2. Kapitel

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Ich kniff die Augen zusammen, doch das dunkle Wesen verschwand mit schneller Geschwindigkeit im angrenzenden Wald. Ungläubig starrte ich der vorbeiziehenden Landschaft hinterher.

Wenn mich nicht alle Sinne täuschten, hatte ich tatsächlich geglaubt ein Pferd gesehen zu haben.

Mein Blick huschte rüber zu Mum, aber die schien nichts bemerkt zu haben, wie auch? Doch ich hatte nicht vor ihr etwas davon zu erzählen. Wahrscheinlich würde sie mich für verrückt halten oder meinen das meine Fantasie mal wieder ausartete.

Nach kurzer Zeit bremste der Wagen ab und bog in eine Einfahrt ein. Ich sah schon von weiten das strahlend weißes Gebäude hinter den Bäumen aufblitzen. Ein gusseisernes Tor stand offen und der Wagen passierte einen großen Torbogen.

Während Mums Auto mit knirschenden Reifen auf das Gelände rollte, flog mein Blick über den Hof. Das große weiße Haus, welches man schon fast als eine Villa bezeichnen konnte, war das üppige Gutshaus. Ich hatte es noch blass in meinen Erinnerungen, aber ich war eindeutig schon eine Weile nicht mehr hier gewesen. Rechts auf dem Hof war der Stall, daneben die Reithalle und eine freie Reitanlage, auf welcher etliche Hindernisse aufgebaut waren. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich die große Scheune.

Der Hof sah von außen betrachtet schon fast prachtvoll und idyllisch aus, doch wusste ich nicht, wie lange ich das noch so empfinden würde. Alles hier wirkte irgendwie so groß und reich.

„Wir sind da", Mum parkte neben ein paar anderen Autos und Geländewagen, am Rand der Scheune.

„Kopf hoch, Süße. Es sind doch nur ein paar Wochen und am Ende wird es dir gefallen", säuselte sie, aber klang dabei für mich nicht besonders überzeugend. Ich schnaubte nur, öffnete mit Schwung die Autotür und kletterte aus dem Wagen.

Mum tat es mir gleich und sah sich auf dem Gelände um, doch in ihrem Blick lag dabei etwas, was ich nicht ganz deuten konnte. Als sie meinen Blick auf ihr spürte, setzte sie wieder ein Lächeln auf, als plötzlich eine leicht schrill klingende Stimme mich herumfahren ließ.

„Da seid ihr ja endlich", meine Tante kam im zügigen schritt auf uns zugeeilt. Sie war nur ein Jahr jünger als meine Mum und hatte den selben Haarton wie sie, den man schon fast als weißblond bezeichnen konnte. Diesen hatten so gut wie alle in ihrer Familie - außer ich. In unserer Familie war ich soweit ich wusste die einzige, die einen rötlichen Haarton hatte und mal wieder aus der Reihe tanzte, obwohl Mum meinen Haarton eher als honigblond bezeichnete.

„Oh Linda, wir haben uns schon sorgen gemacht, wo ihr wieder abbleibt. Ihr wart ja lange nicht mehr da"

„Wir wohnen halt zu weit weg", erwiderte Mum, als Sophies Blick plötzlich an mir hängen blieb.

„Und was machst du Zara? Wir können hier auf Gestüt Eisenau auch gute Reiterinnen gebrauchen", meinte meine Tante plötzlich. Etwas überrumpelt sah ich sie an. Ich konnte doch überhaupt gar nicht reiten.

„Ich reite doch gar nicht", erwiderte ich knapp. Das Gesicht meiner Tante zeigte nicht wirkliche Überraschung.

„Bedauerlich, aber jetzt wo das Turnier bei unserer Konkurrenz stattfindet, haben wir alle Hände voll zu tun. Wir finden sicher etwas für dich", erwiderte sie mit einem knappen Lächeln. Am liebsten wäre ich gleich wieder ins Auto gesprungen.

Sie und ihre Schwester redeten noch kurz, Mum und hatte dabei ein Lächeln aufgesetzt, doch ich merkte, dass sie leicht angespannt war. Und auch Tante Sophies Miene war nicht ganz einzuschätzen, aber das war wie bekanntlich ihre Art.

„Linda! Zara! Wie schön euch zu sehen", flötete plötzlich eine vertraute Stimme über den Hof. Es war das erste Mal, dass ich an diesem Tag lachen musste, als ich nun meine Oma auf uns zueilen sah.

Free Together (Eine Pferdegeschichte)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt