Chapter 16-Begegnung mit dem Tod

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Meine Stimme war eiskalt, ich erschrak vor mir selbst.
Wie ich es durchzog, ihn eisig anzusehen. Er sah auch erstaunt an.
„Ich bin dein Chef, so kannst du nicht mit mir reden!"
Ich verschränkte die Arme und schenkte ihm einen giftigen Blick.
„Doch das kann ich. Mein Freund hat mich verteidigt, und du hast mich an gegrapscht!"
Sprudelte es aus mir heraus. Keine kluge Entscheidung, einen Unternehmer und dazu noch mein Boss, so anzuschnauzen. Doch ich hatte das Gefühl ich müsse Kyran beschützen. Irgendwie war ich ihm das schuldig. Und ich wollte auch nicht, dass er wegen mi noch mehr Probleme bekam.
„Wollen Sie mir drohen, Miss O'Connor."
Matthew hatte die Fäuste auf dem Tisch geballt und di eisblauen Augen waren sichtlich abgekühlt.
„Nein. Aber ich lasse mich nicht von Ihnen zu irgendwas zwingen."
Dann siezte ich ihn eben auch wieder. Aber ich liess mich nicht kleinkriegen. Keine Frau sollte einem Mann sowas durchgehen lassen, auch wenn er ihr Chef war. Ich war viel zu lange unttätig gewesen und dafür schämte ich mich jetzt.
„Nundenn. Dann ist es wohl keine gute Idee, sie noch länger in meinem Unternehmen zu beschäftigen. Sie sind hiermit entlassen. Fristlos. Sie bekommen noch ein Empfehlungsschreiben von mir im Laufe des Monats."
Er faltete seine Serviette und ich konnte sehen, wie er es genoss, am längeren Hebel zu sitzen.
Mir klappte der Kiefer auf. War das sein Ernst? Ich brauchte doch den Job! Und vor allem eine gute Empfehlung für später.
„Das...kannst du nicht machen. Dafür hast du doch gar keine Rechtfertigung!"
Ich wurde lauter und einige der wenigen, bereits leicht abgetrunkenen Gästen, drehten sich zu uns um.
Er schlug mit der Faust auf den Tisch. „Das ist mit egal. Aufhetzung, Gewaltandrohung ich finde etwas, glauben sie mir Miss O'Connor."
Tränen stiegen mir in die Augen. Von einem Moment auf den anderen war mein sicherer Lebensunterhalt nicht mehr gesichert. Und das alles nur wegen dem verletzten Stolz eines Mannes.
Scheisse das konnte doch alles nicht wahr sein.
Ich sog tief die Luft ein und mir war schwindelig. Ohne weitere Worte schnappte ich mir meine Tasche und rannte so schnell ich konnte Richtung Türe.
Mein Herz pochte laut in meinen Ohren und ich war noch immer Fassungslos. Was war gerade passiert?
Ich stolperte auf die kalte Strasse und zog mir mit zitternden Händen die Jacke an.
Meine Zähne klapperten bereits nach wenigen Metern, ob vor Trauer oder Kälte war mir schwammig.
Ich spürte das Brennen in den Augen, während mir die Tränen die Wangen hinunterliefen.
Was lief nur falsch in meinem Leben. Ich verlor langsam alles und dazu sank ich immer tiefer in diese kriminelle Geschichte ein, wenn auch unfreiwillig. Und wo sollte ich hin? Ich konnte meine Wohnung ohne Job doch nicht bezahlen.
„Nimm ab."
Flüsterte ich und tippte mit verschwommener Sicht Ians Nummer ein.
Ich wusste nicht genau wieso ich ihn und nicht Kyran anrief. Vielleicht weil es mir peinlich war, vor Kyran zu weinen oder ihm zu erzählen wie ich gerade gefeuert worden war. Irgendwie auch seinetwegen. Also rief ich Ian an, dem ich alles erzählen konnte.
Und er nahm auch sofort ab.
„Hey Diana. Und wie lief es?"
Ich konnte das Weinen nicht mehr länger unterdrücken und schluchzte laut auf.
„Er hat mich gefeuert!"
Die Emotionen brachen aus mir heraus und ich heulte Rotz und Wasser. Wunderbarer Anblick für jeden Fussgänger, der mir entgegen kam.
So schockiert wie sie alle dreinblickten wurde mir bald klar, dass ich wohl auch so aussah wie ich mich fühlte.
„Ganz ruhig Diana, das kann er nicht wirklich machen."
Versuchte Ian, mich wieder etwas auf den Boden zu bringen.
„Doch! Er sagt er denkt sich was aus wenns sein muss! Was mache ich denn jetzt? Ich habe keinen Job mehr und..."
Ich stoppte mitten im Satz. Das mit Kyran und dem Geheimnis über Ians Familie wollte ich jetzt nicht öffentlich ausrufen. „Es ist mir einfach alles zu viel, ich weiss nicht was ich tun soll, Ian bitte hilf mir!"
Schniefte ich und kramte in meiner Tasche rum, um ein Taschentuch zu finden. Der kalte Wind zog mir um die Ohren und zerzauste meine Haare. Ich fror erbärmlich trotz des Wintermantels und die Blätter ab den Bäumen am Rand der Strasse ergossen sich beinahe in Strömen zu Boden. Es war eine stürmische Nacht und ich war noch eine schöne Strecke von meinem Zuhause entfernt. Na toll.
„Okay, darüber reden wir ein andermal. Geh jetzt nach Hause, Kuschel dich mit Poseidon ins Bett und lass mich dir helfen. Soll ich dich abholen? Ich könnte..."
Jemand berührte mich an der Schulter und ich drehte mich ruckartig um. Ich zuckte zusammen als ich ein männliches, grimmiges Gesicht direkt vor mir sah.
„Was wollen sie? Ich habe meinen Freund am Telefon und der ruft sofort die Polizei wenn..."
Das hatte ich gut eingeübt, für den Fall dass ich mal überfallen werden sollte. "Diana? diana ist jemand bei dir?" Ertönte Ians Stimme alarmiert aus dem Hörer. 
Doch der Mann schüttelte nur den Kopf und verdrehte die Augen. Er hatte eine Glatze, doch einen leichten Bartwuchs. Er wirkte wie ein Latino, zumindest liess seine perfekte bronzene Haut darauf schliessen. Genauso wie sein Akzent.
„Miss O'Connor, ich komme in Mr. Evils Auftrag, wenn das Treffen Schief laufen sollte, sollte ich Sie nach hause fahren."
Ich blinzelte. Kyran hatte also doch auf mich aufgepasst. Irgendwie süss aber auch unheimlich, da ich den Typen echt nicht bemerkt hatte.
„Diana, mit wem sprichst du?"
Ian klang unruhig.
„Da ist so ein Typ, er behauptet er soll mich nach hause bringen. Er sagt er kennt Kyran."
Misstrauisch beäugte ich den bulligen Mann in schwarzem Kapuzen Pulli und schlabbrigen Hosen.
„Sag ihm er soll seinen Namen nennen."
Ich blickte zu den Typ, der immer wieder aufmerksam die Strasse scannte. Als wäre ich irgend ein Promi, der vor Fans beschützt werden musste. Dabei war die Strasse wirklich vollkommen leer. Bis auf einige geparkte Autos und einige schnell daher eilende Fussgänger.
„Flavio Perrez."
„Hast du gehört?"
Ich hielt mir das Handy wieder ans Ohr und Ian hörte sich erleichtert an.
„Ich kenne ihn, du kannst ihm wirklich vertrauen. Lass dich von ihm nach Hause fahren und melde dich, wenn du dort bist, okay?"
Ich atmete langsam ein und wischte mir die Tränen von der Wange. „Okay. Danke Ian."
Murmelte ich.
„Und nicht vergessen dich zu melden, sonst drehe ich durch, ja?"
Ich musste leicht lächeln, was mit meinen verquollenen Augen wohl eher unheimlich aussah.
„Okay. Ich verspreche es."
Dann legte ich auf und Flavio deutete auf einen Wagen, der dem von Kyran ziemlich ähnlich sah.
„Gleich hier."
Ich nickte und versuchte, mit ihm Schritt zu halten.
„Tut mir leid, dass Sie meinetwegen keinen freien Abend hatten."
Versuchte ich, die Stille zu brechen und feine Atemwölkchen stiegen in die dunkle Nacht hinauf.
„Ist mein Job. Kommen Sie."
Antwortete er nur knapp und ich runzelte die Stirn.
„Ist gut." murmelte ich aber bloss. Ich war froh, endlich nach Hause zu können. zwar hatte sich mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, aber gerade wollte ich mich nur in mein Bett legen und Poseidon fest in meinen Armen halten. 
Wir hatten das Auto beinahe erreicht, als plötzlich lautes Quietschen ertönte.
Beinahe gleichzeitig fuhren mein neuer Bodyguard und ich herum. Ein schwarzer Minibus mit getönten Scheiben bog auf die Strasse ein.
Das Licht flutete die Strasse und blendete mich kurz. Ich hielt mir die Hand vors Gesicht. Der Motor heulte laut, während sie viel zu schnell die Strasse auf uns zuschossen.
Geschockt blickte ich auf das dunkle Auto, doch Flavio reagierte schnell.
In dem Moment als die Seitentüren des Wagens aufgeschoben wurden, packte er mich. „Runter!"
Schrie er und mein Herz gefror mir in der Brust.
Er drückte mich beinahe schon gewaltsam zu Boden, ich knallte hart auf und kurz blieb mir die Luft weg.
Trotzdem konnte ich noch mitverfolgen was passierte.
Flavio griff in die Tasche seiner Jacke und zog etwas schwarzes, metallisch glitzerndes heraus. Eine Waffe. Ich kam kaum dazu, geschockt meine Augen aufzureissen, als ich von lauten Knällen erschreckt wurde.
Ein Mann mit einem, durch eine schwarze Bandana, verhüllten Gesicht hatte etwas langes, grosses aus dem Wagen gestreckt und schoss nun auf uns.
Hatte ich das gerade echt gesehen? Es knallte unglaublich laut und ich drückte mich einfach so flach an den Boden wie es nur irgend möglich war.
Mein Herz pumpte Adrenalin in unerhörten Mengen durch meinen Körper und mein Atem flog mir über die Lippen.
Scheisse, ich war wie gelähmt, ich konnte mich nicht bewegen vor schreck.
Als die Schüsse von den Häusern zurück geworfen wurden und dann langsam verhallten hörte ich wie der Wagen mit stark quietschenden Reifen weiter vorne an der Strasse anhielt.
„Sie kommen zurück...scheisse Flavio wir müssen weg." kreischte ich in völliger Panik und rappelte mich wieder auf. Auf den Knien abgestützt strich ich mir die wirren Haare aus dem Gesicht und stiess einen lautlosen Schrei aus, der mir selbst dann noch in der Kehle stecken blieb.
Mein Magen drehte sich um und ich musste brechen. Mitten auf die Strasse.
Es roch sauer und alles um mich herum drehte sich.
Vor mir lag Flavio. Am Boden, um ihn herum breitete sich eine dunkle Lache am Boden aus, die rötlich schimmerte.
Sein Körper war von Kugeln durchlöchert, ich konnte die zerrissenen Stellen in seinem Pullover sehen.
Ich roch das Blut und schmeckte neben der Säure den metallischen Geruch auf der Zunge.
Unfähig irgendwie zu reagieren starrte ich ihn an.
Sein Gesicht war bleich geworden, um seine Augen herum sammelten sich Blutergüsse.
Sie waren offen. Seine Augen. Starrten mich direkt an und doch durch mich hindurch. Sein Blick war leer, der lebende Funken war aus ihm gewichen und liess nur eine zerbrochene, leere Hülle zurück.
Er war tot und seine toten Augen hatten mich genau fixiert.
Es gab zwei Arten von Menschen in solchen Situationen. Die, die nachdachten und einen plan in Sekunden zurecht legen konnten und solche wie mich. Deren Hirn wie leer gewischt war. Ich hatte noch nie zuvor einen Toten gesehen.
Und erst recht nicht so. Ich konnte meine Füsse nicht bewegen und das obwohl das Blut meine Schuhe bereits erreicht hatte.
Mir war noch immer schlecht und ich zitterte am ganzen Körper.
Dann hob ich den Blick und sah, wie dunkel gekleidete Männer den Lieferwagen verliessen, sie alle waren bewaffnet.
Die waren hinter mir her. Langsam begann mein Gehirn wieder zu arbeiten. Die wollten mich, wieso auch immer, sie jagten mich. Und sie würden mich wahrscheinlich töten. Vielleicht waren sie von Kyrans Vater geschickt worden. 
Panisch blickte ich auf die Männer, die mich gerade entdeckt hatten und sich laut Dinge auf irgend eine andere Sprache zuschrieen. Ich glaubte zu hören dass es spanisch war.
Ich musste jetzt reagieren. Komm schon Diana, du stirbst jetzt hier nicht elendig, ohne wenigstens zu kämpfen. Noch immer halb würgend liess ich mich auf die Knie fallen.
Weg rennen lag nicht mehr drin, eine Kugel in mein Bein und es würde mich bereits stoppen.
Ich kroch auf allen vieren und bebend vor Angst auf die Leiche vor mir zu.
„Es tut mir so leid, es tut mir so leid..."
Keuchte ich die ganze Zeit unter Tränen, während ich meine Panik unterdrückte und dem Toten seine Waffe aus der Hand nahm.
Entsichert war sie schon. Hoffentlich. Ich wusste nämlich nicht, wie man das machte. 
Das Metall war kühl und um einiges schwerer als ich gedacht hatte.
„Komm schon, wehr dich Diana. So einfach lässt du dich doch nicht umbringen."
Redete ich mir selbst zu und versuchte, nicht zu hyperventilieren.
Mein Herz hämmerte wie wild in meiner Brust und ich schwitzte. Kalten Schweiss. Angstschweiss.
Ich hob die Waffe und richtete sie auf die Männer. Sie kamen noch immer näher und die Waffe zitterte in meiner Hand als würde sie sich wie ein Fisch winden.
„Sch...Stop! Oder ich schiesse!"
Hysterisch kreischend drückte ich den Abzug. Sie alle machten keine Anstalten Halt zu machen und riefen sich weiterhin Dinge zu.
Ich hätte nicht gedacht, dass es so leicht war, eine Waffe abzufeuern. Doch es war nur ein Hebel. Und wenn man über die Konsequenzen eines solchen Schusses nicht nachdachte, war es wirklich einfach.
Ich schoss zwei, vielleicht auch fünf mal. Immer daneben, bis ich einen an der Schulter traf und er laut fluchend stehen blieb.
Stöhnend vor Schmerz lehnte er sich gegen einen Baum, die anderen kamen weiter auf mich zu.
„Du hast keine Patronen mehr, Princessa."
Eindeutig Spanien.
Panisch wanderten meine Augen von dem vordersten Mann zu meiner Waffe und wieder zurück.  Hatte er recht? Wollte er mich verwirren? Verdammt ich hatte keine Ahnung, ich wusste nicht weiter und war völlig am Arsch.
Ich zögerte, nur ganz kurz, doch einem Profi wie der es wohl war, reichte das. In zwei Sätzen hatte er mich erreicht und mir grob die Waffe aus den Händen geschlagen.
Ich riss die Augen auf und wollte aufspringen um die Flucht zu ergreifen, doch ich hatte keine Chance, hinter mir stand schon wieder ein anderer.
„Bitte...lasst mich ich habe doch nichts getan! Ich schreie!"
Drohte ich und atmete hektisch ein und aus, um verzweifelt an Sauerstoff zu gelangen.
Ohne mit der Wimper zu zucken richtete der Mann mit der Bandana und den bedrohlichen, dunkel eingefallenen Augen seine Waffe auf mich. Sie war grösser als die von Flavio.
Ich starrte sie an und verstummte sofort.
„Schön ruhig bleiben Princessa. Dann lebst du weiter. Fürs Erste."
Mein Brustkorb hob und senkte sich in einer unglaublichen Geschwindigkeit und alles in meinem Körper kribbelte vor Angst. So ein Gefühl hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie verspürt.
Das war Todesangst.
„Verstanden!"
Schnauzte er mich in gebrochenem Englisch an und ich nickte nur und blinzelte. Er durfte nicht schiessen, einfach nicht schiessen.
„Gut. Fessle sie und dann weg hier bevor die Bullen kommen. Oder der Teufel."
Er sah sich kurz um, während mir der Mann hinter mir mit einem rauen, starken Seil die Hände hinter dem Rücken zusammen schnürte. Er schnürte mir beinahe das Blut ab und ich biss die Zähne zusammen.
Der Teufel...das war Kyran, oder? Evil. Teufel. Ich war mir sicher dass sie damit auf seinen Nachnamen abgespielt hatten. Wegen wem sonst sollte ich in sowas verwickelt werden. Scheisse ich wünschte mir so sehr wieder bei Matthew am Tisch zu sitzen. Ich wäre überall gerade gerne gewesen.
Unsanft stiess mich der Mann vor sich her und zerrte mich dann in den schwarzen Kleinbus.
Bisher hatte ich solche Entführungen nur in Filmen gesehen. Es war so etwas surreales, unfassbares gewesen. Und jetzt passierte es mir. Jetzt gerade in diesem Moment wurde ich entführt.
Es passierte wirklich und als sie die Türe vor meinen Augen schlossen, drohte mein Herz auszusetzen. Denn ich wusste, dass ich mitten drin in einem echt grossen Problem steckte. Und das könnte tödlich enden.

Hold me close *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt