Kapitel 27

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Alec steht, den Rücken an die Wand gelehnt, an der gegenüberliegenden Wand.

Dann kommt er auf mich zu, bis er schließlich so nah vor mir steht, dass wir uns fast berühren. Mein Herzschlag beschleunigt sich, und ich wette, er merkt es. Dann fasst er an meinen Arm - ich vergesse beinahe zu Atmen - und zieht mich so, dass ich neben ihm stehe. Er zeigt auf einen kleinen Knopf Rechts an der Wand neben dem Aufzug, dann drückt er ihn.

"Damit sollte es leichter gehen", grinst er, während sich der Aufzug mit einem klingelnden Geräusch öffnet.

Ich stehe da wie erstarrt.

'Was bin ich nur für ein riesiger Trottel!' schimpfe ich innerlich. Alec ist inzwischen an mir vorbei in den Aufzug gehuscht.

"Willst du nicht mitfahren?", fragt er.

"Äh...doch, klar...", murmele ich und stelle mich neben ihn.

"Wohin soll's denn gehen?", fragt er mich.

"Nach oben."

Alec fängt an zu lachen. Verwirrt sehe ich ihn an.

"Du versuchst also, abzuhauen!", stellt er fest, "Eigentlich sollte ich dich sofort zurückbringen, aber da sich hier ja keiner die Mühe macht, dir das Gebäude zu zeigen, werde ich das jetzt übernehmen."

Dankbar lächele ich ihn an.

Abermals ertönt das klingelnde Geräusch und die Aufzugstüren öffnen sich wieder, diesmal ist dahinter aber kein jahrhundertealtes, düsteres Gangsystem, sondern eine halbdunkle, offene Eingangshalle. Ein Tresen befindet sich gegenüber dem Aufzug, und Gianna steht dahinter. Als sie uns entdeckt, runzelt sie die Stirn. Sie blickt sich nach allen Seiten um, dann winkt sie uns zu sich. Betont langsam schlendert Alec hinüber, und ich passe mich seiner Geschwindigkeit an. "Seid Ihr verrückt geworden?", zischt sie Alec an, "Sie soll unten bleiben! Wenn Caius oder Aro davon erfahren, werden sie stinksauer sein!"

"Ich übernehme die volle Verantwortung dafür.", entgegnet Alec, während ich mich noch darüber wundere, wieso Gianna ihn so ehrfürchtig Siezt.

"Komm!", sagt er zu mir und führt mich in einen kleineren Seitengang. Nach einer Weile kommen wir am Fuß einer steilen Wendeltreppe an. Alec bedeutet mir mit einer Handbewegung, hinaufzusteigen, und folgt mir anschließend.

Kurze Zeit und 247 Stufen später erreichen wir eine Plattform. Ich sehe mich um. Wir stehen in einem alten Glockenturm. Aber das Wichtigste ist: Es gibt große Fensteröffnungen! Glücklich lächelnd eile ich dorthin, wo die Sonne auf die Plattform scheint und schaue hinaus. Nach den langen Tagen in den unterirdischen Gängen sind meine Augen das helle Sonnenlicht nicht gewöhnt und brauchen ein paar Minuten, bis sie sich vollends an die Helligkeit angepasst haben. Viele Meter unter dem Turm spielt sich das Alltagsleben einer kleinen Stadt ab. Der Turm ist Teil einer größeren Festungsanlage, die ziemlich zentral in der Mitte des Ortes liegt, und zugleich am höchsten Punkt des kleinen Berges, auf dem die Stadt erbaut ist.

Wieder und wieder laufe ich an den Fenstern an allen vier Seiten des Turmes hin und her, ich genieße es, wieder an der frischen Luft und im Sonnenlicht zu stehen und vergesse dabei völlig Alecs Anwesenheit. Erst sein leises Lachen bringt mich wieder zurück in die Gegenwart.

Ich drehe mich zu ihm um. "Danke", sage ich, "Dafür, dass du mich hierher gebracht hast."

Er lächelt. "Ich dachte, du müsstest mal wieder das Tageslicht sehen."

Da fällt mir etwas ein, was Carlisle in unserem letzten Gespräch erwähnt hatte.

"Was passiert, wenn ihr in die Sonne geht?", frage ich Alec geradeheraus.

Er zögert kurz, dann läuft er langsam auf die Sonnenseite der Plattform zu und bleibt schließlich einen halben Meter davor stehen. Er wirft einen fragenden Blick zu mir, und als ich nicke, streckt er seine Hand aus, sodass sie vom Sonnenlicht bestrahlt wird. Fasziniert vom Effekt der Sonne auf ihn bleibt mir der Mund offen stehen. Die Sonnenstrahlen werden von seiner Haut reflektiert und lassen diese wie einen Diamanten glitzern. Tausende winzige Lichtpunkte wandern über die Wände.

"Das ist.....unbeschreiblich....", flüstere ich, "Du bist eine wandernde Discokugel."

Im nächsten Moment zucke ich, erschrocken über meine Wortwahl, zusammen, aber Alec lacht nur.

"Ja, das bin ich wohl."

Die Stimmung scheint wieder gelöst zu sein, und in meiner Euphorie sprudelt mir etwas über die Lippen: "Wieso machst du das? Wieso führst du mich herum? Wieso bist du so freundlich zu mir? Wieso hast du mich nicht sofort zurückgebracht, sondern all das hier gezeigt?"

It's my lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt