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Ich hörte Lucifers Schritte, wie sie immer näher kamen.
Mein Herz pochte nun noch wilder in meiner Brust und ich wusste, dass wenn ich Lucifer jetzt nicht begegnen wollte, dass der Zeitpunkt gekommen war, um von hier zu verschwinden.

Ich atmete nocheinmal tief durch und warf Raphael einen entschuldigenden Blick zu, dann eilte ich, so schnell ich konnte, hinaus und stieg in das erst beste Taxi, dass ich finden konnte.
Mit zittriger Stimme nannte ich dem Fahrer meine Adresse und betete zu Gott, dass er augenblicklich losfahren würde.

Ungeduldig begann ich in Gedanken die Sekunden zu zählen.
1, 2, 3, 4, - Was zum Teufel?!
Ich hatte kaum bis vier gezählt, da kam Lucifer aus dem Bürogebäude gestürmt. Sein Gesicht zeigte keine große Gefühlsregung, dennoch wusste ich, dass er rasend vor Wut war. Ich konnte es einfach spüren.

Als ich schnell meinen Blick über ihn gleiten lies, blieb dieser bei seinen Händen hängen.
Er hatte sie so fest zu Fäusten geballt, dass sich die Haut an den Knöcheln weiß gefärbt hatte. Jetzt war ich mir sicher.
Er war defintiv fuchsteufelswild!

Ich erwischte mich dabei, wie der  Gedanke sowohl Freude als auch ein wenig Angst in mir auslöste. Ein Teil von mir fürchtete sich noch immer vor Lucifer.
Der anderer Teil freute sich über die scheinbare Wut, welche durch meine Kündigung ausgelöst wurde.
Lag ihm vielleicht doch etwas an mir?

Aber dann war da eine kleine Stimme in meinem Kopf. Jene nannte mich eine Narrin.
Wahrscheinlich war er nur wütend auf mich, da ich eben erst begonnen hatte, für ihn zu arbeiten. Vermutlich hatte er aber auch keine Lust darauf, so bald schon wieder nach einer viel geeigneteren Person zu suchen. Und eventuell war es auch sein verletzter Stolz, der ihn so wütend machte.

"Könnten Sie bitte losfahren? Ich würde diesem Mann jetzt ungern begegnen." flehte ich den Taxifahrer an und Gott sei Dank - endlich fuhren wir los, noch bevor Lucifer das Taxi erreichen konnte.

Das Letzte was ich sah, waren seine  Augen. Er warf mir einen erbosten Blick zu, ehe er sich umdrehte und mit großen Schritten zurück in das Gebäude marschierte.

'Das war's jetzt also..' dachte ich betrübt. 'Lebwohl, Lucifer.'
Auch wenn es dieses Mal Lucifer war, der zurückgelassen wurde, wusste ich genau, dass ihn dies keinen Stich versetzten würde, so wie mir.  Sicherlich wird er mich sehr bald schon vergessen haben, doch ich werde ihn nie vergessen können.

Seufzend schloss ich die Augen und sah unwillkürlich Lucifers Gesicht vor mir. 
Seine eisblauen Augen starrten mich erzürnt an und gaben mir das Gefühl, von ihnen durchbohrt zu werden.

Seinen Mund hatte er, wie so oft auch, zu einer strengen Linie gepresst.
Dabei hatte er diese wunderschönen Lippen, welche auch bestimmt.. Stopp!
Ich zwang mich, diesen Gedanken nicht weiter zu Ende zu denken und schob ihn soweit nach hinten, wie nur möglich.

Nach einer scheinbar unendlich langen Fahrt, hielten wir vor meiner Haustür.
Erleichtert bezahlte ich den Fahrer. Dann rannte ich die Treppen hinauf und nahm gleich mehrere Stufen aufeinmal.
Als ich die Wohnungstür hinter mir schloss, erfüllte mich ein Gefühl von  Sicherheit. Ich war Zuhause!

Keine zwei Minuten später, als ich gerade dabei war, meinen Schuhe auszuziehen, klopfte jemand wild an meiner Tür.
Das wird doch nicht etwa..
"Alba!" knurrte eine bekannte Stimme von der anderen Seite.
Es war niemand anderes als Lucifer, der nun vor meiner Tür stand und mir mit strenger Stimme befahl, diese ihm augenblicklich zu öffnen.

Ich machte keinen Laut und traute mich auch kaum zu atmen.
Eventuell würde er ja denken, dass ich nicht Zuhause war?
"Alba! Ich weiß, dass du da bist! Ich habe das Taxi vor der Tür stehen sehen."
Konnte dieser Mann Gedanken lesen?

Ich ertappte mich dabei, wie meine Hand ganz automatisch zur Türklinke greifen wollte, doch es fehlte noch ein Schritt um an sie heran zu kommen.
Zum Glück fühlten sich meine Beine an wie Wackelpudding, so dass ich beschloss, es wäre das Beste für mich, wenn ich genau da bleibe, wo ich war.
"Alba.. bitte."
Sollte ich es nicht doch wagen? Was konnte er mir schon tun? Er kann mich doch nicht zwingen, für ihn zu arbeiten! Oder etwa doch?

Nein, wenn ich ihn jetzt sprechen würde, dann könnte er mich definitv dazu bringen, meine Kündigung zurück zu nehmen. Das konnte und wollte ich keinesfalls riskieren.

Seine blose Anwesenheit raubte mir die Fähigkeit auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
Selbst in diesem Moment, wollte ich nichts lieber, als diese verdammte Tür zu öffnen, um bei ihm zu sein und seine Berührung spüren zu können.
Auch nach seiner Zurückweisung, wollte ich ihn nach wie vor so sehr. Und ich wusste, dass ich ihm schneller verzeihen würde, als mir lieb wäre.

"Wir sehen uns." hörte ich ihn höflich sagen - zu höflich.
Ich wartete bis ich mir sicher sein konnte, dass er auch wirklich  gegangen war und lies mich dann auf mein Bett fallen.
Das Gesicht vergrub ich tief in meinem Kissen und mich überkam der starke Drang, einfach hinein zu schreien.
Das war alles so frustrierend!

Warum hatte ich angenommen, dass ich mich nach meiner Kündigung besser fühlen würde? Das Gegenteil traf eher zu!
Ich hatte nämlich das ungute Gefühl, alles viel schlimmer gemacht zu haben, als es so schon war. Jetzt habe ich mich endgültig zum Narren gemacht. Und was viel wichtiger war: was mache ich jetzt?

Ich wünschte ich könnte behaupten, dass ich mich sofort auf den Weg gemacht habe, um eine neue Arbeitsstelle zu finden. Aber die Realität sah leider anders aus.
Es waren zwei Wochen vergangen, als ich mich dafür entschied, endlich mal wieder das Haus zu verlassen.
Ich beschloss also einen Kaffee trinken zu gehen - allein versteht sich.

Da in der Innenstadt die große Gefahr bestand, auf Lucifer oder sonst wem zu treffen, fuhr ich in ein Cafe, dass sehr außerhalb der Stadt lag.
Es war nicht sonderlich groß, aber es war umgeben von den schönsten Blumen und einer riesigen Wiese. Weit weg vom Stadtlärm oder sonst einer großen Straße.

Es war sehr ruhig und das einzige was zu hören war, waren die leisen Stimmen der anderen und das klirren der Tassen.
Ich setzte mich an einen kleinen Tisch in der hintersten Ecke.

Der wirklich gutaussehende Kellner nahm meine Bestellung entgegen und schenkte mir ein charmantes Lächeln.
Ich erwischte mich dabei, wie ich ihm hinterher sah.
'Auch andere Mütter haben schöne Söhne..' bei dem Gedanken musste ich schmunzeln.

"Hattest du etwa gekündigt, um deine Zeit so zu verbringen?"
Flüsterte mir jemand in mein Ohr.

Lucifer!

Lucifer Where stories live. Discover now