Kapitel 52 ~ Pain demends to be felt.

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~ But you can lay with me so it doesn't hurt ~

HARRY'S POV

Dunkelheit. Nichts als Dunkelheit. Ein verschluckendes Nichts hatte Besitz von mir ergriffen. Ich spürte einen Druck in meinem Kopf, einen stechenden Schmerz in meiner Brust. Ich hörte leise Geräusche, Gemurmel, doch ich konnte nichts zuordnen. Meine Lider waren schwer, fühlten sich an, als wären sie aus Blei. So schwer, so müde. Dieses Nichts schien mich förmlich mit sich zu ziehen. So verlockend, so ruhig. So einfach wäre es, ihm nachzugeben. Doch irgendetwas ließ mich nicht loslassen, irgendetwas hielt mich fest. Aber ich war doch so erschöpft. Wäre es so falsch, loszulassen? Nur für einen kurzen Moment der völligen Stille nachzugeben? Die Geräusche wurden lauter, die Luft in meiner Lunge mehr. Mein Hals, so trocken, so schmerzhaft. Wenn ich Schmerzen verspürte, wäre es dann nicht besser, wieder zurück in die Dunkelheit zu gehen? Der Druck in meinem Kopf wurde stärker, schmerzhafter. Ich spürte etwas an meiner Hand, ein leichter Druck, eine leichte Berührung. Ich durfte nicht aufgeben, wer auch immer bei mir war, wartete darauf, dass ich aufwachte. Ich wollte doch niemanden enttäuschen.

Aber diese Schmerzen, so stark. Meine Lider, so schwer. Meine Augen, so müde. Ich hatte keine Kraft. Ein stechender Schmerz durchfuhr erneut meine Brust, Panik flammte in mir auf. Das musste aufhören. Gott, mach das es aufhört! Ich brauchte Hilfe, warum machte keiner etwas? Ich versuchte, auf mich aufmerksam zu machen. Ich versuchte zu schreien, die Augen zu öffnen, doch ich war noch viel zu schwach. Ich schaffte es, meine Finger ein wenig zu bewegen, doch nichts geschah. Niemand kam, um mir zu helfen. Ich war doch hier, warum half mir denn niemand? Warum musste ich diese Schmerzen ertragen? Bitte, ich schaffe das nicht!

Noch immer war da diese Berührung an meiner Hand. Wer das wohl war? Meine Mutter? Oder vielleicht mein Vater? Merkten sie denn nicht, wie ich litt? Ich versuchte abermals, die Aufmerksamkeit dieser Person auf mich zu lenken. Dieses Mal schaffte ich es, die andere Hand leicht zu drücken. Ich betete, dass etwas geschah, doch nichts passierte. So sehr ich auch hoffte, alles blieb ruhig. Die Geräusche waren nach wie vor da, ebenso wie die Schmerzen. Warum konnte ich nicht aufwachen? Was war passiert? Warum musste ich hier sein? Warum musste ich diese Schmerzen ertragen? Konnte mir denn niemand helfen? Wieder ein stechender Schmerz, dieses Mal im Kopf. Eine leichte Berührung an meiner Wange, die Geräusche wurden lauter. Ich konnte eine Stimme erkennen. Sie war weiblich, gehörte aber nicht zu meiner Mutter. Wer war bei mir? Die Stimme klang verzweifelt, doch ich konnte sie nicht zu ordnen. Das Mädchen bat um etwas, warum weinte sie? Weinte sie etwa um mich? Ein leises Schluchzen, gefolgt von einem flehentlichen Bitte. Wer auch immer das war sollte nicht um mich weinen. Ich war doch hier, ich bin doch nicht tot. Oder war ich das etwa? War das das Nichts, diese Dunkelheit, gewesen? Aber wieso konnte ich dann hören? Wieso konnte ich sowohl die Berührung als auch die Schmerzen spüren?
Es wurde immer unerträglicher, aber mit den wachsenden Schmerzen wuchs auch mein Bewusstsein. Ich nahm mehr wahr, spürte etwas in meinem Mund, in meinem Arm. Ich spürte etwas um meinen Kopf, noch immer diese Berührung an meiner Hand.
Ein letzter Schmerz, stechend scharf wie ein Messer und meine Lider begannen zu flattern. Ich musste aufwachen, ich musste die Kraft aufbringen. Die Berührung an meiner Hand war weg, sofort verspürte ich eine Kälte. Die Panik in mir wuchs, erst jetzt bemerkte ich, wie beruhigend es war, dass dieses Mädchen meine Hand gehalten hatte. Wo war sie hin? Ließ sie mich alleine? Wieder ein Geräusch. Jemand stotterte meinen Namen. Das Mädchen, sie fragte nach mir. Ich wollte sie sehen, aber ich war doch so schwach, so müde. Ein Schluchzen, nein das konnte nicht so weiter gehen. Ich musste meine Augen öffnen. Die Dunkelheit musste verschwinden.

Gleißend helles Licht schlug mir entgegen, tat in meinen Augen weh. Mit einem Mal erdrückten mich alle Schmerzen. Die, die ich davor verspürt hatte, waren nichts im Gegensatz zu diesen. Schmerzvoll keuchte ich auf. Mein Hals war so trocken. Ich wollte mich bewegen, doch unzählige Schläuche hielten mich davon ab. Was war passiert? Wo war ich? Wieso steckten so viele Schläuche in mir? Wieso hörten diese verdammten Schmerzen nicht auf? Ich wurde immer panischer, versuchte, alles aus mir zu reißen, doch ich war zu schwach. Mein Herz raste, was die Geräte neben mir zum verrückt Spielen brachte. Das Mädchen, es weinte. Es schrie nach Hilfe. Hatte sie Angst? Angst vor mir? Ich hatte viel zu große Panik, um mich weiter darum zu kümmern. Dieses Piepsen, es machte mich verrückt. Ich wollte das alles nicht in meinem Körper stecken haben. Warum half mir denn niemand? Warum machte niemand, dass es aufhörte?

Die Tür wurde aufgerissen, mehrere Leute stürmten herein. Zwei davon rannten auf mich zu, die andere zu dem Mädchen. Es begann jetzt haltlos zu weinen. Sie sollte nicht wegen mir weinen. Sie sollte nicht wegen mir leiden. Immer wieder schrie sie meinen Namen, schrie, dass ich sie brauchte. Tat ich das? Ich erinnerte mich an ihre beruhigende Berührung. Ich wünsche mir, sie würde mich in den Arm nehmen. Vielleicht würden die Schmerzen dann aufhören. Ich stöhnte erneut auf, ich hatte Angst. Was geschah mit mir? Was taten sie mit mir? Taten sie etwas gegen die Schmerzen? Warum hörte es dann nicht auf? Wieso dauerte es so lange? Verzweifelt schrie das Mädchen meinen Namen, weswegen ich wieder zu ihr schaute. Sie war bereits an der Tür, unsere Blicke trafen sich. Das tiefe Blau ihrer Augen brannte sich in meine. Sie weinte bitterlich, schrie, schlug sogar um sich. Und das wegen mir? In ihrem Blick lag so viel Schmerz, so viel Angst. Hatte ich ihr diese Schmerzen zubereitet? Ich wollte das doch nicht, sie sollte doch nicht wegen mir weinen. Es tat weh, sie weinen zu sehen. Mehr weh, als meine körperlichen Schmerzen. Sie sollte lachen. Auch wenn ich nicht wusste, wie ihr Lachen aussah, wusste ich, dass es wunderschön war. Sie war wunderschön.
Die zwei Schwestern hatten sie mittlerweile aus dem Raum gebracht, wann waren es zwei geworden? Ich erhaschte einen letzten Blick auf sie, bevor die Tür ins Schloss fiel und ich alleine war. So kam es mir zumindest vor. Eine plötzliche Einsamkeit überkam mich, was meine Angst nur noch vergrößerte. Der Arzt redete auf mich ein, doch ich konnte ihn nicht verstehen. Mein Kopf dröhnte, ich konnte an nichts denken, außer diese unsäglichen Schmerzen. Warum hörte es denn nicht auf? Ein heiserer Schrei entkam meiner Kehle, was meine Schmerzen nur verstärkte. Mein Hals war so trocken, wurde durch den Schrei wenn möglich noch trockener.Ich sackte in dem Bett zusammen. Zu schwach war ich, zu müde. Doch ich konnte nicht schlafen, konnte nicht wieder in diese Dunkelheit fallen. Was, wenn ich nächstes Mal nicht wieder aufwachen würde? Wenn ich meine Eltern, meine Schwester, nie wieder sehen würde. Wo waren sie? Wieso waren sie nicht bei mir? Und was war mit Louis? Es war doch nur ein kleiner Streit gewesen, oder etwa nicht? Wieder durchfuhr meine Brust ein Schmerz, mein Herz zog sich zusammen. Ich schrie auf vor Leiden, doch nichts änderte sich. Nichts wurde besser. Ich hatte plötzlich wieder dieses tiefe Blau vor Augen, sah ihre zierliche Gestalt vor mir, wie sie verzweifelt schluchzte. Ich spürte einen kleinen Stich in meinem Arm, wurde sofort noch müder. Meine Lider wurden wenn möglich noch schwerer, fielen wieder zu. Nein, ich konnte nicht wieder zurück in dieses Nichts. Ich hatte Angst, riesen Angst. Doch diese Müdigkeit war größer, zu groß. Ich schaffte es nicht mehr, meine Augen zu öffnen, musste sie geschlossen halten. War es jetzt vorbei? Nein, das konnte ich nicht zulassen. Ich würde wieder aufwachen. Ich würde kämpfen. Für mich, für meine Familie. Für sie? Ihr Gesicht war wieder in meinen Gedanken. Ihre schönen Augen, die geschwungenen Lippen. Ihre Haare, die ihr Gesicht perfekt umrandeten. Ihre Schönheit ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Doch über allem schwebte diese eine Frage: Wer war sie?

The day you left meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt