Warum?

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Keuchend blieb ich stehen und lehnte mich an eine Hauswand. Den Kopf legte ich in meinen Nacken. Meine Lunge brannte wie Feuer. Die kalte Luft tat mir nicht gut. Jeder Atemzug war eine Qual. Ich ließ mich heruntergleiten. Keuchend hockte ich an der kalten Fassade im Dunklen und dachte darüber nach, was gerade passiert war. Ich hatte ihn gesehen. Er hatte mich gesehen. Ich schloss die Augen. Er hatte sich gefreut, als er mich gesehen hatte. Und ich bin einfach geflüchtet. Vielleicht war er noch da? Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich hatte ihn womöglich mit meiner Aktion verletzt. Wie er sich wohl fühlte? Hoffentlich dachte er nicht, ich würde ihn hässlich finden und wäre deshalb weggelaufen. Denn so war das nicht. Er war viel schöner, als über das Internet. So Makellos. Ich schniefte. Und nun hatte ich alles zerstört.

Weinend saß ich da, ignorierte die Leute, die an mir vorbei gingen. Doch als ich Schritte hörte, die genau vor mir stehen blieben, wurde ich aufmerksam und beendete schlagartig mein geheule. Ich blickte auf die Schuhe. Auf die Beine. Weiter hoch. "Manu?" Es war Patrick. "Was machst du denn?" Er hockte sich vor mir hin. Es war mir peinlich, dass er mich so sah. Schnell wandte ich meinen Blick von ihm ab. Er sollte nicht sehen, dass ich weinte. "Ey." Behutsam stupste er mich mit dem Finger an. Unsere erste Berührung. Mein Herz machte einen Satz. Das war unsere erste Berührung. Ich hatte mir immer erhofft, dass es eine Umarmung sei. Doch es war nun ein Stupser seines Zeigefingers. "Ich hatte Muffensausen", murmelte ich beschämt, um ihn nicht noch mehr auf die Folter zu spannen. "Muffensausen?", kicherte Patrick nur. "Das sieht aber nach was anderem aus. Komm, steh mal auf." Er reichte mir seine Hand. Seine Hand. Zögerlich nahm ich sie und ließ mich von ihm auf die Beine ziehen. Dabei legte ich meine andere Hand auf meine Mütze, sodass sie nicht verrutschen konnte. Es wäre der Albtraum, wenn er sehen würde, dass ich darunter verbarg. "Wollen wir zurück zum Italiener gehen? Oder willst du hier draußen stehen bleiben?" Patrick lächelte schief. "Nein, lass uns, ja." Schüchtern sah ich zu Boden. Ich schämte mich für meinen Auftritt. 

Wieso war ich so? Wieso konnte ich nicht normal sein? Dann hätte ich diese Ängste nicht. Diese Unbehaglichkeit, wenn ich unter Menschen war. Diesen Scham vor allem. Ich war gefangen in mir selbst. 

Ich ging schweigend neben Patrick her. Die Stimmung war geklemmt. Vermutlich dachte er sich seinen Teil. Das ich komisch wäre. Was ich auch war. Und vermutlich, würde er mich nach diesem Treffen auch nicht mehr mögen, mich nicht mehr wiedersehen wollen oder aufnahmen machen wollen. Und ich konnte sein süßes Gesicht nie mehr sehen, wenn wir nach dem Aufnehmen noch skypen.

Ich war frustriert. Er hatte sich unser erstes Treffen wohl anders vorgestellt. Besser. Nicht mit einem weinenden jungen Mann. Bestimmt wollte er gar nicht mehr bei mir sein. 

Felidae / KürbistumorМесто, где живут истории. Откройте их для себя