Kapitel 6

1.2K 63 0
                                    


Sandy hielt sich immer dicht neben dem Alptraumpferd, aber weit genug davon entfernt um sie nicht umzuwandeln.
Andreja war anscheinend auf ihrem Rücken eingeschlafen, flogen sie ja auch schon eine Weile über den nun dunklen Himmel. Alleine wäre er schon längst am Pol angekommen, doch sie mussten langsam machen.
Das Pferd sah immer wieder nach hinten, passte doch tatsächlich auf die junge Frau auf. Die Welt erstaunte ihn immer wieder.
Wie gerne würde er jetzt mit dem Alptraum reden, sie fragen, was sie antrieb.
'Ich heiße Shadow...'
Seine Augen wurden groß, als er die sanfte Stimme in seinen Gedanken hörte, ruhiger als er je erwartet hätte.
'Und auf deine Frage...ich hab in Andreja ein zu Hause gefunden, jemand der mich versteht und mir zur Seite steht. Für meinen kleinen Dunkelstern würde ich alles tun....'
Dunkelstern?
Eine Antwort blieb das Alptraumpferd jedoch schuldig.
Aber es verstand, was er sich dachte. Und er hatte nicht vor, das Gespräch jetzt schon zu beenden – immerhin hatten sie noch einen weiten Weg vor sich.
Wie hast du sie kennen gelernt?
'Zwei Tage nachdem Pitch Black unterlag. Ich hatte mich dagegen entschieden ihn zu verraten und bin geflohen, landete völlig erschöpft in einem kleinen Zimmer, in ihrem Zimmer. Wir hatten beide Angst – sie vor mir und ich davor, dass sie mich verraten würde. Doch dadurch, dass wir beide vor Furcht zitterten, konnten wir uns beruhigen. Ich wollte daraufhin gehen, das damals zehnjährige Kind alleine lassen. '
Und wie seid ihr dann doch zusammen gekommen?
'Sie ist mir nachgelaufen. Mitten in der Nacht, neugierig wie noch nie jemand zuvor. Sie hatte keine Angst mehr von mir, wollte mich kennenlernen. Und so nahm sie mich wieder mit zu sich...'
Sandy sah auf die junge Frau und lächelte.
In ihr stecke also noch mehr, als er es sich gedacht hatte. Auch wenn sie ihn schon damit überrascht hatte, als sie sich zwischen ihn, Jack und Shadow gestellt hatte...
'Danke dass du meinen Namen verwendest.'
Hörte sie tatsächlich alles?
'Wie wenn jemand normal reden würde. Ich kann aber auch weghören, wenn du das willst', fügte sie an und sah wieder nach ihrer Passagierin.
'Wie weit ist es eigentlich noch? Es wird schon ziemlich kalt und sie ist nicht warm angezogen. Ich will nicht, dass sie auch noch eine Erkältung bekommt.'
Sandy musste ihr Recht geben. Es war schon ziemlich kalt, aber er konnte jetzt auch nicht einschätzen, wie lange es noch dauern würde.
Wenn er schneller war, dann könnte er kurz schauen, wie weit es noch war.
'Gute Idee, ich komm schon alleine klar. Hier oben ist eh so gut wie kein Verkehr', scherzte das Alptraumpferd und nickte ihm zu.
Nun gut, aber er würde sich wirklich beeilen.
Seinen Rochen verwandelte er in sein geliebtes Propellerflugzeug und mit einem leichten Nicken Richtung Shadow sauste er davon.
Immerhin war er jetzt auch mit seinen Gedanken wieder alleine.
Niemals hätte er gedacht, dass ein Alptraum sich so verhalten konnte, so fürsorglich, besorgt und freundlich. Loyal jedem gegenüber, der ihr was bedeutete.
Vielleicht passte sie deshalb so gut zu der jungen Frau.
Andreja...ein schöner Name für eine selbstbewusste Frau. Aber sie und Jack würden keine Freunde mehr werden, nicht, nachdem sie ihn so schnell zu Fall gebracht hatte.
Er musste schmunzeln, als er daran dachte, wie der junge Hüter mit einem gezielten Tritt in die Knie gegangen war. Trotz gebrochenem Knöcheln hatte sie ihn einfach über den Haufen gerannt, fast so, als wäre sie der Hüter und er ein einfacher Mensch.
Sie war eine Kämpferin.
Er durchbrach die Wolkendecke und erblickte vor sich den russischen Prachtbau.
So weit war es also gar nicht mehr...
Er wendete seinen Flieger wieder, stieg hoch und stieß beinahe mit dem Alptraum zusammen.
Tut mir leid!
Aber jetzt runter, dann sind wir auch schon da, dachte er und sie nickte, hatte ihn verstanden.
Er folgte ihr, hoffte, dass Jack Bescheid gegeben hatte und Nord seine Schwerter bei sich behalten konnte. Sonst würde er sich dazwischen stellen!
'Das würdest du wirklich tun?'
Er errötete leicht, stimmte Shadow jedoch zu.
Natürlich würde er sie beschützen, dass war er Andreja schuldig, dafür, dass er ihr beinahe die Freundin geraubt hatte.
'Ich danke dir, Sanderson...'
Sie wurden langsamer, umrundeten die Werkstatt. Sandy zeigte ihr den Eingang durch die Glasfenster, schwebte voraus auf die kleine Galerie, wo tatsächlich Nord bereits auf sie wartete.
„Tatsächlich! Du bringen Alptraum in Werkstatt...warum?"
Sandy rollte mit den Augen, postierte sich aber dennoch vorsichtshalber zwischen dem Hünen und dem Pferd.
„Es geht ihm hauptsächlich um die junge Frau. Sie hat sich verletzt und er möchte, dass wir ihr helfen", meinte Jack und Sandy nickte, deutete auf Andreja.
Langsam kam Nord näher, doch Shadow traute ihm nicht, wich etwas zurück.
Sandy versuchte den Alptraum zu beruhigen und sie blieb immer in seinem Rücken, suchte seinen Schutz.
„Keine Angst, wir nichts tun werden – nur helfen", meinte Nord und Sandy lächelte ihr aufmunternd zu.
Langsam beruhigte sich Shadow, hielt still, blieb jedoch weiterhin wachsam.
Sachte hob Nord die Schlafende vom Rücken des Alptraumes und stapfte mit ihr davon. Bevor auch nur irgendwer reagieren konnte, folgte Shadow.

Die Hüter des Lichts - Shadow and LightWhere stories live. Discover now