Kapitel 6 (REMASTERED)

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Am Morgen wurde ich unsanft durch lautes, penetrantes Klopfen an meiner Tür geweckt. Ich war kaum richtig wach und instinktiv schon wieder unglaublich angefressen. "Was?!" Schrie ich genervt, während ich mir schnell meinen Morgenmantel vom Ende des Bettes zog und haatig aufstand.
"Loreena, hier ist dein Vater! Ich verlange unverzüglich deine Anwesenheit im Thronsaal!"
Mit einem Mal war ich hellwach und wie zu Stein erstarrt. Das letzte Mal, das mein Vater mich persönlich zu ihm rief, war als ich... tja.. das ist das erste Mal.
"J-ja, natürlich, Vater!" Presste ich hervor und ich begann zu zittern. Er konnte es nicht wissen, es war unmöglich! Wir besaßen nicht über die Technik, über diese Distanzen zu kommunizieren, sie war uns aber nicht unbekannt und das beunruhigte mich. Während ich so darüber nachdachte, was er wohl von mir wollen konnte, zog ich mich zweckmäßig an und kämmte meine Haare. Asgard hatte die Technik, doch Odin machte den Eindruck, als wäre er nicht sonderlich erpicht darauf gewesen, in Kontakt mit meiner Familie zu kommen. Ich schüttelte meinen Kopf und entschied, dass es bestimmt nicht sein würde und vielleicht, flammte bei mir die kleine Hoffnung auf, hatte er seine Entscheidung überdacht bezüglich der zukünftigen Königin. Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich beruhigte mich augenblicklich.
Vor dem Thronsaal angekommen, bemerkte ich erst, das die Sonne gerade erst aufgegangen war und das machte mich dann doch wieder stutzig, denn normalerweise war das keine normale Audienzzeit. Ich nahm nochmal einen tiefen Atemzug und betrat den Raum, welcher dunkel war, nur einzelnd waren die Fackeln entzündet und während ich auf den Thron zulief, auf dem ich meinen Vater zu erkennen glaubte, kam die Nervosität zurück und in mir manifestierte sich zunehmend das Gefühl, das es nicht um seine gestrige Entscheidung ging.
"Loreena.." begann er und ich erschauderte. "Mir wurde zugetragen, dass ich dich gestern nicht ausreichend zu Wort habe kommen lassen.." Ich wagte einen Blick in sein Gesicht und bemerkte, dass er nicht geschlafen hatte, seine Augen waren blutunterlaufen und er hatte Augenringe.
"Was ist los, Vater, gehts dir nicht gut?" Fragte ich besorgt und wollte auf ihn zulaufen, doch etwas hielt mich davon ab. War das ein Test? Mein Vater hatte mir stehts vorgehalten, niemals Schwäche zu zeigen, besonders keine Gefühle. Wann auch immer ich ihm meine Liebe zeigte, machte er sich darüber lustig oder äußerte sich abwertend darüber. Er war ein Sturkopf und ließ keine andere Meinung zu, selbst wenn er nqchweislich falsch lag und deshalb war ich skeptisch.
Er schwieg lange und durchbohrte mich mit seinen stahlblauen Augen, die selbst im gedimmten Licht aussahen, als würden sie direkt vom Licht angestrahlt werden. Dann lehnte er sich zurück und atmete tief aus.
"Ich habe dich heute lange gesucht, Tochter.." brummte er und ich sah ihn skeptisch an. "Achja?" Er ahnte irgendwas.
Wenn er sagte, er hatte mich gesucht, dann stimmte das auch, doch war er wirklich überall gewesen?
"Ich wollte allein sein." Fügte ich hinzu, woraufhin sein Blick sich ebenfalls verengte, er sich wieder nach vorne beugte und seine Hände vor seinem Mund faltete. "Nun, das meine ich ja.. du warst nicht aufzufinden."
Ich schluckte kaum merklich. Er bluffte, da war ich mir sicher, es war kaum möglich, alle Orte an einem Tag abzusuchen. "Es tut mir leid, dass du mich nicht gefunden hast, doch das war der Sinn daran." Versuchte ich auszuweichen, doch nun setzte er sich auf. "Loreena, wo warst du?"
Nun war ich es, die tief ausatmete. "Gibt es ein Problem, Vater?"
Er nickte nur abwägend mit dem Kopf. "Das hängt von dir ab! Wo warst du!?" Fragte er nun lauter und und ich hob abwehrend die Hände. "Schon gut, schon gut! Ich.. weißt du wo das Sumpfgebiet hinter dem Wald anfängt? Inmitten dieser gibt es eine kleine verlassene Hütte, die ich restauriert habe und dort bin ich, wenn ich nachdenken muss oder allein sein will!" Beschwichtigte ich ihn und er stand auf.
Als ich klein war, wollte ich von zuhause weglaufen und durchquerte den dunklen Wald, in der Hoffnung, dort Menschen zu finden, die mich aufnahmen und wo ich ein schöneres Leben führen hätte können, doch alles was ich fand, war Moor und Sumpf. Enttäuscht darüber, dass ich nicht weiter gehen konnte ließ ich meinen Blick über den Horizont gleiten und entdeckte ein kleines Gebäude. Damals hatte ich mir einfach gewünscht, das dort auskundschaften zu können und plötzlich war ich in der Hütte. Schließlich wurde das zu meinem Rückzugsort und immer, wenn ich mich schlecht fühlte, rannte ich durch den Wald, stellte mich an den Rand des Sumpfes und ich war in der Hütte, es war meine eigene kleine Welt. Das war das erste Mal, das sich meine Kräfte offenbarten und danach war es nie mehr wie früher zwischen meinem Vater und mir.
"Ich muss dich doch nicht daran erinnern, was für Strafen dich erwarten, sollte ich herausbekommen, dass du dich mit deinen Taubertricks beschäftigst, anstatt zu trainieren. Du bist die Tochter des Ares! Also kämpfe auch so! Verhalte dich so!" Schleuderte er mir entgegen und ich öffnete gekränkt den Mund.
"Das gehört zu mir! Vater, ist dir bewusst, .. was du von mir verlangst? Du verlangst von mir, einen Teil von mir zu underdrücken!" Versuchte ich ihm verständlich zu machen, doch er wollte es nicht hören.
"Das ist eine Mißbildung, eine Schande! Und es enttäuscht mich, dass du so darüber denkst!"
Gekränkt sah ich zu meinem Vater, der die Treppen herabschritt, während er seine Hände überkreuzt auf dem Rücken trug. Ich durfte nicht anfangen zu zeigen, wie sehr es mich verletzte, also verhärteten sich meine Gesichtszüge wieder.
"Ich weiß, das ich eine Schande bin, Vater. Deswegen hast du dir eine neue Tochter geholt und ihr den Vorzug gegeben!" Sagte ich kalküliert, woraufhin er sich schlagartig umdrehte und plötzlich nur noch einige Zentimeter von mir entfernt stand.
"Wag es nicht, meine Entscheidungen anzuzweifeln!"
Fauchte er mich an, woraufhin sich eine unglaubliche Wut in mir breit machte. Standhaft blickte ich ihm wieder in die Augen. "Doch, denn als rechtmäßige Königin steht es mir zu, Zweifel zu äußern!"
"Du wirst keine Königin! Nicht hier! Du bist gefährlich!" Brüllte er in mein Gesicht und ich sah ihn weiter ausdruckslos an.
"Dann solltest du mich wohl besser einsperren, wenn ich so gefährlich bin!" Schleuderte ich ihm entgegen und er packte mich an meinem Shirt, um mich noch näher zu ihm zu ziehen. "Sei nicht so respektlos! Aber du hast recht, du hattest viel zu viele Freiheiten! Du wirst bis auf Weiteres in deinem Zimmer bleiben, bist du nicht mehr so labil und gefühlsgeladen bist!" Ich sah ihn verständnislos an, woraufhin er fortfuhr.
"Selbst wenn du eine Papiertüte auf dem Kopf hättest, würde ich deine Wut spüren, Tochter. Du bist schwach! Und jetzt geh auf dein Zimmer, ich werde Wachen vor deiner Türe positionieren, die werden dir jeden Wunsch von den Augen ablesen!" Er ließ mich wieder los und so erschüttert zurück, das ich einfach nur zurückstolperte und ihn nicht aus den Augen ließ.
"Du kannst mich nicht einfach einsperren, bis ich so bin, wie es dir passt!" Versuchte ich es nochmals den Tränen nahe, doch er sah mich nur abschätzend an.
"Nein.. Aber ich werde das Volk so lange vor dir beschützen, wie es mir möglich ist. Du machst den Leuten Angst, Lori, und das kann ich nicht zulassen.."
Zu meiner Linken und Rechten erschienen Wachen und sah, wie mein Vater ihnen zunickte. "Eskortiert sie zu ihrem Gemach und passt auf sie auf." Unfähig, Widerstand zu leisten, ließ ich mich von den Wachen wegführen, ohne, dass ich meinen Vater auch nur aus den Augen ließ.

Nach zweistündigem Heulkrampf hatte ich mich endlich etwas beruhigt, vermutlich waren die Tränentanks leer. Ich ging in mein Badezimmer und wusch mir mein knallrotes, geschwollenes Gesicht und Augen. Ich war müde und ausgelaugt und es war noch nichtmal Mittag. Frustriert drückte ich mein Gesicht in das zusammengefaltete Handtuch und ließ einen frustrierten Schrei los. Kurz darauf hörte ich wie die erste Tür aufgestoßen wurde, kurz darauf auch die Badezimmertüre und das war genau das, worauf ich gewartet hatte.
"Seid ihr eigentlich noch ganz bei Sinnen?!" Brüllte ich die Wachen an, sodass sie geschockt stehen blieben und mich anstarrten. "Verzeiht, wir haben gedacht.." fing einer verteidigend an, doch jetzt waren sie geliefert, ich brüllte sie in Grund und Boden.
Zehn Minuten später tat es mir dann wieder leid und ich streckte meinen Kopf aus meiner Tür, um mich zu entschuldigen, doch es standen zwei neue Wachen vor meiner Türe, die mich unsicher beäugten. Augenverdrehend schloss ich die Türe wieder mit einem lauten Knall und stampfte weiter wütend durch mein Zimmer, während ich angestrengt überlegte , wie das alles hier nun weiter gehen sollte. Eigentlich war Bleiben für mich keine Option, doch wo sollte ich hin? Ich kannte keinen anderen Ort, wohin ich gehen konnte..
Naja, nur.. Asgard.. doch war das das Richtige? Ich sah mich nochmal kurz um und entschied dann schnell. Ja, das war genau das Richtige. Das war meine Chance von hier weg! Notdürftig packte ich eine kleine Tasche mit den wichtigsten Sachen und stellte mich dann in die Mitte des Raumes, währen ich nochmal nostalgisch den Blick schweifen ließ. Den Abschied hatte ich mir anders vorgestellt, doch nun sei es so.
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf den Bifröst und tatsächlich spürte ich ein Kribbeln durch meinen Arm fließen und als ich die Augen öffnete, war dort ein Portal zum gewünschten Ort, welches ich ohne nachzudenken betrat.

"Loreena, willkommen zurück!" Ereilte mich die Stimme des Wächters, dem ich nur lächelnd zunickte.
"Ich habe dich kommen sehen.." fügte er hinzu und ich presste die Lippen zusammen. "Und wie viel hast du davor gesehen?"
Daraufhin lächelte er nur. "Die Wachen taten mir leid." Sagte er nur und ich nickte peinlich berührt. "Das ist eigentlich nicht meine Art.." begann ich, doch er unterbrach mich lächelnd. "Das habe ich auch stark vermutet. Ich habe den Allvater bereits in Kenntnis von deinem Erscheinen gesetzt.. Er möchte dich sehen." Ich schmunzelte auf. Zwei Audienzen bei zwei Königen an einem Tag, was für ein Glück.
"Und Loki?" Fragte ich hoffnungsvoll.
"Er weiß ebenfalls schon von deinem Erscheinen und wird auch da sein." Nickte Heimdall und bedeutete mir, ihm zu folgen.

Als Heimdall und ich den Thronsaal betraten, tuschelten Frigga und Odin angeregt miteinander und bemerkten uns zunächst gar nicht. Sie wurden erst auf uns aufmerksam, als hinter uns ein "Loreena.." ertönte und ich mich umdrehte. Loki kam auf mich zugelaufen und sah mir direkt in die Augen. "Was ist passiert?" Ich schüttelte den Kopf. "Mein Vater er.." Ich schloss die Augen. Es war mir im Grunde so peinlich, quasi enterbt worden zu sein, dass ich zu einer kleinen Notlüge griff. "Er ist durchgedreht und wollte mich einsperren.."
"Weil du hier warst?" Fragte Odin mich entsetzt und stand auf. "Nein, davon weiß er nichts..." Ich hob meine Hände und starrte meine Handflächen an.
"Weil ich diese Kräfte überhaupt habe.. Er sagt, ich bringe Schande über meine Familie."
Odin und Frigga tauschten Blicke aus und ehe ich dahintersteigen konnte, was es mit dem auf sich hatte, ergriff Frigga das Wort.
"Du bist herzlich eingeladen, hier zu bleiben, bis sich die Wogen geglättet haben." Mit diesen Worten kam sie auf mich zu und zog mich mit ihr, doch ehe Loki uns folgen konnte, erhob Odin nochmals sein Wort.
"Ach Loki.. Bitte bleib noch kurz, es gibt da etwas, was ich mit dir besprechen möchte." Loki sah fragend zu seiner Mutter, doch die nickte ihm nur zu. "Ich werde sie in deiner Nähe unterbringen und mich so lange um sie kümmern, ehe du mich wieder ablösen kannst.." Sie zwinkerte ihm zu, woraufhin ich für einen kurzen Moment eine gewisse Röte auf auf seinen Wangen wahrnahm.
"Mutter, bitte.." sagte er nur und drehte sich um, während Frigga nur kicherte und mich mit sich zog.
Ich bekam ein unglaublich schönes Zimmer, mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Bifröst. Auch eine Garderobe bekam ich zur Verfügung gestellt und nachdem Frigga mir soweit alles wissenswerte zeigte und sagte, bat ich sie um ein bisschen Ruhe. "Ich möchte wirklich unter keinen Umständen unhöflich sein, aber es war ein langer Tag und er ist noch nicht mal vorbei.." Doch anstatt beleidigt zu sein, strahlte Frigga mich nur an und ergriff meine Wange. "Natürlich, Schätzchen." Sie zog mich in ihre Arme drückte mich kurz, bevor sie sich in meinem neuen Zimmer alleine ließ. Ich sah ihr nach, bis die Tür ins Schloss fiel und war etwas unsicher über diese Selbstverständlichkeit, die mir hier zuteil wurde. Das wäre undenkbar in Ophengard gewesen, so empfangen zu werden.
Ich ließ mich aufs Bett fallen und starrte an die Decke, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, schloss ich die Augen und merkte gar nicht, wie ich einschlief.

Why can you change me? (Wird REMASTERED)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt