18.Kapitel - karaoke

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"Wieso verschicken wir die Briefe nicht einfach am Computer als E-Mails? Wäre doch viel praktischer?" "Genau, und außerdem muss man dann kein Porto zahlen, das sowieso richtig unnötig ist!" Fassungslos blickte ich zwischen Nick und Niall hin und her. Wer hier die blöderen Aussagen von sich gab war für mich kaum noch festzustellen. Harry spürte wohl, wie ich mich langsam aber sicher verspannte und regelrecht auf meinem Stuhl verkrampfte, denn ich konnte seine Hand für ganz kurze Zeit auf meinem Oberschenkel spüren. Als ich jedoch von dort zu ihm aufsah, schien es, als sei nichts gewesen.

"Leute", sprach ich deshalb wieder meine Freunde und gleichzeitig auch alle an, die sich freiwillig für die Weihnachtspostaktion gemeldet hatten, "gerade um die Besonderheit von eigens aufgeschriebenen Worten soll es ja gerade gehen. Die Person, die den Brief zugestellt bekommt, soll sehen können, dass sich um sie bemüht wurde, dass jemand ihr etwas ganz persönliches und individuelles geschrieben hat und eben keine Standardmail." Ein paar der Gesichter vermittelten mir sofortige Zustimmung, auch bekam ich gelegentliches Nicken zu sehen.

Also fuhr ich fort, indem ich meinen Stuhl nach hinten schob und aufstand, sodass jeder mich sehen konnte und ich gleichermaßen sicherstellte, dass ich die volle Aufmerksamkeit der hier versammelten Schüler hatte. "Wie einige von euch sicher wissen, sind meine Eltern schon viele Jahre lang getrennt. Nein, nein, kein Grund jetzt verlegen zu tuscheln oder peinlich berührt zu sein, ich gehe damit ganz offen um. Ich will auch gar kein Mitleid. Etliche Kinder wachsen heutzutage mit nur einem Elternteil auf. Ich hatte trotz allem eine schöne Kindheit. Und ich weiß, dass dieses Glück nicht jedem Scheidungskind da draußen zuteil wird, aber jedes Jahr - egal, ob an Weihnachten oder zu meinem Geburtstag - hat mir mein Papa einen langen, handgeschriebenen Brief geschickt, in dem die tollsten Sachen standen." Ich legte eine kurze Pause ein und sah in die Runde. Dann lief ich langsam weiter.

"Zuallererst hat er mir davon berichtet, was er gerade so tut, was es Neues in seinem Leben gibt. Danach hat er mir immer aufgezählt, worauf er gerade besonders stolz oder worüber er sehr glücklich ist. Und dann hat er selbstverständlich nach mir gefragt. Und mit seinem Vorwissen, dass er von meiner Mum oder unseren Telefongesprächen hatte, mir ganz genau sagen können, warum ich ihn wahnsinnig stolz und glücklich mache. Und Leute", erneut legte ich eine Pause ein, um mir Zeit zu nehmen, jedem einzelnen im Raum in die Augen zu schauen. Bei besonders grünen Augen blieb mein Blick schließlich hängen und ich beendete meine kleine Ansprache: "Das waren die schönsten Geschenke, die ich jedes Jahr bekommen habe. Ehrliche, liebevolle Worte meines Papas. Und seitdem ich es konnte, habe auch ich ihm jedes Jahr mindestens zwei Briefe geschrieben. Damit bringt man Freude und Wärme in die Herzen der Menschen. Nicht durch kurze WhatsApp Nachrichten oder einen dummen Snap. Nehmt euch die Zeit füreinander. Dafür soll diese Aktion da sein." Und mit diesen Worten kehrte ich an meinen Platz zurück und ließ mich dort nieder. Harry strahlte mich von der Seite wie ein Honigkuchenpferd an, flüsterte ein leises "Toll gemacht, Lou" in mein Ohr, doch es ging im Applaus der Schüler fast unter. Ein schwacher Rotschimmer auf meinen Wangen blieb jedoch nicht aus.

Nun lag es an ihm. Jetzt war Harry an der Reihe, unser Projekt genau vorzustellen. Und das tat er. Sodass am Ende des Tages eine Durchsage im ganzen Schulgebäude dafür sorgte, dass über nichts anderes mehr als unser Projekt gesprochen wurde. Und mittels eines superschnellen, supereffizienten Programms, das Niall mit ein paar anderen Leuten aus dem Informatik-Kurs erstellt hatte, erreichte jeden Schüler noch am selben Tag eine E-Mail, die ihn über die Spindnummer seines Briefpartners informierte. Und da jeder noch zusätzlich die Möglichkeit hatte, an jede andere x-beliebige Person ebenfalls Briefchen zu schicken, waren so gut wie alle mehr als zufrieden. Die Aktion Weihnachtspost konnte beginnen.

Und dass mir zufälligerweise Harrys Spindnummer zugewiesen wurde, behielt ich ganz für mich.

***

"Ich finde, wir sollten das feiern." "Entschuldigung, aber haben wir unseren Abschluss in der Tasche und ich hab es nicht mitbekommen? Hat jemand Geburtstag? Was sollen wir feiern?" Augenblicklich musste ich lachen, wie ich Zayn und Perrie da so vor uns allen diskutieren sah. Typisch die beiden. Perrie war wegen allem möglichen immer gleich viel zu aufgekratzt und Zayn war eher der rationale Typ. Trotzdem funktionierte unser aller Freundschaft mehr als gut. Auch Harry schien sich köstlich zu amüsieren, wie ich mit einem schnellen Seitenblick auf ihn feststellte. Er war heute ausnahmsweise auch mal länger bei uns dabei geblieben, da er nicht wie sonst sofort nach der Schule nach Hause musste. Und da meine Mutter heute ab mittags wegen ihrer Frühschicht Zuhause war, konnte sie auch wunderbar meine ganzen Geschwister übernehmen. Heute Abend war ich dann wieder dran, den Daddy für alle zu spielen.

"Pass lieber auf, wie du mit meiner Freundin sprichst, Malik", nahm Jade ganz die Beschützerin ihre temperamentvolle Freundin in Schutz, wodurch sich Liam dann natürlich auch noch ein bisschen aufspielen musste. "Okay, okay", schaltete ich mich schließlich ein, als mir das Mach-das-Männchen-Getue so langsam auf die Nerven ging, "ich finde ein bisschen 'feiern' gar keine schlechte Idee. Wir könnten ja mal wieder ein bisschen SingStar bei mir spielen." Sofort ging einstimmiges Gejohle durch die Gruppe, alle waren sofort Feuer und Flamme. Besonders, als Niall nachfragte, ob meine Mum dann ihre legendären Spare Ribs machen könnte und ich kopfschüttelnd, aber grinsend bejahte. Ich redete mir einfach ein, dass meine Freunde trotzdem noch wegen mir zu mir nach Hause kamen und nicht ausschließlich wegen meiner Mutter.

"Und wie sieht's mit dir aus?", fragte ich schließlich Harry, als alle anderen sich bereits auf den Weg zum Parkplatz machten, da wir den Treffpunkt bei mir in einer Stunde ausgemacht hatten. Schüchtern lugten seine strahlenden Augen unter dem dichten Haarschopf hervor und zögerlich nickte er. "Wenn ich darf, dann gerne. Aber besonders lang kann ich nicht bleiben. Und außerdem kann ich nicht singen. Noch dazu will ich dir nicht wieder auf die Nerven fallen, indem ich geradezu auf dir einschlafe." Verlegen rieb er seine Handflächen aneinander, und sah hinab auf mein Shirt, anstatt mir weiterhin in die Augen zu gucken.

"Nicht, dass du mich jemals genervt hättest, aber du bist natürlich jederzeit herzlich willkommen. Egal ob Gesangstalent oder nicht."

Und wie könnte es anders sein, wenige Minuten später saßen Harry und ich gemeinsam in meinem Wagen auf dem Weg zu mir, das Auto erfüllt von leisen Klingen von The Fray.

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Happy v-day, babies💗
Ich hoffe, euch gefällt dieses kleine süße Kapitel zum Valentinstag (:
Diese Geschichte macht mir so viel Spaß und zu sehen, dass ihr sie auch mögt, ist nochmal so viel toller, also vielen dank an euch alle, ihr seid so tolle Leser x

All my Love. L x

Love Me Like Christmas (larry stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt