Kapitel 11

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Die letzten 6 Wochen war alles ruhig, Julian und ich mussten uns auch zunehmend auf die Schule konzentrieren, schließlich waren wir jetzt im Abschlussjahr. Manchmal fragte ich mich insgeheim, ob wir alle die Situation etwas über dramatisiert haben oder ob es nur die Ruhe vor dem Sturm war. Da ich immer noch bei Julian wohnte, hatten sich mittlerweile alle dran gewöhnt, dass wir wie Kletten aneinanderhingen. Obwohl es auch schon mal den ein oder anderen Streit zwischen uns, mit seiner oder auch mit meiner Familie gab, schafften wir es immer wieder uns zusammenzuraufen und uns zu versöhnen, trotzdem vermisste ich die Stunden wo ich einfach mal komplett alleine sein konnte schmerzlich. Natürlich konnte man sich innerhalb des Hauses mal zurückziehen, trotzdem wussten alle wo man war und somit war es nicht dasselbe wie früher. Mittlerweile hoffte ich einfach nur, dass es bald zu einer Entscheidung kam, egal wie und was passieren wird, hauptsache diese vermaledeite Angespanntheit hat ein Ende. Eine Woche vor den Herbstferien war es dann soweit.Ich machte mich gerade mit meinen Freunden auf zum Parkplatz um mit Julian nach Hause zu fahren. Allerdings wurde ich vorher von meinem tränenüberströmten Bruder abgefangen, der auf unsere Gruppe zuwankte. „Jonathan?! Was ist passiert? Was machst du hier?" Meine Freunde guckten mich mitleidig an und ließen uns dann schnell alleine, sie wussten ja nichts von der Gefahr, ebenso wenig wie ich. Schnell griff ich nach seinen Schultern und hielt ihn fest, um ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit einem Mal bemerkte ich, dass wir mutterseelenallein hier waren, genau das was ich die letzten Wochen zuverhindern versucht habe. Innerlich verfluchte ich mich dafür, dass Julian und ich uns am Parkplatz verabredet haben und nicht wie sonst an einem Platz in derSchule. Vorsichtig ließ ich meinen Bruder los, der aufgehört hat zu flennen und auch aufrechter als vorhin stand. Ich machte erschrocken zwei Schritte rückwärts als ich in sein Gesicht sah, es war von einem teuflischen Grinsen verzerrt.„Das du so dumm und beeinflussbar bist, hätte ich echt nicht gedacht. Kaum sieht es so aus, als wenn ich verletzt wäre und schon schießt du jede Vorsichtin den Wind um mir zu helfen. Du bist echt ein kleines naives Dummchen, jetzt müssen wir nur noch hoffen das dein Lover genauso blöd ist.", sagte er leise und gefährlich blickend. Ich stolperte noch ein paar Schritte zurück und als ich sah, dass er mir langsam folgte übernahm mein Fluchtinstinkt die Kontrolle. Ich schoss in einer anmutigen Drehung herum und rannte als würde mein Lebendavon abhängen, was es ja auch tat gewissermaßen. Durch die Tränen, die in meine Augen schossen, sah ich nichts mehr und knallte mit voller Wucht gegen einen großen, schweren Körper. Als sich zwei starke Arme um mich schlossen, fing ich an mich zu wehren, da ich dachte, ich wäre einem der Jäger in die Arme gelaufen. Allerdings fühlte sich das ganze so vertraut an...und dann nahm ich auch seine Stimme war, Julians Stimme. Ich hörte auf mich zu wehren und spürte wie er erleichtert ausatmete. „Leah?! Was ist passiert? Du siehst aus, als wenndu einem Geist begegnet wärst." Ich schüttelte nur den Kopf und erwiderte panisch, „Wir müssen hier weg, sofort! Aber nicht zu dir, irgendwo anders hin! Ich erkläre es dir, sobald wir fahren! Komm schon!" Mit diesen Worten zog ich ihn zum Auto und er fuhr los. In kürze erzählte ich was passiert ist und er wurde leichenblass als er erkannte, in was für einer Situation wir eben steckten. „Leah, egal wo einer von uns hinmuss, der andere kommt mit.  Wirtrennen uns jetzt nicht mehr, verstanden?" Ich nickte nur ergeben und kreischte dann los, als ich erkannte, dass wir kurz vor seinem Haus waren. „Julian! Was machen wir hier? Willst du deine Familie in Gefahr bringen? Was ist, wenn sie uns gefolgt sind?" „Nein, will ich nicht, aber hier sind wir am sichersten. Die wären schon ziemlich dumm in einem Wohngebiet zu morden." Wirklich überzeugt war ich immer noch nicht und als wir ausstiegen hatte ich auch sofort ein schlechtes Gefühl. Auch Julian schien angespannt zu sein und blieb auf einmal stocksteif stehen. „Hier stimmt was nicht! Die Fenster sind alle abgedunkelt, hier läuft gerade ganz gewaltig was schief!" Angespannt drückt ich mich näher an ihn und versuchte die Umgebung abzuscannen. Auf einmal öffnete sich die Tür und ein fremder Mann stand im Eingang. „Ach sieh mal einer an, die beidenTurteltäubchen beehren uns mit ihrer Anwesenheit. Kommt nur, die Familie erwartet euch schon, besonders die süße kleine vermisst euch schon schmerzlich.", er grinste widerlich und deutete uns einzutreten. Julian verspannt sich neben mir und zischte, „Was habt ihr Schweine mit ihnen gemacht? Was habt ihr meiner Schwester angetan?" Der Typ lachte nur höhnisch und meinte, „Wir wollen nur sichergehen, dass alles nach Plan verläuft. Also los jetzt, bewegt euch. Jetzt!" Julian und ich guckten uns an und betraten dann langsam sein Haus. Wir wurden ins Wohnzimmer gelotst, wo Julia in einem engen Käfig eingesperrt war und leise vorsich hin wimmerte. Ihr Anblick zerriss mir schier das Herz und ich wollte einfach nur den verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Auch Julian fiel es schwer nicht auszurasten. Neben dem Käfig stand mein Bruder und lächelte mich teuflisch und zufrieden an und neben ihm... mein Vater. „Leah, wie schön, dass wir uns mal wieder begegnen. Wir hätten das ganze auch weniger dramatisch lösen können, du hättest nur deine Brüder in die Ferien begleiten müssen, dann müssten nicht so viele unschuldige leiden.", sprach er gönnerhaft zu mir. Ich blitzte ihn nur wütend an. „Na dann. Dann kommen wir eben gleich zum Geschäftlichen. DU, Junge, wenn du deine Schwester haben willst, solltest du das Mädel ganz schnell abschreiben und uns überlassen, je nachdem wie kooperativ du bist,lassen wir dich und deine Familie für ein paar Jahre in Ruhe." „Ihr wollt Leah? Nie im Leben!  Dann müsst ihr erst mal an mir vorbei!", spuckte er wütend. Mein Vater lächelte nur wissend und gab Jo ein Signal. Dieser holte ein Messer aus seinem Gürtel, macht sich aber nicht auf den Weg zu Julian, sondern zu Julia.Die restlichen Jäger blickten alle freudig zum Käfig und achteten nicht auf uns. Diese Sekunden nutzten wir aus um uns Stumm das Zeichen zum Angriff zugeben. In den letzten Wochen hatten wir viel Kampftraining, sowohl in Menschen als auch in Tierform. Da es schnell gehen mussten, kämpften wir zu nächst als Menschen. Bevor die Jäger realisierten was wir vorhatten, lagen schon vier von ihnen nutzlos auf dem Boden. Die Hälfte war schon mal ausgeschaltet, bzw. dieHälfte von den hier unten anwesenden. Allerdings gingen jetzt auch die anderen vier zum Angriff über und Julian und ich hatten alle Hände voll zu tun, um nicht die Überhand zu verlieren. Nach gefühlten Stunden standen wir nur noch zwei zu zwei gegenüber, Julian und ich auf der einen Seite, Jonathan und mein Vater auf der anderen Seite. Dieser stieß einen Pfiff aus, woraufhin wir getrappel auf der Treppe warnahmen und kurze Zeit später waren wir umzingelt.Trotzdem dachten wir auch nicht einen Moment ans Aufgeben. Die Jäger warteten darauf das wir einen falschen Schritt machen, doch stattdessen zogen wir uns in die Mitte zurück und hofften, dass sie zu spät merken, was wir vorhaben. Als  Mensch war unsere Situation aussichtslos, als Tier dagegen... allerdings waren wir während der Wandlung ungeschützt, aber da wir so oder so dem Tod gegenüberstanden und definitiv nicht kampflos aufgeben wollten entschieden wir uns für diese Variante. Wir verschränkten einmal kurz unsere Finger und sprangen im nächsten Moment schon als Tiger auf die verdutzten Jäger los. Für zwei Personen war es trotzdem sehr aussichtslos, dafür waren wir jetzt einfachzu sehr in der Unterzahl. Diesmal hatten wir es nicht „nur" mit acht sondern insgesamt fünfzehn Jägern zu tun. Drei hatten wir immerhin schon ausgeschaltet und der vierte folgte gerade, allerdings fanden wir uns nun an der Wand wieder,elf Jäger in einer Front vor uns. Julian und ich nahmen in Gedanken Abschied von einander und stellten uns auf unser Ende ein.

GestaltwandlerWhere stories live. Discover now