[ 15 ] left you

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Der laute Regen der gegen die Fensterscheibe prasselt, weckt mich aus meinem schönen Schlaf. Ziemlich erschrocken von dem plötzlichen Unwetter blicke ich aus dem Fenster und beobachte die einzelnen Regentropfen die langsam am Fenster hinuntergleiten. Regen kann ziemlich faszinierend sein. Es ist unglaublich wie schnell er die Welt in ihrer Einsamkeit einhüllt und verdunkelt. Es wirkt so, als wäre die ganze Welt traurig und würde weinen.

Augenreibend setze ich mich nun auf und schaue mich gähnend im Zimmer um. Mein Blick gleitet zur leeren, aber unordentlichen Matratze die nur förmlich ausstrahlt das Taehyung noch vor ein paar Minuten hier war. Suchend schaue ich mich im Zimmer um und sehe, das er hier nirgends ist.

» Tae...? « gebe ich müde von mir und reibe mir den Schlaf aus den Augen.

Ich schnappe mir meine Krücken vor dem Bett und stütze mich vorsichtig auf. Mein Blick gleitet zum Spiegel der mein verschlafenes Ich mit verwuschelten Haaren und Taehyung's Klamotten zeigt. Wenn ich mich so betrachte, merke ich erst das das garnicht ich bin. Es wirkt so als wäre ich ein anderer Mensch, dabei bin ich doch immer noch Jungkook, oder? Ich erkenne mein eigenes Ich nicht wieder. Verschlafen öffne ich die Tür und verlasse das Schlafzimmer. Im Wohnzimmer angekommen, entdecke ich Taehyung der auf der Couch sitzt, sein Blick ist fixziert auf ein kleines Buch mit einem roten Einband und seine Augen verfolgen die kleine Schrift die sich im Buch eingraviert hat.

» Hey... « begrüße ich den Blondschopf, woraufhin er seinen Blick von dem Buch abwendet und mich erschrocken ansieht, aber seine Miene glättet sich wieder binnen Sekunden.

» Komm her ich will dir was zeigen... « Tae klopft auf den Platz neben sich und lächelt mich sanft an. Es erleichtert mich das es ihm schon viel besser geht als gestern und ich endlich wieder dieses schöne, bezaubernde Lächeln sehen darf welches ich an ihm zu lieben gelernt habe.

Ich stütze mich an meinen Krücken ab und laufe weiter Richtung Couch, bevor ich mich neben ihn fallen lasse. Mein Blick huscht neugierig auf das kleine Buch, welches Taehyung so intensiv ansieht und ich erkenne kleine Bilder. Es sind viele Bilder.
» Hier, das gehört dir. « merkt er an und legt mir das Buch auf meinen Schoß. » Was ist das? « frage ich interessiert und lege meinen Kopf schief.

» Es ist so eine Art 'Momente-Buch', wo du all deine schönen Momente mit Bildern und kleinen Nachrichten beschmückt hast, du meintest immer das es Momente gibt in denen du so glücklich warst, dass du sie festhalten wolltest. «

Mit glänzenden Augen fixiere ich fasziniert meinen Blick auf das Buch und schlage zufällig eine Seite auf. Die Seiten sind wunderschön gestaltet, sie haben ihren eigenen Stil und wirken irgendwie bunt und fröhlich, dabei war ich garnicht so fröhlich wie es immer zu scheinen mochte. Auf der Seite die ich aufschlage, sehe ich Taehyung, es ist kein besonderes Bild. Einfach ein Bild von ihm wie er seelenruhig neben mir liegt. Seine Augen sind geschlossen, woraus ich schließe das er geschlafen hat. Er ist wirklich wunderschön und unbekümmert. Ein anderes Bild zeigt eine gründe Landschaft voller Blumen. Sie wirkt so einsam und doch unglaublich schön. Vorsichtig streiche über die Seiten und lasse meinen Blick auf den Bildern verweilen, die auf mich irgendwie magisch wirken.

Ich blicke runter und lese die Unterschrift
"Jahrestag". Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. Wir wirkten wirklich unglaublich glücklich. Es ist so, als waren wir unbekümmert und als wäre der Rest der Welt uns egal gewesen solange wir uns hatten. Mein Herz fühlt sich plötzlich so unglaublich warm und geborgen an, doch als ich weiter blättere, bleibt mir beinahe der Atem stehen und wie erstarrt schaue ich mit großen Augen fassungslos auf die nächste Seite die die Überschrift "Verlobung" trägt.

Auf dem Bild sehe ich einen kleinen Ring, wunderschön, Silber und mit winzigen Edelsteinen geschmückt die in dem Licht der Kamera glänzen, auf den Anderen sehe ich Taehyung mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Mein Herz bleibt mir bei dem Anblick beinahe stehen und es fängt an willkürlich zu schlagen, so als hätte es einen eigenen Willen entwickelt. » W-Wir wollten heiraten? « frage ich Taehyung unsicher. Ein zögerliches Nicken von Tae, erkenne ich als Ja. Ein Schauer läuft mir über den Rücken und fassungslos lasse ich das Buch auf meinem Schoß sinken.

» Was ist passiert...? «

Taehyung gibt laute Atemzüge von sich und seine Augen gleiten nachdenklich zum Fenster.

» Stell dir vor, du könntest fliegen, schwerelos und unbekümmert denn du denkst deine Flügel würden dich dein Leben lang tragen, das dein Leben nicht besser verlaufen könnte und für diesen kurzen Moment wo du in der Luft bist freust du dich. Du freust dich weil du Schweben kannst wie niemand anderes und du bist der glücklichste Mensch der Welt. Aber was passiert, wenn mittendrin deine Flügel brechen, obwohl du dachtest sie würden dich dein Leben lang tragen? Sie brechen einfach und lassen dich fallen und du fällst und fällst und niemand ist da um dich aufzufangen, egal wie sehr du flehst und bettelst deine Flügel würden dich retten, so wie du es gewöhnt warst, sie tuen es nicht. Sie tuen es nicht weil sie gebrochen sind und obwohl du regelmäßig nach ihnen schautest, ob sie denn wirklich noch fähig waren zu fliegen und du dachtest sie wären es, ließen sie dich hängen. «


Er holt tief Luft und krallt sich an meinem Shirt fest, seine Hände zittern und angestrengt beißt er sich auf seine blutrote Unterlippe, so fest das es bereits beim Anblick unglaublich schmerzhaft aussieht.

» Du warst mein Flügel Jungkook... und egal wie oft ich mich um dich gekümmert habe, egal wie oft ich versucht habe alles richtig zu machen, du hast mich fallen gelassen. Du hast mich auf den harten Boden knallen gelassen und mich danach noch ausgelacht. Sag mir warum Jungkook? Warum hast du mich verlassen? Hast du es getan weil du den Schmerz den Jimin dir hinterlassen hat nicht ausgehalten hast? Hast du es getan weil du mich nie geliebt hast, wie du es mir immer gesagt hast? War dieses 'Wir werden für immer zusammen sein' gelogen? Du sagtest immer du seist glücklich wenn ich bei dir bin, du seist glücklich wenn ich deine Hand halte und das nur ein einziges Lächeln von mir dich aufheitern kann, aber ich hatte aufgehört zu Lächeln als du gegangen bist.  Ich weiß nicht wozu ich dir diese Dinge sage, oder frage,  denn du bist nichtmal er und trotzdem fühlt es sich so an als wärst du noch du. « Taehyung's Stimme bebt und zittert, so sehr das ich das Gefühl habe er würde jeden Moment zusammenbrechen. Aus Angst.

Seine Angst ist deutlich spürbar und obwohl ich keine Ahnung habe worüber er redet, fühle ich mich schuldig. Ich gebe mir die Schuld Taehyung verletzt zu haben und seine Scherben zertrümmert zu haben. Meine Brust zieht sich schmerzhaft zusammen und mein Brustkorb hebt und senkt sich merklich. Mein Herz beginnt unerträglich zu schmerzen.

» Tae... «

» Tut mir leid... « flüstert er mit zittriger Stimme. Schniefend wischt er sich seine Tränen weg und lässt mein Oberteil langsam los. » Du hast gesagt du willst meine Narben heilen, aber warum warst du dann derjenige der sie mir zugefügt hat? «

» Ich will dich nicht fallen lassen Taehyung... « sage ich, doch meine Worte sind nur wie ein einziger Luftzug, der nur kurz an Taehyung vorbei geht. » Jungkook... I-Ich weiß nicht wie lange ich das hier noch alles aushalte. « erzählt er, schon fast verzweifelt. » Was? « hake ich nach, doch ich bin mir nicht sicher ob ich diese Antwort wirklich erfahren möchte.


» Bitte verzeih mir... « haucht er leise, so leise das ich seine Wörter kaum verstehe und doch zerfällt mein Herz in einzelne Teile.

White Snow // Taekook Where stories live. Discover now