Anna? Oder doch Emma?

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Biep. Biep. Biep.

"Nochmal weg!", Strom durch meinen Körper. Augenflimmern.
Mit all meinen Kräften, versuche ich meine Augen ganz aufzumachen. 

"Sie ist wieder da!", ruft ein Arzt. Im Augenwinkel sehe ich meine Mutter, wie sie dem Arzt um den Hals fällt. Sie weint. Vor Freude. Doch schnell wird ihre gute Laune wieder getrübt. Sie schaut mich leidend an. >Was ist denn los?< Bin noch zu schwach um zu sprechen.

Ich schließe die Augen. Wieder eine Hand auf meiner. Etwas streichelt meine Wange. "Du hast ja geweint", kann ich sie flüstern hören, "Hast du alles gehört was wir geredet haben, solange du... weg warst..?" Ich schüttelte den Kopf. Sehr langsam und sehr wenig. Aber meine Mutter schien es zu verstehen. "Na gut Schätzchen. Alles wird wieder gut. Die Chemo zehrt einfach sehr an deinen Kräften, deshalb bist du uns weggekippt", sie merkte selbst, dass sie sich etwas vormachte. Ich war nicht nur weggekippt. Ich war bei Hugo gewesen.

Noch konnte ich mir die Begegnung mit ihm nicht erklären.

Doch zu allererst musste ich wieder erholen - um dem Krebs den Mittelfinger zeigen zu können.
Für Max.

Max... Ob er auch bei Hugo war, bevor...?
Warum konnte ich ihn nicht einfach vergessen?! Wut durchströmte mich.
Wut auf Max. Wut auf mich selbst. Wut auf den Krebs.
Warum hat er ich alleine gelassen? Warum kann ich ihn nicht einfach vergessen? Warum hat mir der scheiß Krebs meinen Max weggenommen? WARUM?

Die nächsten Tage vergingen sehr schleppend. Ich konnte nicht in die Schule gehen. Konnte nicht einmal selbst aufs Klo. Manchmal war der Club hier und unterhielt mich. Aber meistens war Leo alleine bei mir. So wie auch heute.

".. Und dann hat sie mich angestarrt. Sie hat mich einfach eine Minute lang, oder so, nur angestarrt. Das war irgendwie total unangenehm. Nach der Schule hat sie gefragt, ob wir nach unserem Clubtreffen zu zweit abhängen wollen", "Und was hast du geantwortet?", unterbrach ich ihn. Es ging natürlich wieder um Emma. Die letzten Tage ging es nur um Emma. Seit ich die letzten Tage nicht dabei sein konnte, schmiss sie sich so an Leo ran. Und an Jonas auch. >Soll sie sich doch mal entscheiden!<
"Ich hab gesagt, dass ich es mir überlegen muss", er zögerte, "Ich würde lieber mit jemand anderem abhängen.." Verlegen schaute er für einen Moment auf den Boden, danach zu mir. "Mit mir?", fragte ich verdutzt. "Klar mit dir... ich mag dich eben..", oh nein oh nein. War ich dafür denn schon bereit? Er war schon unglaublich süß; und cool; stark, wie Max... Plötzlich wusste ich, warum ich mich zu ihm hingezogen fühlte. Er war wie Max.

War ich selbstsüchtig wenn ich mich mit Leo treffen wollte, nur weil er Max so ähnlich war? Vermutlich schon. Aber bei ihm fühlte ich mich wieder wie ich selbst. Fühlte mich wieder lebendig. Ich war egoistisch, aber es war mir egal.

"Wir können gerne nach dem Clubtreffen zusammen abhängen!", versuchte ich das Eis zwischen uns zu brechen. Er strahlte: "Gut, dann sag ich Emma ab und komm dann später wieder!" Ganz kurz berührte er meine Hand und verschwand dann aus dem Zimmer.

Ein Kribbeln durchfuhr meinen Bauch. Es fühlte sich gut an, Zeit mit Leo zu verbringen. Denn plötzlich fühlte sich der Schmerz in mir nicht mehr ganz so unerträglich an. Ich fühlte mich Max so viel näher als ich es seit Monaten gewesen war.

- Leo

"Sie will tatsächlich was mit mir machen, Jonas!",  Jonas schaute mich fragend an; "Na Anna!" "Wie, sie will was mit dir machen? Ihr hängt heute ab oder wie?", ich konnte den Neid in seinen Augen sehen. So wie ich, war auch er irgendwie in beide Mädchen aus unserem Club verknallt. Wir beide mochten Emma wirklich, aber Anna konnte da leicht mithalten. Wie gesagt, ich konnte mich nicht entscheiden; und Jonas scheinbar auch nicht. Was die ganze Sache noch erschwerte war, dass Emma, seit Anna da war, plötzlich nicht mehr nur Jonas Interesse zeigte, sondern auch mir. Als müsste sie beide Jungs für sich beanspruchen, damit für Anna niemand mehr übrig bleibt.

Je länger ich nachdachte, wurde mir klar, dass Emma mit mir spielte. Bis vor ein paar Wochen hatte sie nur Augen für Jonas gehabt. Jonas hier, Jonas da. Ich war nur der gute Kumpel, dem sie alles erzählen konnte. Ich war in der Friendzone gewesen. Seit Anna da war, plötzlich nicht mehr. >Ich versteh die Mädchen einfach nicht< Genervt verdrehte ich die Augen. Jetzt bekam ich tatsächlich schon Kopfweh, nur wenn ich an Mädchen dachte. Schlimm.

Ich versuchte an die schönen Dinge zu denken. Anna als sie schlief. Anna als sie lachte. Anna.

Plötzlich wurde mir klar für wen mein Herz schlug, und darum würde ich kämpfen. Das war klar.

Entschlossen drehte ich mich um und fuhr zu Emmas Zimmer, in der Hoffnung, sie dort anzutreffen. Ihre Tür stand offen. "Emma? Bist du da?" "Ja klar, komm rein Leo!", sie sprang auf als sie mich sah und umarmte mich. Das hatte sie früher auch nicht gemacht.
"Also ich .. Ehm.. Ich hab heute Abend keine Zeit. Ich treff mich mit Anna.", ein kurzes Grinsen als ich an sie dachte, konnte ich mir nicht verkneiffen. Ihre Augen wurden groß und ihr Ton schroff: "Wie bitte? Du machst lieber was mit Anna als mit mir? Ich dachte wir wären die besten Freunde?" "Das sind wir auch. Aber eben auch nur das, von Anna will ich mehr, ich mag sie wirklich...", vielleicht verstand sie jetzt. Sie schnaubte aus: "Na gut dann frage ich eben Jonas, der is sowieso viel cooler. Außerdem kann er gut küssen.", >Wow jetzt versucht sie wirklich mir eins rein zu würgen<

Ich verdrehte die Augen und drehte um. Gerade als ich das Zimmer verlassen wollte, sagte Emma: "Leo warte!", sie kam auf mich zu, schaute mir tief in die Augen. Dann ganz unerwartet küsste sie mich. Es war kein einfacher Kuss. Sie presste ihre Lippen stark auf meine und hielt mein Gesicht fest in ihren Händen.

Wir küssten uns leidenschaftlich und gingen nicht auf das Clubtreffen. Wir blieben in ihrem Zimmer und verbrachten die Zeit zu zweit.

Irgendwann schaute ich auf die Uhr: "Mist! Ich wollte mich doch mit Anna treffen!", schnell stand ich auf und wollte in meinen Rollstuhl. Doch Emma war schneller als ich und ging zur Tür: "Nein nein Schatz, bleib du hier, ich sag ihr, dass es dir nicht gut geht und dass ihr es auf morgen verschiebt ja?", zuckersüß grinste sie mich an. "Alles klar danke"

Wie verständnisvoll sie doch war. Und es schien ihr nichts auszumachen dass ich trotzdem noch mit Anna abhängen wollte. >Wie konnte ich vorhin nur so schlecht über sie denken?<

Ich legte mich zurück in ihr Bett und wartete auf sie.

Ich konnte ja nicht wissen, was sie eigentlich vor hatte...


Veröffentlicht am 14. September

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