Der Erste Tag

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Mit einem unguten Gefühl stand Michelle vor ihrer neuen Schule.
Seit gestern gingen ihr die Worte ihrer Mutter nicht mehr aus dem Kopf.
Die Tochter ihrer alten Freunde würde ihre neue Lehrerin werden.
Und gestern war sie ihr bereits über den Weg gelaufen.
Ob sie es weiß?
Seufzend fuhr sich die junge Frau durch die Haare, ehe sie sich auch schon auf den Weg ins Gebäude machte.
Ihre Eltern hatten bereits alles geklärt, weshalb sie direkt zur Klasse gehen konnte.
Und natürlich hatte sie Geschichtswissenschaften in der ersten Stunde.
Besser konnte es für die junge Frau doch gar nicht laufen.
Als sie ihre neue Klasse betrat, wurde sie auch direkt skeptisch von ihren neuen Mitschülern angesehen.
Dies kannte sie ja schon.
Es war schon immer so gewesen, dass sie skeptisch angesehen wurde, sobald sie eine Klasse betrat.
Es war auch nicht das erste Mal, dass sie mitten im Schuljahr neu auf eine Schule.
Mit diesem Mal, war es bereits das vierte Mal, dass ihr so etwas passierte.
Oft hatte sie es sich ja selbst zuzuschreiben, auch wenn sie ihren Eltern gerne die Schuld dafür gab.
Immerhin hätte sie die Schule ja nie so oft wechseln müssen.
Doch wollten ihre Eltern immer, dass sie weg von ihren Freunden kam, die angeblich einen schlechten Einfluss auf sie hatten.
„Noch nie jemanden gesehen, der nicht aus Dublin ist?“ kam es leicht genervt von Michelle, als sie sich nach ganz hinten setzte.
Sie würde sich mit Sicherheit nicht nach ganz vorne setzten.
Dies hatte sie einmal getan und da wurde sie immer und immer wieder vom Lehrer dran genommen.
Außerdem konnte sie hinten mehr mit ihrem Handy spielen, als dem Unterricht zu folgen.
Als sie sich auf ihren Platz setzte, spürte sie immer noch die Blicke einiger Schüler auf sich und sah direkt zu ihnen.
„Woher kommst du?“
„London. Ich bin gestern erst hier her gezogen“ ruhig sah Michelle ihre neuen Mitschüler an.
Sie sollte es sich vielleicht nicht am ersten Tag mit ihnen verscherzen.
Zwar würde sie eh nur noch für acht Monate mit ihnen zusammen die Schulbank drücken, aber so lange, sollte sie zu mindestens ein klein wenig versuchen, nett zu ihnen zu sein.
„Und wieso mitten im Schuljahr?“
„Weil mein Eltern auf die Idee gekommen sind, mitten im Jahr zurück nach Dublin ziehen zu wollen, deswegen. Ihr könnt mir glauben, dass ich lieber zuhause in London geblieben wäre, als hier her zu ziehen“ Michelle lehnte sich zurück, schlug ihre Beine übereinander und legte ihre langen Brünetten Haare über eine Schulter.
Bevor einer ihrer neuen Mitschüler jedoch etwas fragen konnte, kam die Lehrerin auch schon in die Klasse.
Natürlich kannte Michelle sie schon.
Sie war die Frau, die sie gestern erst nach Hause gefahren hatte.
„Guten Morgen. Ich wollte euch kurz darüber informieren, dass wir eine neue Schülerin bekommen werden. Ich weiß, dass es nicht üblich ist, dass jemand mitten im Schuljahr zu uns wechselt, aber sie ist gerade erst aus London hier hergezogen und...“ doch stoppte die Lehrerin, als sie sah, dass Michelle bereits in der Klasse saß.
„Wie ich sehe, haben Sie den Weg hier her bereits gefunden Miss Taylor“
„So scheint es Miss McGrath“ lächelte Michelle, was auch Katie lächeln ließ.
„Gut, ich würde dann sagen, wir fangen mit dem Unterricht an und machen da weiter, wo wir aufgehört hatten. Charles? Würdest du Michelle bitte bei dir mit aus gucken lassen, bis ich die Unterlagen für sie zusammen habe?“
„Natürlich Miss McGrath“ lächelte der junge Mann neben Michelle, der auch lächelnd zu ihr blickte.
Kurz lächelte Michelle, ehe sie sich die Unterlagen anschaute.
Sie hasste dieses Fach, auch wenn sie nicht sonderlich schlecht in Geschichtswissenschaften war.
Sie hatte einfach nur keine Lust zu lernen.

Den gesamten Tag hatte Michelle nur damit verbracht, irgendwie an die Unterlagen zu kommen, um wenigstens etwas zuhause arbeiten zu können.
Der Unterricht an ihrer neuen Schule war etwas anders aufgebaut, als an ihrer alten Schule in London.
Vor der Schule lehnte sie sich gegen die Mauer und las sich die Nachrichten ihrer Mutter durch.
Sie würden erst in einer halben Stunde hier sein.
Na super. Da hätte ich doch auch nach Hause fahren können.
Seufzend legte sie ihren Kopf in den Nacken und schloss ihre Augen für einen Moment.
Sie war bereits seit halb sechs auf.
Erstens, weil sie mit den Hunden noch raus musste.
Dann musste sie sich natürlich noch um die Pferde kümmern.
Und dann musste sie dafür sorgen, dass sie wenigstens an ihrem ersten Tag pünktlich sein würde.
„Miss Taylor?“ leicht schreckte Michelle zusammen, ehe sie zu ihrer Lehrerin blickte.
„Miss McGrath? Was kann ich für Sie tun?“
„Ich wollte Ihnen nur die Unterlagen geben, die Sie für meinen Unterricht brauchen werden. Ich habe gerade gesehen, dass ich noch einige Kopien im Lehrerzimmer hatte“ lächelte die Schwarzhaarige, die mittlerweile fast so groß war wie Michelle.
Dies lag allerdings auch nur daran, dass die Ältere nun ein paar zehn Zentimeter hohe Pumps trug.
„Danke“ lächelte Michelle, als sie die Unterlagen entgegen nahm.
„Und Ihren neuen Stundenplan habe ich auch schon für Sie. Vor Sonntag sehen wir uns allerdings nicht mehr“ zwinkerte Katie der Jüngeren zu, ehe sie auch schon zu ihrem Wagen ging und verschwand.
Verdattert sah Michelle ihrer Lehrerin nun nach.
Sie wusste es also die gesamte Zeit über.
„Michelle?“ 
„Gott!“ atmete sie aus, als sie beinahe die Unterlagen fallen ließ und zu ihrer Mutter blickte, die aus dem Fenster des Wagens zu ihr schaute.
„Ich dachte, ihr braucht noch eine halbe Stunde?“
„Es ging doch alles schneller los steig ein. Wir haben eine Reservierung“ lächelte die Blondine freundlich, was Michelle kurz tief durchatmen ließ.
Ohne noch etwas zu sagen, stieg sie in den Wagen ihrer Eltern und packte, während ihr Vater zum Restaurant fuhr, ihre Sachen in ihre Schultasche.

„Und wie war der erste Tag?“
„Nicht schlecht“ zuckte Michelle mit den Schultern, während sie ihren Blick auf die Karte gerichtet hatte.
Es war natürlich wieder eines der besten Restaurants, was anders hatte sie von ihren Eltern nicht erwartet.
„Wie ist es eigentlich mit Sonntag? Lässt du jemanden kommen der kocht?“ fragte Michelle, nachdem sie die Karte beiseite gelegt hatte und zu ihrer Mutter blickte.
„Ich hatte eigentlich gehofft, dass du kochen könntest“ misstrauisch zog Michelle eine Augenbraue hoch.
„Und wieso sollte ich dies tun?“
„Weil ich weiß, wie gerne du kochst und ich keine Lust habe“ lachte Jane, was dafür sorgte, dass Michelle ihre Augen verdrehte.
„Ich halte es auch für eine gute Idee, wenn du es übernehmen würdest mein Kind. Immerhin haben wir unsere alten Freunde seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Genau wie deren Tochter“ 
„Also soll ich die gesamte Zeit in der Küche stehen und eure Freunde bekochen?“ Michelle legte ihren Kopf schief und sah ihre Eltern ernst an.
Dies hatte sie schon einmal getan und sie wusste, dass es nie eine gute Idee sein konnte, wenn sie das kochen übernahm.
„Du würdest uns Beiden einen wirklichen Gefallen damit tun Michelle. Und ich verspreche dir, dass es auch nichts besonders sein muss. Eine Kleinigkeit reicht vollkommen. Es muss kein komplettes Menü sein“ lächelte Jane, was Michelle kurz nicken ließ.
„Ich sollte dir aber wohl sagen, dass der Freund von Katie mit kommen wird. Sarah hatte mich vorhin angerufen und gefragt, ob dies in Ordnung sei“ Michelle nickte nur kurz, bevor sie etwas von ihrem Wasser trank und sich etwas im Restaurant umsah.
Sie hatte absolut keine Lust irgendwelche fremden Menschen zu bekochen.
Und garantiert nicht, den Freund ihrer Lehrerin.
Doch wusste sie, das sie nicht drumherum kommen würde.
Also fügte sich die 21-jährige ihrem Schicksal.
Was anderes, würde ihr an diesem Wochenende auch nicht erspart bleiben.

The TeacherWhere stories live. Discover now