2. Kapitel

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Kyungsoo's POV:

"Jongin, er ist ein Junge"
Chanyeol hatte mich genau einen Moment lang angesehen und dann schallend angefangen zu lachen, wobei seine tiefe Stimme die angespannte Aufmerksamkeit der Schüler auf dem weitläufigen Kampus auf uns zog. Ein eiskalter Schauer lief  mir augenblicklich meinen schmalen Rücken hinunter und ich konnte förmlich spüren, wie sich jedes einzelne Haar auf meinen Armen langsam, wie in Zeitlupe, aufstellte. Er lachte aber nicht, weil er gemein war, sondern eher, weil er es amüsant fand.
Wie eine Zirkusattraktion, wobei ich der kleine Welpe vor dem großen, ausgewachsenen Löwen war.
Ich spürte, wie die krustige, alte Rinde der Trauerweide an meinen blassen Fingern entlangschabte, als ich meine Finger langsam sinken ließ und genau darauf bedacht war, Jongin nicht zu beachten, der mich durchdringend anstarrte. Unsere Blicke trafen sich. Seine dunkelbraunen Augen waren direkt auf mich gerichtet und ein leichter, ungläubiger, verwirrter Schimmer legte sich wie ein seichtes Tuch über seine Augen, bis er es wegblinzelte und ich wie vom Blitz getroffen einen Schritt zurück trat und nur hoffte, nicht über eine dieser modernen Schulterstofftaschen zu stolpern. Den ob ihr's glaubt oder nicht, von nahem sah er sogar noch besser aus.
Seine tiefe, sanfte Stimme ließ mich augenblicklich inne halten, als er seinen kantigen Kopf nach rechts zur Seite drehte und Chanyeol milde schief anlächelte, wobei er eine seiner Mundwinkel seiner schön geschwungenen Lippen etwas weiter hochzog als die andere.
"Na und? Er war der Erste, der diesen Monat meine Trauerweide berührt hat.
Mein Versprechen gilt"
Chanyeol hob fragend eine schön geschwungene Augenbraue, grinste dann aber nur sein Happy-Virus typisches lächeln und kam mit großen, nicht ganz so eleganten Schritten auf mich zu, wobei ich seine langen Beine beobachtete und endlich verstand, was Baekhyun so anziehend - neben seinem Charakter und lächeln - an ihm fand. "Hey, ich bin Park Chanyeol und Jongin's besser Freund" , sagte er mit tiefer, kehliger Stimme, wobei er sich tief verbeugte und mein Blick zuerst an seinen feuerroten, gefärbten Haaren hängen blieb, bis ich diese Geste ebenfalls erwiderte.
"Do Kyungsoo"
Noch während er sich verbeugte, hob er dabei sein strahlendes Gesicht an und sagte mit vor Vorfreude leicht brüchiger Stimme: "Na das dürfte ja mal lustig werden, warum hast du das gemacht?"
Warum hab ich das gemacht...
Ich biss mir zaghaft auf meine volle Unterlippe und blickte nachdenklich zu Jongin hinauf, der mich die ganze Zeit von der Seite beobachtet hatte. Was er wohl in mir sah...
Das ist jetzt egal. Der Grund, warum ich bei diesem Spiel mitmache ist der, dass Chanyeol sein bester Freund ist, was bedeutet, wenn ich Zeit mit Jongin verbringe, dass ich somit auch näher an Chanyeol rankommen würde und ihm könnte ich dann Baekhyun vorstellen. Denn nun waren wir Jongin und Chanyeol's Gruppe viel näher als jemals zuvor. Oder wir machen sowas gruppenmäßiges, wobei ich die beiden irgendwo einsperren könnte...
Was bin ich nicht für ein sozialer Mensch?
Aber diese Erklärung könnte ich ihm jetzt niemals im Leben geben...
Ich räusperte mich, da mich einerseits Jongin's neugieriger Blick und andererseits mein nicht ganz durchdachter Plan etwas nervös machte, doch ich straffte meine Schultern und sah Chanyeol direkt ins erwartungsvolle Gesicht, als ich mit fester, tiefer Stimme antwortete.
"Weil ich Jongin einen ganzen Monat nur für mich haben will"
Und das war der Moment, wo ich zum aller ersten Mal seit ich auf diese Schule ging, Park Chanyeol sprachlos sah.
Das laute, schrille Klingeln der Schulglocke, die aus den alten, rostigen Anlagen erklang, die überall auf dem Kampus angebracht waren, rettete mich gerade so noch vor einer peinlichen Antwort.
Ich schulterte sorgfältig meine schwarze Tasche und sah ein kurzen Moment zwischen Chanyeol und Jongin hin und her bis mein Blick auf letzterem hängen blieb.
"Ich muss zu meinem Lateinkurs. Mir ist Schule einigermaßen wichtig, weswegen ich nicht zu spät kommen möchte. Wir sehen uns also...später?" Ich sah dabei dem Blonden direkt in die Augen, um meine Aussage zu verdeutlichen, doch als ich geendet hatte, grinste er mich nur ebenfalls schief an, was mein Herz zum Stolpern brachte. Ich hielt stockend den Atem an. Ich weiß, ich bin ein Junge und so...
Aber wer von so einem Model angelächelt wird und nicht aus der Bahn gerät muß irgendeine Störung haben...
Oder Katzensexuell sein.
Er fuhr sich mit einer lässigen, unbewussten Geste durch sein dichtes, schimmerndes Haar und griff mit seinem langen Arm nach dem Träger meiner neuen, schweren Tasche und striff sie langsam meinem Arm herab.
"Ich bin seit einem halben Jahr in deinem Lateinkurs. Ich begleite dich"
Er nahm mir meine Tasche mit einem dann doch etwas schüchternen Lächeln ab und schulterte sie.
Was mich wiedermal total aus der Bahn warf und ich wollte sie mir gerade zurückholen, als ich ein paar zarte, lange Finger um meinen starken Oberarm fühlte.
Baekhyun lächelte mich wissend und dankbar von der Seite an.
"Komm, Kyungie" und dann senkte er etwas seine volle Stimme und flüsterte mir leise ins Ohr, "Danke, ich werde dir das niemals wieder gutmachen können"
Einen kurzen Moment sah ich ihn verblüfft an, immerhin sind wir doch Freunde.
Doch daraufhin zuckte ich nur kurz mit meinen schmalen Schultern und drehte mich zum rießigen, aus weißem Granit erbauten Gebäude in dem der Literatur-Kurs statt fand und vergaß dabei komplett, dass ich meine Tasche nicht mehr trug.

15 Minuten später:

Ich ließ mich wie ein gefüllter Sack Kartoffeln einfach auf meinen alten, knarzenden Stuhl sinken und kniff angestrengt meine Augen zusammen. Ich sollte mir endlich einmal eine Brille besorgen, wegen meiner Kurzsichtigkeit werde ich nun schon Satan genannt, weil ich immer den Kopf senkte und meine Augen zusammen kniff, um besser sehen zu können.
"Auf der Tafel steht: Morgen Kurztest 45 Minuten" , flüsterte mit Baekhyun im raschen Tonfall in mein Ohr und setzte sich direkt neben mir hin und breitete seine Bücher ungeordnet wie immer vor ihm auf den Tisch aus.
Warum Baekhyun ausgerechnet Literatur gewählt hatte, blieb allen ein Rätsel.
Ich bückte mich nach unten, um nun ebenfalls meine Bücher im Gegensatz zum Chaoten ordentlich auf den Tisch zu legen, bis mir eine wichtige Sache auffiel.
Jongin hatte noch meine Tasche!
Den ganzen Weg bis hierher hatte ich mich mit Baek über heute Nachmittag unterhalten und Jongin eigentlich so gut wie komplett vergessen.
Ich hielt erschrocken inne bis zwei komplett schwarze paar Schuhe vor mir stehen blieben, die in endlos langen, dünnen Beinen steckten.
"Deine Tasche Kyungie", erwiderte Jongin mit leiser, tiefen Stimme als er Baekhyuns Spitzname für mich übernahm und meine Tasche vor mir fallen ließ.
Ich schnappte sie mir wie von der Tarantel gestochen und richtete mich kerzengerade auf, als er am Tisch neben mir elegant wie ein Tänzer Platz nahm und mich zaghaft anlächelte.
Baekhyun kicherte neben mir wie ein verrückter, hirnloser Teenager.
"Danke, ich hab's total vergessen"
Was eigentlich so garnicht zu mir passte.
Ich war Herr meiner Dinge und wusste genau, wo alles war.
Vielleicht klingt das ein bisschen kontrollsüchtig, aber so war ich nun mal.
"Du gewöhnst dich schon noch dran", sein lächeln wurde nun sicherer und breiter und er bückte sich nun ebenfalls nach vorne, um seine Bücher auf den Platz zu legen, wobei mir sein schlanker, aber doch muskulöser Körper um so mehr auffiel.
Und dann hörte ich es.
"Er ist Schwul" "Omg er mag Männer" "Ist der widerlich" "Er zwang Jongin..."
Jeder Muskel spannte sich von der einen bis zur nächsten Sekunde komplett an und ich biss mir zwanghaft in die Wange, um nicht irgendwie überzureagieren. Ich wollte das nicht, dass Leute über mich tuschelten, über mich redeten oder nur über mich dachten.
Ich will bloß meinen Schulabschluss und mehr nicht.
"Hey K'soo"
Ich drehte meinen Kopf ruckartig zu Jongin, der mich sachte an meiner Schulter angetippt hatte.
Langsam rückte er mit seinem Stuhl etwas weiter nach vorne, wobei er leise zu quietschen begann, was aber im Lärm der Schüler unterging.
"Was?", meine Stimme war gebäudefest wie immer, nur der etwas tiefere Ton verriet meine abgehaltene Wut.
Er hob bedacht seine klobige Hand, wobei er kurz zusammenzuckte. War er etwa... Nervös?
Er biss sich auf die Unterlippe und griff daraufhin sachte nach meiner schmalen Hand, die in seiner Hand durch den Kontrast seiner bronzefarben Haut blasser wirkte als sonst.
Ich blickte zu ihm auf.
Seine Augen waren etwas geweitet, ein leicht ängstlicher, nervöser Ausdruck huschte über sein Gesicht, doch dann lächelte er mich sanft an und hob meine Hand vorsichtig an seine Lippen und hauchte mir einen hauchzarten Kuss auf meine Porzellanfarbenen Fingerknöchel.
Ich hielt den Atem an.
Er schloss langsam seine dunklen, warmen Augen und murmelte sanft gegen meine Finger "Hör nicht auf sie. Wir stehen über ihnen"
Eine glucksende Stimme schnitt ihm das letzte Wort ab.
"Na ihr Gay-Lords?"

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Das ist länger geworden, als sonst aber... Was soll's :"3
Danke an alle die meine FF lesen und ich hoffe sie gefällt euch bisher :3
Ich würde mich auch sehr über Promo freuen.
Nächstes Kapitel kommt dann etwas mehr Action ~

One Month [EXO Kaisoo FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt