Kapitel XLIX

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Cassie

Ich konnte immer noch nicht glauben, dass ich nur wenige Stunden zuvor mein Schicksal besiegelt hatte. Zwar war es nicht laut ausgesprochen worden, aber nun war ich mir sicher, dass ich die nächste Königin von Iléa werden würde. Eaton würde mich wählen und damit sämtlichen Komplikationen aus dem Weg gehen.

„Lady Cassandra?", Taimi schlüpfte durch die Tür zu meinem Schlafzimmer, „Sind Sie bereit für das Abendessen?"

Ich hob den Kopf und nickte. „Klar. Ich könnte nicht mehr bereit dafür sein", ein schwaches Lächeln zierte meine Lippen.

Meine Zofe zog die Augenbrauen hoch. „Sie erwarten jetzt hoffentlich nicht von mir, dass ich Sie frage, was los ist."

Meine Mundwinkel zuckten. „Schon gut, Taimi. Mach du nur deinen Job."

Sie schnaubte. „Das mache ich ja schon. Wenn Sie ein wenig kooperativer wären, wäre ich schon längst durch mit meinem Job."

„Ich bin sehr kooperativ!"

„Manchmal", sagte sie schulternzuckend, während sie anfing meine Haare ein wenig zu entwirren. „Ihr Haar ist es jedenfalls nie."

Meine wilden Locken ließen sich tatsächlich schwer bändigen. Meine Mutter sagte immer, dass es sich für eine edle Dame nicht gehörte, mit einem Kopf wie ein cVogelnest herumzulaufen. Deswegen trug ich sie selten offen.

„Ich kann nichts für deine großen Pläne mit ihnen", erwiderte ich, „Würdest du dich mit einem schlichten Dutt zufrieden geben.."

Durch den Spiegel vor mir konnte ich sehen, dass sie die Augen verdrehte. „Ich wäre auch zufrieden, wenn Sie mit einem Kartoffelsack zum Abendessen kommen würden, glauben Sie mir. Aber dafür werde ich nicht bezahlt."

„Wo sind eigentlich die anderen beiden?", fragte ich, um das Thema zu wechseln.

„Sie haben Angst vor Ihnen."

Ich starrte sie entsetzt an. „Ich dachte, das Thema wäre geklärt! Habe ich nicht bewiesen, dass ich nicht das schlimme Monster bin, für welches sie mich halten?"

Taimi lächelte leicht. „Das war auch eher ein Scherz. Ich wusste nicht, dass Sie es mir abkaufen würden."

„Ja ha ha", murrte ich, „Du wirst auch für schlechte Witze nicht bezahlt, Taimi."

„Es ist bloß so unterhaltend", entschuldigte sie sich und schien schließlich zufrieden mit ihrem Werk, „Wollen Sie sich ihr Kleid heute selbst aussuchen?"

Ich sah sie überrascht an. „Seit wann ist das denn gestattet?"

Nun fing sie an zu lachen. „Seit morgen", erwiderte sie und verschwand in meinem Ankleidezimmer.

Meine Zofe war definitiv zu frech.

„Ich könnte dem Prinzen davon erzählen!", rief ich ihr hinterher, auch wenn ich meine Drohung nicht ernst meinte. Ich mochte Taimi ziemlich gerne, auch wenn ich sie nicht zu einer meiner Freundinnen zählen würde. Eigentlich konnte ich keine der anderen mehr als meine Freundin bezeichnen.

„Das würden Sie nicht wagen", erklärte sie ruhig und kam mit einem bodenlangen, smaragdgrünen Kleid zurück. Es hatte einen Schlitz auf der einen Seite bis zu meinen Knien und war hochgeschlossen, aber enganliegend.

Ich zog die Augenbrauen hoch. „So soll ich mit der Königsfamilie zu Abend essen?"

Sie grinste selbstsicher. „Sie können auch den Kartoffelsack nehmen, wenn Sie möchten."

„Nein, danke", murmelte ich.

April

Sanfte Sonnenstrahlen schienen durch meine zerschlissene Gardinen und kitzelten meine Nase. Ich gähnte einmal genüsslich und erhob mich dann endgültig aus dem Bett. Es war schon lange nicht mehr vorgekommen, dass ich geschlafen hatte, bis die Sonne mich weckte, aber der vorherige Tag war ein ziemlich langer gewesen.

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