führen können. Ich hätte doch nicht ahnen können, dass Claude so weit gehen würde“, konterte William, sprach dabei aber deutlich leiser als ich zuvor. Ich öffnete den Mund um was darauf zu erwidern, und die Antwort wäre bestimmt nicht freundlich geworden, als uns jemand unterbrach. „Gibt es hier ein Problem?“, fragte die Person. William sah zur Seite, fast schon so als ob er Angst hätte ekannt zu werden. „Nein, alles okay. Der Herr wollte sowieso gerade gehen“, antwortete ich, woraufhin William mich entsetzt ansah. Was hatte er erwartet? Dass ich ihn in die Arme falle und mich freue wie sonst was? Bei der nächsten Gelegenheit würde ich die Scheidung einreichen lassen! William verschwand schnell und wortlos in der Menschenmenge, aber das war wahrscheinlich nicht das letzte Mal, dass ich ihn heute sehen würde. Mein "Retter" kicherte amüsiert und reichte mir die Hand. „Vincent Phantomhive“, stellte er sich vor und sah mich dann durchdringend an. „Ich habe Sie noch nie zuvor gesehen. Dürfte ich Ihren Namen erfahren?“ Ich antwortete nicht sofort, sondern starrte den Mann vor mir an. Vincent Phantomhive. Der Name der unter jeder Arbeit und jeden Zeugnis steht, das ich von Ciel bei der Unterschriftskontrolle vorgelegt bekomme, der Mann der bei jeden Elternsprechtag vor mir sitzt und einen Recht seriösen Eindruck macht. Dieser Mann soll genauso wie sein Sohn kriminell sein? Ich fange an meinen Glauben an die Menschheit zu verlieren. „Hallo? Fühlen sie sich nicht gut?“, fragte er und wedelte mit einer Hand vor meinen Gesicht herum. „Sebastian Michaelis“, antwortete ich einfach nur knapp und ging dabei gar nicht auf seine Frage nach meinen Wohlergehen ein. Vincents Augen weiteten sich, anscheinend erkannte er mich jetzt auch. Eine unangenehme Stille brach ein, die aber schnell durchbrochen wurde.

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