□ zwanzig □

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Erst, als unsere Uhren piepsten, wachte ich wieder auf. Es war schon etwas dunkler geworden.

Innerhalb von zehn Minuten waren wieder alle Mädchen bereit zum Weiterlaufen.

Harriet führte die Gruppe den geschlängelten Weg hinab. Ich musste wirklich aufpassen, auf dem staubigen Untergrund nicht auszurutschen.

Vor mir wären ein paar Mädchen schon fast hingefallen, wenn die anderen sie nicht rechtzeitig festgehalten hätten.

Ich hatte mittlerweile das Gefühl, dass meine Haare nur noch aus Staub bestanden. Insgesamt fühlte ich mich nichtmehr wohl. Durch den Schweiß klebte alles an mir und ich stank immer mehr.

Mein einziger Trost war es jedoch, dass es den anderen genauso ging wie mir.

Wir kamen momentan nur relativ langsam voran, da es etwas steiler geworden war und keiner riskieren wollte, zu fallen.

Es war schon viel dunkler geworden, was es uns nicht unbedingt leichter machte. Durch die dicken Wolken konnten uns die Sterne und der Mond auch kein Licht spenden.

Nach und nach waren immer mehr von uns auf die Idee gekommen, ihre Taschenlampen einzuschalten, was unser Tempo wieder etwas verschnellerte.

Nach einer zehn-Minuten-Pause ging es weiter bergab. Meine Uhr zeigte mir, dass es kurz nach Mitternacht war.

Wie wir es geschafft hatten, sechs Stunden durchzulaufen, war mir ein Rätsel, aber ich war sehr froh darum.

Um uns etwas erholen zu können, ließ uns Harriet im Schritttempo laufen, was meine Füße sehr freute.

Vor mir flüsterten einige der Mädchen, als wir durch einen verdorrten ehemaligen Wald kamen.

In Gedanken an Newt und die anderen hörte ich ein leises: "Tom!" Irritiert blieb ich stehen.

Hatte ich mir das eingebildet?

"Thomas!", hörte ich es wieder. Dann drehte ich mich zu meinem Bruder um, der ebenfalls stehengeblieben war. Die anderen Mädchen schienen davon nichts mitbekommen zu haben, da sie einfach weitermarschierten.

Ich sah hinter einem kahlen, weißen Baum eine Bewegung. Kurz darauf zeigte sich Teresa, woraufhin ich mich sofort verkrampfte.

"Teresa, was willst du?", fragte Thomas misstrauisch. "Ich muss mit dir reden. Alleine. Bitte, Tom.", flüsterte sie wieder.

Unschlüssig sah mein Bruder zwischen mir und Teresa hin und her. "Ich komme nach, ok?", versicherte er mir.

"Bitte pass auf dich auf und versprich mir, dass du rechtzeitig beim sicheren Hafen bist.", ich nahm meinen Bruder in den Arm.

Ich widersprach seiner Entscheidung nicht, da ich wusste, dass er Teresa noch nicht aufgegeben hatte.

Er lächelte mich an und nickte. Kurz entschlossen gab ich ihm einen Kuss auf die Wange und drehte mich um.

Dann rannte ich der Gruppe Mädchen hinterher, da ich nicht alleine laufen wollte.

Es fiel mir schwer, nicht umzudrehen und nach Thomas zu sehen. Ich vertraute Teresa schon lange nichtmehr, weswegen ich mir noch mehr Sorgen machte.

Nachdem wir gegen drei Uhr endlich wieder flachen Boden unter den Füßen hatten, ließ uns Harriet eine Pause machen.

Da Thomas noch nicht wieder da war, gesellte ich mich zu Sonya und Harriet. "Wo ist Thomas?", fragte mich die Blondine.

"Vorhin war auf einmal Teresa da und wollt...", weiter kam ich nicht, als ich plötzlich das Bewusstsein verlor und umkippte.

Irgendetwas musste mit Thomas geschehen sein, da war ich mir sicher. Diese miese, verräterische Teresa!

Vor mir saß der Rattenmann und sah mich streng an. Ich schätzte mich selbst auf ungefähr zehn Jahre.

"Gut Lilly, kommen wir zur nächsten Aufgabe:

Eine kleine Stadt, deren Eingangstor bewacht wird, erlaubt den Zutritt nur denjenigen, die ein bestimmtes Passwort kennen. Ein Spion legt sich auf die Lauer und lauscht.
Ein Mann will in die Stadt. Der Wächter fragt: "28, was ist deine Antwort?" Er antwortet: "14", und wird hereingelassen. Der nächste wird gefragt: "16, was ist deine Antwort?" Er antwortet: "8", und wird hereingelassen. Den nächsten fragt der Wächter: "8, was ist deine Antwort?" Der Mann sagt: "4", und wird hereingelassen.

Der Spion glaubt, genug gehört zu haben. Er geht zum Tor, und der Wächter fragt ihn: "20, was ist deine Antwort?" Er rät: "10", doch der Wächter antwortet: "Falsch. Ich darf dich nicht hereinlassen".

Welche Antwort wäre richtig gewesen?"

Mein kleines Ich dachte kurz nach und antwortete dann: "Sieben."

Der Rattenmann zog erstaunt die Augenbrauen hoch: "Das ist richtig, aber warum?"

"Das Wort zwanzig hat sieben Buchstaben, nicht zehn.", antwortete ich stolz.

Der Rattenmann grinste: "Sehr gut gemacht Lilly, du hast den Test bestanden!"

Wenige Sekunden später verschwamm die Erinnerung.

Langsam wurde ich wach. Es war wieder heller geworden. "Na endlich, jetzt müssen wir dich nichtmehr schleppen.", das war Harriet.

Verwirrt setzte ich mich auf und sah mich um: "Wo sind wir?" "Wir sind weitergelaufen, während du weg warst.", klärte mich Sonya auf.

Ich stand auf und lief jetzt neben den beiden her. Das Wetter hatte sich nicht verändert. Seltsam.

"Wie lange war ich weg?", wollte ich wissen. "Etwa drei Stunden.", meinte die Blondine nachdem sie auf die Uhr gesehen hatte: "Wir tippen stark darauf, dass Teresa wieder etwas mit deinem Bruder angestellt hat."

Ich nickte nur. Langsam nervte es mich echt, wie oft ich jetzt schon wegen Thomas ohnmächtig geworden war.

Es war gegen sechs Uhr, also hatten wir noch genau vierundzwanzig Stunden, um den sicheren Hafen zu erreichen.

Mein Blick schweifte über die trockene Einöde. Weit und breit rein Garnichts. Wir liefen und liefen, doch es kam mir so vor, als hätten wir uns nicht einen Millimeter bewegt.

Newt und die anderen Jungs mussten langsam in Sichtweite kommen, sonst würde es echt eng werden. Auch von Thomas war keine Spur zu sehen.

Wir machten eine kurze Pause und joggten dann weiter. Es war gegen zwölf Uhr, als eines der Mädchen etwas rief: "Da, das muss Gruppe A sein!"

Sofort blieb ich stehen und sah mich um. Tatsächlich. In der flimmernden Hitze konnte man mehrere Gestalten sehen, die auf uns zu gerannt kamen.

"Los kommt, wir treffen sie sowieso am sicheren Hafen.", trieb uns Sonya weiter. Sie hatte Recht, obwohl ich den Jungs wirklich gerne entgegengelaufen wäre.

Nach einer weiteren Stunde, ich hatte die Jungs fast nicht aus den Augen gelassen, blieb Harriet auf einmal stehen.

Ich kämpfte mich zu ihr: "Was ist los, wieso bleiben wir stehen?" Sie deutete auf einen Stock, der in etwa einem Meter Entfernung von ihr im Boden steckte. Am oberen Ende des Stockes wehte ein orangenes Fähnchen.

Langsam ging ich näher heran. Auf dem Fähnchen stand etwas. Ich hielt es fest und las es laut vor, sodass es jeder hören konnte: "Der sichere Hafen."

Worst Lie [Newt FF]Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ