Kapitel 56 ~ Things I can't.

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SARAH'S POV

Trotz des langen Gespräches mit Liam in der Nacht, war ich am nächsten Morgen einigermaßen ausgeschlafen. Zumindest war ich nicht mehr so schlecht gelaunt, wie die Tage davor. Ich musste mich unbedingt noch einmal bei Liam bedanken, auch wenn es für ihn selbstverständlich war. Denn für mich war es das nicht. Es tat gut zu wissen, dass er trotz allem für mich da war. Und dass er mich einfach abgelenkt hatte, ohne weiter nach zu fragen, rechnete ich ihn hoch an. Klar, es tat auch gut mit Jade über alles zu reden, aber sie hätte alles genau wissen wollen oder hätte es schon von jemand anderen erfahren gehabt und wieder hätte sie mich wie alle anderen angeschaut: voller Mitleid.

Sobald ich mich fertig gemacht hatte, ging ich die Treppen herunter zu unserer Küche. Ich hatte noch ein wenig Zeit, bevor Jack los musste, weswegen ich mich in aller Ruhe an den Tisch setzte und mir ein Müsli zubereitete. Den neugierigen Blick meiner Mutter ignorierte ich geflissentlich und außer einem 'Guten Morgen' war auch nicht mehr von mir zu hören. Nachdem ich Freitags aus dem Krankenhaus gekommen war, hatte Anne ihr schon Bescheid gegeben gehabt, dass Harry aufgewacht war. Natürlich hatte sie sich gefreut, ist mir sofort um den Hals gefallen. Sie hatte gedacht, die Tränen wären vor Freude gewesen, doch als ich in haltloses Schluchzen ausgebrochen war, hielt sie mit ihrer Umarmung inne. Ich wollte in mein Zimmer, doch sie wollte unbedingt wissen was vorgefallen war. Meine Versuche, ihr zu erklären, dass ich nicht darüber reden wollte, waren kläglich gescheitert und ich erinnere mich nur noch, wie ich ihr mit Tränen überströmten Wangen ins Gesicht geschrien hatte, dass er sich an nichts mehr erinnerte und in mein Zimmer verschwunden war. Seit dem war ich auch nicht oft aus meinem Zimmer raus gekommen, ich hatte keinen Hunger, keinen Durst. Ich wollte nichts, außer schlafen. Denn im Schlaf vergaß man alles für einen kurzen Augenblick. Das einzige Problem jedoch war, dass der Schlaf nie kommen wollte. Und so lag ich stundenlang in meinem Bett, die Musik ohne Unterbrechung laufend und hatte nachgedacht. Denn auch meine Gedanken konnten keine Ruhe finden. Alles drehte sich um Harry. Und das tat es noch immer. Ich würde lügen, würde ich sagen, ich hätte mich damit abgefunden oder es würde nicht mehr so weh tun. Denn das tat es. Mit jeder Sekunde, die in dem Wissen verging, dass es kein uns mehr gab, schien mein Herz noch mehr zu brechen. Doch konnte ein gebrochenes Herz überhaupt noch brechen? Anscheinend schon.

Jetzt im Nachhinein tat es mir Leid, wie ich reagiert hatte. Sie konnte ja nichts dafür und wollte nur wissen, warum es mir so schlecht ging. Mein schlechtes Gewissen ihr gegenüber war ein weiterer Grund, warum ich den größten Teil des Wochenendes in meinem Zimmer verbracht hatte, obwohl ich mir sicher war, dass sie es mir nicht all zu übel nahm.

Ich saß am Tisch, rührte mit meinem Löffel in dem Müsli umher und sah zu, wie die Milch es immer weiter aufweichte. Schon alleine bei dem Gedanken, etwas zu essen, wurde mir schlecht. Doch ich wusste, dass ich keine Wahl hatte. Was hatte ich mir eingeredet? Ich wollte stark sein. Nein, ich war stark. Und dafür brauchte ich etwas zu essen. Wohl oder übel nahm ich also Löffel nach Löffel in den Mund, ignorierte, dass die Cornflakes schon viel zu aufgeweicht waren und aß einfach weiter. Nach knappen zehn Minuten kam auch Jack in die Küche. Ich spürte seinen Blick auf mir, traute mich nicht, hoch zu sehen. Hatte er nicht gesagt, er würde Harry etwas antun, wenn er mich noch einmal zum Weinen bringen würde? Dass er mich nie wieder so leiden sehen wollte, nur weil Harry nicht mehr da war? Ich fragte mich seit Freitag, wie er reagieren würde, ob er es überhaupt wusste. Sicher, die Situation war eine völlig andere und Harry verletzte mich nicht absichtlich, aber er tat es dennoch.

„Können wir los?“, fragte er vorsichtig. „Du siehst so müde aus, willst du vielleicht daheim bleiben?“
Ich schenkte ihm ein kraftloses Lächeln und stand kopfschüttelnd auf. „Mir geht es gut“, log ich und lief zur Tür, ohne ihm die Chance zu geben, irgendetwas zu erwidern.

The day you left meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt