Mir blieb die Luft weg. Wir hätten damit rechnen müssen.
Ich konnte einige Schluchzer hören. Dieser dunkle, enge Tunnel machte mich fertig. Ich wollte hier raus und zwar schnell.
"Wir müssen weiter! Dieser Gestank ist ja nicht auszuhalten. Sonya, Lilly, ihr bildet wieder das Schlusslicht.", die kalte Stimme von Teresa erschreckte mich. Es waren gerade zwei von uns gestorben und sie klang so, als wäre nichts passiert.
Dann drängelte sie sich an mir vorbei und übernahm wieder die Führung. Die anderen Mädchen folgten ihr stumm. Bevor Sonya und ich losgingen, warfen wir uns einen deutlichen Blick zu, der Teresa töten müsste, wenn Blicke denn töten könnten.
Unser Tempo hatte sich nach unserem Kampf verlangsamt, da jeder mit seinen Nerven am Ende war.
Gegen Mitternacht ließ Teresa uns endlich hinlegen, wobei vermutlich niemand an Schlaf dachte.
Während ich wach, aber mit geschlossenen Augen dalag, dachte ich nach.
Die schwarzen Adern, die sich über die Haut der Cranks gezogen hatten, hatten mich an irgendetwas erinnert. Mein Kopf ratterte, als ich weiter in meinen Erinnerungen grub.
Ja, Alby! Und Ben! Das war es! Er hatte auch solche Adern, nachdem er gestochen worden war. Aber wo waren da die Zusammenhänge? Dann fielen mir die Worte des Rattenmanns wieder ein.
Er hatte etwas von einer Krankheit - Dem Brand, erzählt. Geschah das mit Menschen, die Der Brand befallen hatte? Wurden sie so verrückt, wie diese Frau?
Aber was war dann mit Alby? Ihn konnten wir mehr oder weniger heilen. Ich verstand im wahrsten Sinne des Wortes die Welt nichtmehr.
Dann schoss mir ein weiterer Gedanke in den Kopf. Wie zum Teufel war es möglich, dass wir an einem Tag locker zwanzig Meilen geschafft hatten, und jetzt immer noch kein Ende des Tunnels in Sicht war? Das war doch garnicht möglich, wenn die Streckenangaben vom Rattenmann stimmten. Oder wieder eine Variable ... gut möglich ...
Nach mindestens einer Stunde, inder ich nur herumgegrübelt hatte, schlief ich schließlich doch ein.
Ich sah Thomas, Sonya, Minho, Pfanne, Newt, alle anderen Lichter und die Mädchen aus Gruppe B, wie ihre Gesichter vor mir auftauchten, etwas flüsterten und dann wieder verschwanden. Alle hauchten das Gleiche: "Du bist eine Mörderin, Lilly. Eine Mörderin."
Immer und immer wieder dasselbe, bis Thomas' Gesicht länger zu sehen war: "Denkst du, ich will dich als meine Schwester bezeichnen müssen? Eine Mörderin?"
Dann verschwand er und Newt tauchte auf. Er schwebte einfach nur vor mir, sagte nichts. Der Blick, den er mir zuwarf, sagte aber alles. Irgendwann wandte er sich ab und ging. Newt! Aus meinen Augen strömten Tränen.
"Lilly, wach auf!", weckte mich Sonya: "Du weinst und rufst die ganze Zeit nach Newt. Was ist los?"
Als ich mich einigermaßen gefangen hatte, setzte ich mich auf und sah mich um. Fast alle der Mädchen sahen mich bemitleidend an. Erst jetzt spürte ich meine nassen Wangen.
Sonya kniete vor mir und sah mich ruhig an. "Ich bin eine Mörderin, Sonya.", das war das Erste, was ich rausbrachte: "Ich habe Menschen umgebracht."
"Hey, das war Notwehr. Und außerdem habe ich auch Menschen umgebracht. Hätten wir uns nicht verteidigt, wären wir alle gestorben. Du hast das Richtige getan, ohne dich wären wir alle tot.", versuchte sie mich zu beruhigen.
Verzweifelt sah ich zu den anderen Mädchen. Alle nickten und lächelten mir schüchtern zu. "Danke.", seufzte ich.
"Können wir jetzt weiter, du Heulsuse?", giftete Teresa mich an. "Teresa, es reicht!", verteidigte mich Harriet, worüber ich sehr dankbar war.
Als wir aufbrachen, konnte ich hören, wie über uns der Wind pfiff. Es war ein unheilvolles Geräusch. So, als wenn der Wind durch die undichten Fenster eines Gruselhauses heulte.
Ein Schauder überkam mich. Wenn wir hier unten sogar schon mitbekamen, dass es draußen stürmen musste, wie ging es dann gerade den Jungs?
Wieder überkam mich die schreckliche Angst, dass ihnen etwas passieren könnte. Ich zwang mich dazu, nicht darüber nachzudenken. Mittlerweile war es schon wieder fünfzehn Uhr.
Wir hatten zwischendurch eine Pause eingelegt und waren dann wieder weitergelaufen. Etwas anderes konnten wir ja auch nicht tun.
Cranks oder Ähnlichem waren wir nichtmehr begegnet. Zum Glück. Das Heulen des Windes war lauter geworden und auch Donner konnte man ab und zu hören.
Nur das Prasseln des Regens blieb aus. Jetzt waren wir schon fast den dritten Tag unterwegs und hatten, von der Pause bei der alten Hütte abgesehen, nur diesen langen, feuchten Gang gesehen.
Im Vergleich zu Gruppe A, wie Teresa sie immer nannte, mussten wir es echt leicht haben. Die Jungs kämpften da oben bestimmt jede Minute um ihr Überleben.
Bei diesem Gedanken schämte ich mich. Lieber würde ich mich an der Oberfläche der Brandwüste herumschlagen, als hier unten festzusitzen und mir die Befehle von Teresa anzuhören.
Ein lautes Krachen riss mich aus meinem Trübsal-blasen und ließ mich zusammenzucken.
"Was, meint ihr, war das?", flüsterte jemand. Die Gruppe war vor Schreck stehengeblieben.
"Vielleicht ein Blitz?", vermutete jemand anders. "Das muss aber ein krasser Blitz gewesen sein.", mutmaßte Harriet.
"Egal, wir müssen weiter.", drängte Teresa. Auch Harriet und Sonya sahen jetzt schon genervt von ihr aus. Zumindest war ich nichtmehr alleine.
Immer mehr dieser Megablitze schlugen auf die Erde ein. Und wieder dachte ich an die Jungs.
Das nächste Krachen war wesentlich näher und lauter. Ein ängstliches Raunen ging durch die Gruppe. Unser Tempo hatte wieder zugenommen.
Jetzt rasten wir schon fast durch den Tunnel. Von der Angst getrieben verlangten die Mädchen auch nicht nach einer Pause, die längst überfällig war.
Seit einiger Zeit hatten wir schon keinen Blitz mehr gehört. Ich dachte schon, dass das Gewitter vorbei war, als ein so lauter Knall ertönte, dass ich dachte mir würden die Trommelfelle platzen.
Wieder waren wir stehengeblieben. Es herrschte Stille, aber man konnte die Elektrizität in der Luft schon fast greifen.
Instinktiv sahen wir alle nach oben. Plötzlich, so schnell, dass ich es kaum mitbekam, breitete sich ein riesiger Riss in der Decke aus.
Wenige Sekunden später schrie jemand: "Achtung!" Dieser Jemand war Fiona. Mit all ihrer Kraft schubste sie die Mädchen vor und hinter ihr von sich weg.
Wie Dominosteine stolperten sie davon und schubsten so ihren Hintermann an, der dann auch anfing zu stolpern. Keine zehn Sekunden später lagen Sonya und ich unter einem Haufen verwirrter Mädchen.
Dann brach ein Teil der Decke ein und begrub Fiona unter sich. Eine riesige Staubwolke umhüllte mich. Alle fingen an zu husten und versuchten aufzustehen. Nachdem ich wieder frei war klopfte ich mir die Hose ab und hustete mir, wie die anderen, die Lunge frei.
Als sich die Staubwolke einigermaßen gelegt hatte, sah ich mich um. Fast alle Mädchen hatten sich wieder aufgerappelt und musterten ihre Umgebung.
Ich half Sonya auf, die noch am Boden lag, und fragte, ob bei ihr alles ok sei. Nachdem sie genickt hatte, ging ich zu der Einsturzstelle.
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Worst Lie [Newt FF]
Fanfiction[Teil 1: Worst Case] Teil 2: Worst Lie; 26.898 Wörter [Teil 3: Worst Zone] Lilly und die Lichter konnten aus dem Labyrinth entkommen und wägen sich jetzt in Sicherheit. Doch sind sie es wirklich? Ein riesiges Netz aus Lügen, Täuschungen und Erinner...
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