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Automatisch wisch ich einige Schritte vor ihm zurück.

"Lucifer!" warnte ich ihn mit aller Macht und hob schützend die Hände.
Da lachte er verbittert, ging aber trotz allem zwei weitere Schritte auf mich zu.
"Schau dich doch an, Alba! Verstehst du jetzt, weshalb wir nicht zusammen passen?" Seine Augen durchbohrten mich.

Ich begriff, was er tat. Er wollte, dass ich Angst vor ihm habe und ein trauriger Gedanke kam mir in den Sinn.
"Das wusste ich doch schon immer." murmelte ich.
Und so war es auch. Von Anfang an, war es mir bewusst gewesen und ich hatte auch versucht, gegen meine Wünsche anzukämpfen. Ich hatte gehofft, dass ich ihm fernbleiben könnte. Doch Lucifer zog mich magisch an, wie die Motte von dem Licht.

Mit einem Satz kam er zum stehen.
"Was?"
Verwirrt schaute er mich an.
Pah! Als wüsste er nicht, was ich meine.
Der Tag hatte wunderschön begonnen und als wir beide so unbeschwert waren, da konnte ich mein Glück gar nicht fassen. Doch die Wahrheit sah anders aus - ich hatte seine Signale einfach falsch gedeutet.

In diesem Moment gab es viele Dinge, die ich gern gesagt hätte. Von "bitte liebe mich" bishin zu "ich will dich nie wieder sehen".
Es gab so viele unausgesprochene Worte, welche mir auf der Seele brannten, aber sie alle zu sagen, würde eine Ewigkeit dauern.

Und so waren es nur drei kleine, dir mir über die Lippen kamen - aber mit einer umso größeren Bedeutung für mich.
"Lucifer, bitte geh."
Es wirkte alles unreal. Wie konnte man in dem einen Moment glücklich sein und in dem anderen Moment ist man unendlich traurig? Das alles in wenigen Minuten?

Ich begriff, dass der Grad zwischen glücklich und unglücklich sein, sehr schmal war.
Oftmals reichte eine Sekunde oder nur eine einzige kleine Entscheidung aus, die man nicht einmal selbst zu treffen hatte.

Ich schluckte.
Es war mir nicht mehr möglich, ihn anzuschauen und so war mein Blick auf den Boden geheftet.
Lucifer sagte nichts, sondern verließ  schweigend die Wohnung. Er lies mich zurück - allein, unglücklich und in einem Scherbenhaufen meiner selbst. Es war, als wäre ich in tausend Einzelteile zerlegt worden - allen voran mein Herz.

Das war der Moment, als ich in Tränen ausbrach.

Diese Nacht weinte ich unaufhörlich und selbst der Schlaf erlöste mich nicht von meinen Tränen.
Als ich aufwachte, brannten sie noch immer auf meinen Wangen und zwang ich mich, endlich damit aufzuhören.
Ich wollte Lucifer nicht länger diese Macht über mich geben. Er hatte sie so oder so nicht verdient.

Da kam mir ein spontaner Gedanke:
Ich werde ihn nie wieder sehen!
Entschlossen schnappte ich mir meinen Laptop, klappte diesen auf und machte es mir auf meinem Bett bequem.
Grinsend tippte ich ein paar wenige Zeilen. Das sollte genügen!

In Windeseile hatte ich mir ein paar Sachen übergeworfen und machte mich auf den Weg in das Büro.
Fabelhaft!
Ganz wie erhofft, traf ich nur Kim an.
Mit schnellen Schritten ging ich auf sie zu und legte ihr mein Schriftstück vor die Nase.
Skeptisch las sie die wenigen Zeilen auf dem vor ihr liegenden Schreiben und ihre Augen weiteten sich, als sie verstand, was es zu bedeuten hatte.

"Was.." begann sie, doch ich vergaß all meine guten Manieren und unterbrach sie.
"Ich kündige!" verkündete ich feierlich. "Könntest du das bitte Lucifer ausrichten?"
"Aber.."
"Nichts aber. Lucifer ist ein Penner und für Penner arbeite ich nicht. Ich würde ja gern sagen 'man sieht sich', aber das hoffe ich nicht."
Meine Stimme war schroff und unter normalen Umständen, hätte dies mir auch leid getan. Aber noch war ich zu verletzt, um Mitleid außer für mich selbst zu fühlen.

Ich wandte mich zum gehen um, doch da hörte ich, wie man meinen Namen rief.
"Alba?"
Die Stimme kam näher.
"Raphael?"
Jetzt stand er vor mir. Mist! Ich schluckte.
Wie gern hätte ich ihm und mir diese Situation erspart.
"Du kündigst?"
Seine dunklen Augen starrten mich fassungslos an.
"Ja." es war mehr ein Hauchen.

Raphael trat einen Schritt auf mich zu und anders als bei Lucifer, verspürte ich keine Angst.
Seine Augen waren mir jetzt so nah, wie noch nie zuvor und ich erwiderte seinen intensiven Blick mit einer Leichtigkeit, die es bei Lucifer noch nie gegeben hatte.

Seine Augen.Wie befremdlich sie am Anfang auf mich gewirkt hatten.
Und jetzt, wo ich ihnen so nah war, erkannte ich zum ersten Mal, dass sie gold gesprenkelt waren. Sie wirkten damit nur umso schöner auf mich. Sie waren wie die Nacht. Beim ersten Hinblick dunkel und geheimnisvoll, doch bei genauem hinsehen, erkannte man ihre grenzenlose Schönheit und das Wunder, das die Sterne mit sich brachten.

"Kann ich dich umstimmen?" Seine Stimme war ein Flüstern.
Ich schüttelte den Kopf und enttäuscht lies er seine Schultern hängen.
"Dann geh." sagte er plötzlich. "Denn Lucifer wird jeden Moment um die Ecke kommen.

Als er es aussprach, konnte ich schon seine Schritte hören.

Lucifer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt