Kapitel XVIII

3.7K 164 10
                                    

Cassie

"Ich liebe es jetzt schon!", flüsterte eine kleine Blonde neben mir begeistert. Ich war eine Niete im Namen merken und hatte mir deswegen gar nicht erst die Mühe gemacht nach ihrem zu fragen.

Die Prinzessin hatte sich etwas wirklich Interessantes für uns überlegt, auch wenn ich daran zweifelte, dass es tatsächlich ihrer Fantasie entsprang und nicht irgendein Organisator des Castings für sie ausgedacht hatte.

"Ich finde, dass man gar nicht immer an ferne Orte reisen muss um etwas Spannendes zu entdecken, also habe ich euch hierhin mitgenommen", die Prinzessin deutete auf unsere Umgebung, "Früher, als ich klein war, hat mich die Grenze immer ziemlich ineterssiert - natürlich inklusive der Mauer - und irgendwann hat mein Dad mich mal hier mit hin genommen. Es war eine Erfahrung, die ich nie wieder vergessen werde und deswegen dachte ich, halte ich euch das nicht entvor."

Wir befanden uns an der Grenze von Ilea, die unmittelbar hinter dem Gelände des Schlosses begann. Es war wie man sich eine richtige Grenze vorstellte: Eine riesige Mauer mit mehreren Wachtürmen und vielen Soldaten, die herummarschierten. Hiergegen war die Mauer am Eingang des Schlosses nichts. Über diese Mauer kursierten jede Menge Gerüchte und ich konnte nicht leugnen, dass ich es unendlich spannend fand endlich zu erfahren wie hier alles ablief und wie es hinter der Mauer aussah, auch wenn es ein vielleicht eher ungewöhnlicher Ausflug war.

"Noch langweiliger geht es doch schon nicht mehr oder?", murrte Adrianna. Natürlich hatte ich das Glück gehabt mit ihr in eine Gruppe zu kommen und da sie ihre Designerpumps - ich trug übrigens auch welche - nicht ruinieren wollte, hatte sie ziemlich wenig Lust die Grenze zu erkunden.

"Früher, wenn das Schloss besetzt war, führte ein Geheimgang direkt von hier unter der Mauer hindurch, wodurch noch nie jemand in diesem Schloss gestorben ist", erzählte Prinzessin Isabelle und ich meinte ein wenig Stolz mitschwingen zu hören. "Nach euch!"

Das blonde Mädchen lief sofort in die Richtung, in die Isabella gezeigt hatte und stieg dann durch die Geheimtür im Boden, die man zwar nicht direkt bemerkte, auf den zweiten Blick aber doch gar nicht so geheim war. Es folgte ein ziemlich kalter und feuchter Steintunnel, der wahrscheinlich unter der Mauer hindurch führte. Auf dem Weg unterhielt sich Isabella mit ein paar der vorderen Ladys und erzählte noch etwas zu der Geschichte dieses Tunnels.

Als wir schließlich auf der anderen Seite angekommen waren und ins Freie traten, staunten wir alle nicht schlecht. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte - vielleicht eine Wüste, großes Grasland oder einen Wald - , aber definitiv nicht das, was uns erwartete. Vor uns erstreckte sich eine kleine Stadt. Sie ähnelte dem kleinen Städtchen aus dem ich stammte ziemlich, nur dass irgendwie alles farbenfroher und fröhlicher wirkte. Ich kam mir fast vor wie in einem Fantasieland.

Isabella lächelte zufrieden, als sie unsere Gesichter sah. "Willkommen in Orphan."

April

Ich hasste ausreiten. Nicht, dass ich in irgendeinerweise Angst vor Tieren oder gar Pferden hatte oder mich über den Muskelkater, den man danach im Allerwertesten hatte, beschwerte, nein. Ich hasste es einfach, weil man beim Reiten die Kontrolle verlor. Ich war niemand, der mit einer Gerte wild auf ein Pferd einschlug oder ihm immer wieder in den Magen trat und genau deswegen bereitete es mir ein unangenehmes Gefühl zu wissen, dass das Tier jeden Moment einfach losrasen könnte und nicht auf mich hören würde. Fazit: Der Tag konnte nur ziemlich beschissen werden.

"Du siehst sehr elegant aus, April", sagte Cristen grinsend neben mir. Ich hasste auch sie in diesem Moment. Denn Cristen war eines von diesen nervigen Pferdemädchen, welche jede freie Sekunde im Stall verbrachten und wenn man mit ihnen über etwas reden wollten, immer nur von ihrem Pferd schwärmten.

Ihr seht, ich kannte mich mit solchen Mädchen aus.

Trotzdem verzog ich meinen Mund zu einem gequälten Lächeln. "Ich vertraue diesem Tier nicht. Es hat mich von Anfang an so angegrinst, als würde es mir sagen wollen: Ich schmeiße dich gleich ab, April. Du hast keine Chance gegen mich."

Cristen lachte herzlich. "Ich bin mir sicher, genau das waren seine Gedanken, als es dich gesehen hat."

Als ich gerade Antworten wollte, sah ich aus den Augenwinkeln, wie das Pferd des Königs neben mir erschien. Schnell drehte ich mich zu ihm und lächelte unsicher. "Gab es nicht etwas anderes außer Reiten, was Sie können?"

Verwirrt sah er mich an und begann dann zu lachen. Sofort bereute ich meine Worte, denn ich hatte bestimmt nicht gemeint, dass er nicht konnte. Aber er schien es mit Humor zu nehmen, anders als ich von ihm erwartet hätte. "Tschuldigung", murmelte ich, "So meinte ich das nicht."

"Für so charmant hätte ich Sie gar nicht gehalten, April", sagte er amüsiert, "Die meisten Ladys haben erst einmal über das Reiten geschwärmt und mich für meine Künste bewundert und Sie werfen mir vor, dass ich nichts anderes kann. "

Ich lächelte schief und musste an Cassie denken und daran, wie rot sie in dieser Situation geworden wäre. Der König war auch nur ein Mensch oder? Also keinen Grund zur Peinlichkeit. Vielleicht ein bischen..

"Aber um Ihre Frage zu beantworten, ich spiele auch sehr gerne Billiard. Wir haben einen Tisch im Untergeschoss, also wenn Sie mal Lust auf eine Partie haben..", es war zwar ein Angebot, ich war mir aber ziemlich sicher, dass er sich keine Zeit dafür nehmen würde mit einer Lady von der Selection seines Sohnes Billiard zu spielen, sondern einfach nur nett sein wollte.

"Danke, ich werde es mich überlegen", sagte ich grinsend, "Aber wenn das alles ist, kann ich natürlich verstehen, warum sie einen Ausritt vorgezogen haben. Billiard ist nicht wirklich gesellig."

Er lächelte. Es überraschte mich immernoch, dass der König tatsächlich so locker und sarkastisch sein konnte. Bei der Königin hätte ich es schon mehr erwartet, aber nicht bei dem steifen König. "Sie reiten also nicht sehr gerne?"

"Wie man unschwer erkennen kann, nicht. Ich bewege mich einfach lieber auf festem Grund", gab ich zu.

Er nickte verstehend. "Irgendwie ist es sicherer, wenn man weiß, dass man festen Boden nter den Füßen und alles unter Kontrolle hat. Reiten hat nicht nur mit Können, sondern auch mit Vertrauen dem Pfed gegenüber zu tun und ich denke das haben sie noch nicht so richtig aufgebaut."

"Da haben Sie wohl recht. Wollen Sie mir nicht auch noch eine Private Reitstunde anbieten? Dann habe ich, wenn ich nach hause fahre, wenigstens zwei Dinge gelernt", gab ich grinsend zurück.

Daraufhin erntete ich ein Lachen von ihm. "Ich werde es mir überlegen", wiederholte er meine Worte und zwinkerte mir zu, "Es war mir eine Freude mit Ihnen zu reden, April." Dann trieb er sein Pferd mit einem leichten Schenkeldruck an und machte sich auf um wahrscheinlich das Gespräch mit der nächsten zu führen.

Selection - die Chance deines LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt