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Rhaenys

Als ihr geliebter Ritter, dem sie ihr Leben verdankt und der sie all die Jahre geliebt und beschützt hat wie eine eigene Tochter, ohne sie den Königsweg zurückreitet, kommen dem Mädchen die Tränen. Lord Boltons Hand auf ihrer Schulter muntert sie nicht im Geringsten auf, eher im Gegenteil. Der Lord von Grauenstein ist ein älterer, hagerer Mann mit harten Gesichtszügen und kühlen Blick. Er strahlt keinerlei Freundlichkeit aus, weswegen sein Griff ihr eher eine Gänsehaut bereitet als beruhigend wirkt.

Lord Bolton dreht sie zu sich und schaut ihr ins Gesicht. Seine Hand streicht ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und er versucht sich an einem Lächeln.

„Eure Schönheit ist bezaubernd, Mylady. Und Euer Name zeigt von einer alten Macht. Willkommen auf Grauenstein, ich hoffe, dass Ihr Euch hier wohl fühlt. Mein Sohn wird Euch nachher zum Essen abholen. Derweilen könnt Ihr Euch auf Euren Gemächern frisch machen und Euch etwas ausruhen.", sagt Roose Bolton und führt sie in das Innere der Burg. Dort wartet bereits ein äußerst hübsches Mädchen, die sich vor ihrem Lord verbeugt und sich dann lächelnd zu Rhaenys dreht.

„Mylady, dass ist Myranda. Sie wird Euch als Eure Zofe dienen. Solltet Ihr noch etwas brauchen, zögert nicht nach mir rufen zu lassen". Für den Lord scheint die Sache nun erledigt zu sein. Ohne ein weiteres Wort geht er davon und Rhaenys wird von Myranda in einen Raum geführt, der ihr sofort gefällt. Obwohl ihre Gemächer recht klein sind, ist sie entzückt von den dunklen Zirbenholzmöbeln, dem großen Bett mit zahlreichen Fellen und Decken und von dem Kamin, in dem ein Feuer brutzelt und wodurch der Raum angenehm warm ist. Sie kniet sich vor den Kamin auf den Teppich und wärmt sich die kalten, steifen Finger. Myranda öffnet einen Schrank und holt ein Kleid aus dunkelgrüner Seide heraus.

„Das hat sich Lord Bolton für euer erstes Treffen ausgesucht. Ist es nicht wundervoll? Ich habe Euch ein Bad eingelassen, folgt mir bitte.", spricht Myranda und zeigt ihr den Weg in das Badezimmer. Rhaenys steigt in eine Wanne voll heißem Wasser, das angenehm nach Lavendel riecht. Während Myranda die Targaryen vorsichtig mit einem Schwamm abschrubbt, erkundigt sich Rhaenys: „Wie ist Ramsay Bolton denn so für ein Mensch?".

„Ich will Euch keine Angst machen, Mylady, und schon gar nicht will ich schlecht über den Sohn meines Lords reden, aber Ramsay ist ein schwieriger Charakter. Er liebt es zu jagen und auf keinen Fall sollte man ihn langweilen. So manche Frau fand schon den Tod, als Ramsay kein Interesse mehr an ihnen hegte.".

Trotz der Hitze des Wassers beginnt Rhaenys bei diesen Wörtern zu frösteln. Sie dreht den Kopf, um dem Mädchen ins Gesicht zu schauen.

„Ich soll seine Frau werden. Wird er mich den lieben können?".

Myranda schweigt und seufzt leise auf. Sie weicht den Blick ihrer Lady aus, also fügt Rhaenys hinzu: „Mein ganzes Leben lang träume ich von einem starken, liebevollen Mann, dem ich Kinder schenken kann, der mich am Abend in den Schlaf schaukelt und mit dem ich glücklich sein kann, bis wir alt und runzlig sind. Wenn ich sterbe, will ich meine Kinder und meine Enkelkinder um mich herumhaben und glücklich auf meine gemeinsame Zeit mit meinem Ehemann zurückdenken können.".

Myranda lächelt mitleidig und antwortet: „Ich fürchte, da werdet ihr enttäuscht werden, Mylady. Solche Männer gibt es nicht und selbst wenn es sie gäbe, wird nicht Ramsay derjenige sein, der Euch in den Schlaf schaukelt. Ich kann Euch nicht sagen, ob er Euch lieben wird. Das liegt ganz in Eurer Hand.".

„Aber unsere Kinder wird er lieben können, oder?".

„Bestimmt, Mylady. Aber seht ihn Euch doch einfach mal an. Vielleicht gelingt Euch etwas, was bisher noch niemand geschafft hat.".

Rhaenys antwortet nicht, sondern lehnt sich in der Wanne zurück und schließt die Augen. Sie fürchtet sich jetzt nur noch mehr auf die erste Begegnung mit ihren Verlobten. Innständig hofft sie, dass Ramsay vom Aussehen her nicht nach seinem Vater kommt, obwohl ihr ihr Ritter immer beigebracht hat, dass gutes Aussehen nicht das Wichtigste ist. Ein guter Charakter ist mehr wert als Gold, sagte er ständig.

Myranda beginnt nun, ihr die Flechtfrisur aufzumachen und wäscht ihr vorsichtig das lange Haar. Sie beginnt, ihr die Kopfhaut einzumassieren, weswegen Rhaenys schon bald eindöst.


Jon

Es ist dunkel und kalt. Eine Haarsträhne kitzelt ihm am Ohr, doch als er den Arm heben will, um sie zurück zu streichen, bemerkt er, dass er sich nicht bewegen kann. Ein dickes Seil, welches um seinen Körper gebunden wurde, verhindert all seine Bewegungen und sollte er es doch versuchen, wird er mit einem heftigen Schmerz bestraft. Jon spürt, wie ihm das Blut an Hand-und Fußgelenken abgeschnitten wird. Auch sein Kopf droht zu explodieren, trotzdem versucht er sich zu erinnern was geschehen ist.


Eben war er noch mit Robb jagen, scherzte mit ihm über Robbs Art ein Kaninchen zu häuten und probierte ein paar Waldbeeren, die allerdings zu sauer waren. Doch dann hörte er plötzlich Robbs ausgelassenes Pfeifen nicht mehr. Jon erinnert sich nur noch daran, dass er sich suchend nach ihm umsah. Was danach geschah weiß Jon nicht mehr, sosehr er auch versucht an seine Erinnerungen zu kommen. Jon seufzt frustriert auf und lehnt seinen Kopf gegen die kalte Steinmauer. Prüfend zieht er an seinen Fesseln, doch sie sitzen bombenfest. Erst nachdem er erneut geseufzt hat, stutzt er. Siedend heiß fällt ihm ein, dass er nicht weiß, was mit seinem Vetter passiert ist.

Er hofft inständig, dass Robb es gelungen war zu fliehen, aber dann hätte er Jon bestimmt nicht zurückgelassen. Also flüstert er in die Dunkelheit: „Robb? Bist du da?".

Er bekommt zwar keine Antwort, aber er bildet sich ein ein leises Atmen zu hören. Vorsichtig bewegt Jon seinen Fuß und tastet den Boden um sich herum ab. Schon nach wenigen Sekunden ertastet er einen Körper und tippt ihn an. Die Folge ist ein leises Stöhnen, was Jon dazu bewegt erleichtert aufzuatmen. Zwar ist ihre Lage im Moment äußerst aussichtlos, aber wenigstens ist er nicht allein.

Die nächsten Stunden, jedenfalls glaubt Jon dass es sich um Stunden handelt, verbringt er damit, immer wieder Robb anzustoßen und seinen Namen zu flüstern. Mittlerweile traut er sich sogar laut zu sprechen, denn noch ist niemand gekommen. Allerdings wird es immer noch ungemütlicher in der eiskalten Zelle. Der Hunger meldet sich bei ihm und auch seine Blase müsste entleert werden.
Doch mit jeder Minute, die vergeht, wächst auch seine Sorge um Robb. Jon fragt sich mittlerweile, weshalb sein Vetter nicht aufwacht. Ob sie ihn wohl schwerer verletzt haben als ihn?

Fieberhaft überlegt Jon, was er nun tun soll, oder ob er überhaupt etwas tun kann, als plötzlich Licht die Zelle durchflutet. Jon kneift die Augen zusammen und blinzelt danach, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt haben. Im Türrahmen steht eine grimmig dreinblickende Wache, auf dessen Rüstung der Löwe der Lennister eingraviert ist.

Jons Blick verfinstert sich. Natürlich, die Lennisters.

Wer den auch sonst?


Fear- Game Of ThronesWhere stories live. Discover now