#17 || Auftakt - Das Spiel beginnt

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"Bist du dir sicher, dass wir hier lang gehen sollten, Kitty?"

Fragend liegt Sakura's Blick auf der rothaarigen Puppenspielerin, die augenblicklich beinah schon überschwänglich nickt.
"Aber ja! Es ist vielleicht ein kleiner Umweg nach Suna-Gakure, doch dafür bietet sich uns eine einmalige Gelegenheit. Außerdem gibt es hier noch etwas zu erledigen."
Noch immer verwirrt folgt die Kunoichi aus Konoha dem anderen Mädchen, sieht sich aufmerksam um während sie sich leise räuspert.
"Ich mag diese Gegend nicht."
Von meinem Versteck aus kann ich sehen, wie Kitty's Blick zu ihr wandert, ein Funklen in ihren dunklen Augen, während sich ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen legt.
Eine Fassade, das erkenne ich sofort.
Das Lächeln wirkt so falsch, so fehl am Platz, dass es mehr als offensichtlich ist.
"Wieso nicht? Hier irgendwo war er doch - Dein großer Sieg. Bestimmt einer der spannendsten Kämpfe deines Lebens, hab ich Recht?"
Sakura antwortet nicht, verzieht lediglich das Gesicht bevor sie seufzend den Kopf schüttelt.
"Gott, du bist echt merkwürdig...", flüstert sie eher zu sich selbst und Kitty wendet ihren Blick wieder von ihr ab, konzentriert sich auf den Weg.

Ich muss nicht lang überlegen, um die Bedeutung hinter den Worten des Suna-nin zu erkennen.
Diese Gegend hier ist mir nur all zu vertraut, jeder Schritt hat sich in mein Gedächtnis gebrannt und ich bin mir sicher, dass ich den Weg mit verbundenen Augen finden würde.
Im Morgengrauen sind die Mädchen bereits wieder aufgebrochen, haben inzwischen einiges an Strecke hinter sich gebracht und es dauert nicht mehr lang bis wir die Höhle erreichen, in der Sasori den Tod fand. Ich weiß nicht genau, wieso wir hier sind und woher die Puppenspielerin überhaupt davon weiß, doch sie führt die Kunoichi aus Konoha zielstrebig dort hin. Diese folgt ihr zwar ein wenig verwirrt, doch voller Vertrauen in das Bündnis zwischen ihren Dörfern, und lässt sich mit kleineren Ausreden trösten. 

Es ist fast schon lächerlich, wie sehr sie Kitty vertraut.

"Es ist lächerlich, wie sehr du ihr vertraust."

Sasori...
Was meinst du?

"Das Mädchen hat dich verraten. Sieh es ein."

Kräftig schüttel ich den Kopf.
Nein... Ich will einfach nicht glauben, dass Sasori's Stimme in meinem Kopf Recht haben könnte. Es hat bestimmt einen Grund, weshalb das alles hier geschieht. Weshalb Kitty diesen Weg hier wählt.
Die Puppenspielerin würde mir das nicht antun. Sie würde mich nicht zu diesem Schlachtfeld führen, um mich auflaufen zu lassen.

Nicht genau dort.

Nicht dort, wo mir die Liebe meines Lebens genommen wurde.
Wo ich Sasori's toten Körper in meinen Armen gehalten und Rache geschworen habe.

Rache...

Mein Ziel, mein Wunsch, mein Verlangen nach Gerechtigkeit.
Und es ist dieser Moment, in dem ich meinen Entschluss fasse. Den Entschluss, es genau dort zu beenden.

Dort, wo alles begann.

Je näher wir an diesen Ort kommen, desto mehr wächst die Wut in meinem Inneren während die Ungeduld - Sasori's Ungeduld - weiter in den Hintergrund rückt.
Immer wieder steigen Bilder in mir auf, Erinnerungen, und jede einzelne davon versetzt meinem Herzen einen schmerzhaften Stich, reißen die Wunden auf, die nie ganz verheilt waren, lassen mich die Schmerzen von damals wieder erleben.
Ich sehe aus Sasori's Sicht, wie der große Fels am Eingang der Höhle zerbricht, erkenne die vier Silhouetten im aufgewirbelten Staub...
Ich spüre seine Überraschung, als er Chiyo erkennt...
Spüre sein Bedauern darüber, dass sie seine Marionetten gegen ihn verwendet...
Dass nun seine Eltern versuchen ihn zu töten...

Als das Rauschen des Flusses vor der Höhle in der Ferne zu hören ist werde ich wieder an die Realität erinnert. Tief atme ich durch, versuche mich zu konzentrieren, mich darauf vorzubereiten, meine Rache auszuführen, denn lang dauert es nicht mehr.
Wir sind schon nah.

"Und das Mädchen?"

Wenn Kitty nicht auf meiner Seite steht, so ist sie mein Feind.
Feinde müssen eliminiert werden.
Das ist leider so, egal wie sehr mich dieser Gedanke auch quält, doch wenn sich die Puppenspielerin gegen mich stellt, so werde ich sie töten.

Eine leise Stimme in meinem Inneren flüstert mir zu, ich sollte das nicht tun, egal wie sie sich entschieden hat. So leise, dass sie beinahe im Rest meiner Gedanken unter geht.

Als der Wald sich öffnet und den Blick auf die eingestürzte Höhle preis gibt, bleiben die Mädchen stehen und auch ich mache Halt.
Tief atme ich durch als ich mich daran erinnere, wie ich die letzten Schritte dort hinein gewankt bin, völlig erfüllt vom Schmerz in meiner Brust und der Angst um meinen Meister. Wie ich beinahe wie benommen über die unzähligen Körper meiner Brüder und Schwester gestiegen bin bevor ich mich neben dem Rotschopf in den Schutt habe sinken lassen.
Drei Tage und drei Nächte war ich unterwegs, um ihn zu erreichen und dennoch haben sich vor allem diese letzten Meter bis ins Unerträgliche gestreckt, haben mich aller Kraft beraubt.
Es war die Hölle, wenn man an so etwas glauben mag.

Jetzt bin ich wieder hier, Wochen später aber wegen dem selben Mann.

Jetzt bin ich wieder hier, um Rache zu nehmen.

"Kitty, warte!", hallt Sakura's Stimme durch den Wald, als die Puppenspielerin auf die eingestürzte Höhle zu geht.
Doch sie reagiert nicht, überquert den Fluss und steigt über die Steine auf dem Boden, die einst die Decke gebildet haben. Kurz murmelt die Kunoichi aus Konoha etwas unverständliches bevor sie dem Mädchen folgt.
"Warte doch! Wir sollten nicht hier sein."
"Wieso nicht? Hast du Angst?", entgegnet die Rothaarige, sieht sich fasziniert in dem Areal um.
Als Sakura den Stein betritt werde ich erneut von Bildern überrannt. Beinah ist mir als könnte ich das Beben des Bodens spüren, als riesige Figuren aus eisernem Sand den Fels aufbrechen. Als könnte ich das Klackern der Marionetten und das Klirren der aufeinander treffenden Waffen hören und sehen, wie die Kunoichi sich ihren Weg durch die Armee aus Puppen bahnt.
Fast spüre ich so etwas wie Überraschung zusammen mit einem stummen Eingeständnis.

"Sie ist gut."

Stirnrunzelnd schüttel ich den Kopf, verdränge Sasori's Erinnerungen so gut es geht.

Sie hat ihn getötet und dennoch lobt er sie? Dennoch erkennt er ihre Fähigkeiten an?
Oder gerade deswegen?

Ich verstehe es nicht, will es nicht verstehen.
Ich will lediglich, dass die Kunoichi dafür bestraft wird, was sie mir angetan hat.

"Ich habe keine Angst. Aber was wollen wir hier?", sagt die Pinkhaarige an Kitty gewendet, welche endlich stehen bleibt und sich zu ihr umdreht.
Kurz ruht ihr Blick auf dem anderen Mädchen, ruhig und berechnend, bevor sie ihn weiter schweifen lässt.
"Solltest du aber. Weißt du denn nicht, was du getan hast? Genau hier?"
Die Puppenspielerin deutet mit ihrer Hand neben sich auf den Boden und mit zusammengezogenen Augenbrauen beobachtet Sakura das Mädchen.
"Hier ist er gestorben. Sasori vom roten Sand.", erklärt Kitty noch immer vollkommen ruhig, lässt ihren Blick erneut suchend schweifen und nun weiß ich auch wieso.

Wieso sie das alles getan hat.

Langsam trete ich aus meinem Versteck heraus, begegne dem Blick dunkler, brauner Augen kurz bevor ich mich auf die Kunoichi aus Konoha konzentriere.

Verwirrt sieht diese sich um, mustert mich abschätzend bevor sie ein paar Schritte zurück tritt.
"Was soll das hier werden?", haucht sie leise, ihre Stimme zittert leicht.

Angst.

Sie durchdringt jede Pore ihres Körpers, lässt sie erschaudern und erfüllt mich mit einem Gefühl von Genugtuung.
Langsam lasse ich den Kopf auf meine rechte Seite fallen, das Mädchen noch immer fest im Blick, bevor ich monoton antworte. 

"Gerechtigkeit für den Tod meines Meisters."

Püppchen, Püppchen - Die Rache [Wird überarbeitet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt