《4》

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Namjoon

Es dauerte eine Weile bis ich mit dem Weinen aufgehört habe.
Meine Eltern wollten nur Normalität in meinen Alltag bringen, doch ich muss es natürlich vermasseln und mich wieder in meinem Zimmer verkriechen.

Nachdem es kurz wieder gegen meine Zimmertür klopft, höre ich, wie die Tür bereits zum zweiten Mal an diesem Tag geöffnet wird.

"Namjoon? Können wir reden. So von Vater zu Sohn", sagt Hyojin und sorgt allein damit für ein winziges Lächeln auf meinem Gesicht.

Hyojin hatte schon immer die Vaterrolle für mich übernommen. Während Hani mich in Klamotten gesteckt hat, um Modeshows für mein Baby Album zu machen, hat Hyojin mit mir im Schlamm gespielt. Selbstverständlich nicht zur Freude von Hani.

"Worüber willst du reden?", frage ich sie anstelle zu antworten.

Leise setzt sich Hyojin neben mir auf mein Bett und starrt genauso, wie ich, an die weiße Wand gegenüber von uns.

"Diese Albträume sind keine Albträume, stimmt's? Du denkst immer noch an Seokjin", sagt sie einfühlsam.

Das war keine Frage von ihr. Mehr eine Feststellung. Erstaunlich sehe ich sie wortlos an. Leugnen hat sowieso keinen Zweck.

"Ist das so offensichtlich?", frage ich seufzend.

Für meine Eltern bin ich leider, wie ein offenes Buch.

"Weiß ich nicht. Für eine Frau mit Verstand wahrscheinlich schon", lacht sie leise und legt ein Arm sanft um meine Schulter. "Du vermisst ihn halt. Das ist doch verständlich. Ihr konntet euch nicht mal richtig voneinander verabschieden. Die Welt bricht immer zusammen, wenn man seinen besten Freund verliert."

Es wäre eine Sache gewesen, wenn wir nur miteinander befreundet gewesen wären.
Allerdings wurde uns spätestens in der Mittelstufe bewusst, dass beste Freunde sich nicht gerne küssen. Trotzdem machten wir damit weiter.

"Aber das ist schon Jahre her. Eigentlich sollte ich schon längst darüber hinweg sein", murmel ich und lege mein Kopf auf ihre Schulter.

"Joonie, denkst du ich würde deine Mutter je vergessen können, wenn sie irgendwann mal verschwinden sollte? Natürlich nicht, weil ich sie eben liebe. Genauso wie du Seokjin als besten Freund geliebt hast."

Nachdenklich schaue ich sie an.

"Na schön, du hast recht. Doch es deprimiert mich einfach, da die Wahrscheinlichkeit, dass ich ihn wiedersehen werde gleich null ist.

"Gib die Hoffnung nicht auf, großer. Manchmal passieren Dinge, die man nie erwartet hätte, aber immer wollte."

"Danke, Hyojin. Vielleicht sollte ich mich wirklich wieder mit Yoongi treffen. Ablenkung wird mir gut tun", sage ich schließlich lächelnd.

Selbst, wenn Seokjin hier wäre, würde er mich ungern traurig sehen. Also muss ich stark bleiben für ihn.

__________

Seokjin

"Würdest du mit mir eventuell nach Seoul ziehen?", fragt mich Chang.

Ich kann kaum glauben, was er mich da gerade fragt. Eine Sache ist schon mal klar: Ich hasse es umzuziehen.

Der letzte Umzug hierher nach Shanghai hat mir schon genügt.
Wer lernt auch gerne von Heut auf Morgen eine neue Sprache und Kultur? Jedenfalls hatte ich es nie in Erwägung gezogen wieder auszuwandern. Bis jetzt.

Solange Namjoon noch dort lebt, könnte ich ihn in Seoul suchen. Mir egal, wie lange das brauchen würde. Das ist die Chance, um mein Namjoon wiederzusehen.

"Ich weiß, dass ich viel zu viel von dir verlange, Seokie", sagt er entschuldigend und streicht sanft über meine Handfläche.

Wie ich es hasse, wenn er mich so nennt. Aber das behalte ich lieber für mich. Heute hab ich auch das Bedürfnis ihm die Hand wegzuschlagen.

Kurz atme ich tief durch, damit meine negativen Gedanken verschwinden und um die Diva in mir zu zähmen. Seit den schlaflosen Nächten bin ich oft kurz davor meine Laune an Chang auszulassen, obwohl er natürlich nichts dafür kann.
Normalerweise bin ich nie so in seiner Nähe gewesen. Wahrscheinlich, weil ich mir einfach jeden bissigen Kommentar verkneift habe und stattdessen einfach gelächelt hab. Chang verdient einen guten Freund und keine Diva mit Stimmungsschwankungen, der nachts an seiner verlorenen Jugendliebe denkt.

"Nein, das tust du nicht", bringe ich irgendwie mit einem Lächeln über meinen Lippen. "Ich verstehe dich ja. Es ist deine Arbeit und du bekommst dadurch endlich die Chance deinen Chef zu zeigen, was für ein großartiger Mann du bist. Meinetwegen kannst du das Angebot annehmen. Ich werde dich selbstverständlich begleiten."

Sollte ich mich schuldig dafür fühlen, dass ich nur für mein eigenen Zweck zugesagt habe?
Chang scheint jedoch begeistert zu sein, da ein riesiges Grinsen sein Gesicht ziert.

"Ich wusste, du würdest 'ja' sagen. In Seoul findest du bestimmt ganz viele neue Rezepte zum Ausprobieren", sagt er begeistert, während er weiterhin das Essen ins sich hineinschaufelt, welches ich für ihn gekocht habe.

Klar, er denkt höchstwahrscheinlich, dass Kochen das Einzige ist, wofür ich hier bin. Dies ist auch einer der Gründe, wieso er nicht möchte, dass ich auch arbeiten gehe.

Wahrscheinlich würde es ihm kaum interessieren, dass ich hier mit leerem Magen sitze, wenn ich es ihm sagen würde.

"Lass uns wann anders darüber reden. Ich bin müde und will schlafen."

Endlich kann ich aufstehen. Irgendwie fühle ich mich unwohl.

"Schlafe lieber nicht zu lange, sonst kannst du nachts nicht mehr schlafen. Hab dich lieb", ruft er mir noch hinter, aber diesmal erwidere ich es nicht und laufe einfach weiter.

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Jin weiß, dass er Chang nicht wirklich liebt, aber ist aus Gründen dennoch mit ihm zusammen.

Sleepless Night || NamjinWhere stories live. Discover now