Kapitel 26

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Ich legte den Brief auf die Kiste, die auf dem Tisch stand, sah Danny ein letztes Mal an, lächelte, weil er unglaublich süß beim Schlafen aussah, und verschwand. Ich ging den langen, weiß gestrichenen Flur entlang, bis mir seine Mum entgegen kam. Ich begrüßte sie freundlich und erzählte ihr, dass er schlief und ich berichtete von dem Gespräch mit dem Arzt über Dannys Schlafmangel. Sie nickte nur und lud mich ins Eiscafé, in der Nähe vom Krankenhaus ein. Wir gingen dorthin und setzten uns draußen auf einen leeren Platz in der Sonne. Ich öffnete die Karte, sah sie mir gründlich an und entschied mich schließlich für einen kleinen Erdbeershake. Der Kellner kam und nahm unsere Bestellung auf. Danach kamen Dannys Mum und ich ins Gespräch. Sie sprach mich nocheinmal auf das Gespräch mit dem Arzt an und wollte genau wissen was er gesagt hatte. Ich erzählte ihr alles und musste es gefühlte drei Mal wiederholen, bis sie es dann endlich verstanden hatte. Als unser Eis kam, sprachen wir erst einmal nicht mehr, bis sie eine Nachricht auf ihrem Handy bekam. Sie antwortete auf die Nachricht und starrte dann einige Sekunden auf ihr Handy.

- Was ist los?, fragte ich sie.

Sie schüttelte nur den Kopf, als wäre sie in einem Tagtraum gewesen und lächelte mich an. Sie nahm noch einen Bissen vom Eis und entschuldigte sich auf die Toilette. Als sie in der Tür verschwunden war, guckte ich, ob die Luft rein war und nahm ihr Handy. Ich schaltete es an und es öffnete sich ein Bild, ein Bild von Danny im Krankenhaus. Gedanken kamen mir in den Kopf, so wie seine Mum geguckt hatte, war da noch etwas anderes, etwas, dass ich noch nicht wusste und mich trotzdem verwirrte. Sie kam wieder und ich packte das Handy noch gerade rechtzeitig an seinen alten Platz. Ich schlürfte unschuldig an meinem Erdbeershake und sah sie an, ihre Augen waren leicht gerötet, wahrscheinlich hatte sie geweint, doch ich fragte nicht nach, aus Angst vor der Antwort. Und so aßen wir, ohne ein Wort miteinander zu sprechen, zu Ende und sie zahlte. Wir standen auf, ich bedankte mich höflich und wir gingen in zwei verschiedene Richtungen. Sie ging zurück zum Krankenhaus und ich ging nach Hause, denn ich brauchte jemanden zum Reden. Zu Hause angekommen, rief ich Lily an.

- Hey Lily, kann ich vielleicht noch vorbei kommen?

- Ja, klar. Ist denn was passiert? Du klingst so aufgelöst.

Erzähl ich dir gleich, sagte ich und machte mich schon auf den Weg. Lily wohnte nur drei Straßen weiter und so war ich auch schon schnell da. Sie erwartete mich schon an der Tür und als ich ankam, zog sie mich sofort ins Haus, in ihr Zimmer.

Am nächsten Tag schlichen wir zusammen zum Krankenhaus. Es dauerte eine gefühlte Stunde bis wir dort ankamen, obwohl es eigentlich nur zehn Minuten entfernt war. Ein Arzt erwartete uns bereit an Dannys Zimmer und führte uns in sein Büro. Meine Knie zitterten und ich denke, dass es seiner Mum nicht anders ging. Er bat uns Platz zu nehmen und warf einen letzten Blick in die Akte. Ich konnte ihn nicht anschauen. Er war der Mann, der jetzt alles ändern sollte. Dannys Mum nahm sich ein Taschentuch zur Hand und tupfte ihre Tränen ab. Der Arzt räusperte sich.

- Nun ja. Wie sie wissen gibt es nur zwei Entscheidungen und ich hoffe, dass sie selber wissen, was das Beste für Danny ist.

Wir nickten, sahen uns an und seine Mum sprach es aus.

- Wir haben uns dazu, mehr oder weniger, entschieden, dass...wir, also...die Geräte sollen abgeschaltet werden.

Ich schmeckte Salz an meinen Lippen, Tränen liefen mir die Wangen hinunter. Die Unterlippe seiner Mum zitterte und ich sah wie sie sich mühsam zusammen riss, um nicht zu weinen. Der Arzt schwieg und stand schließlich auf.

- Wir müssen noch ein oder zwei Wochen warten, bevor wir alles abstellen. Sein Zustand könnte sich noch verändern.

Wir standen ebenfalls auf und durften Danny noch besuchen gehen. Er lag immer noch ungerührt in seinem Bett. Bei dem Gedanken ihn gar nicht mehr sehen zu können, lief mir ein Schauer über den Rücken. Seiner Mum schien es ähnlich zu gehen. Jedenfalls stand sie auch ziemlich sprachlos vor seinem Bett. Nach einer halben Stunde Schweigen, gingen wir wieder aus seinem Zimmer. Eine Woche mussten wir warten. Eine Woche der Qualen. Seine Mum musste noch einige Formulare ausfüllen, bevor wir letztendlich noch einmal zu ihr nach Hause gingen. Sie hatte dort schon Essen vorbereitet und machte es für uns warm. Ich wartete im Wohnzimmer, aber als sie das Essen auf den Tisch stellte, bekam ich keinen Bissen herunter. Ich konnte es einfach nicht fassen, Danny jetzt für immer verloren zu haben. Nach dem Essen brachte sie die Teller in die Küche und wir sprachen über Danny. Sie stand plötzlich auf und verschwand in seinem Zimmer. Nach einiger Zeit kam sie wieder, mit einem Buch in der Hand.

- Bevor ich vergesse dir das Buch zu geben, Danny bat mich darum, dir das Buch zu geben.

Ich betrachtete es von allen Seiten und konnte nicht glauben was es für ein Buch war. Es war sein Tagebuch. Ich war mir nicht sicher ob ich es öffnen sollte und sah seine Mum fragend an und sie nickte. Doch ich ließ es geschlossen, verabschiedete mich und ging mit dem Buch nach Hause.

In meinem Zimmer began ich, das Buch zu lesen. Es began ein paar Tage nach seinem Unfall.

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