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7: Abschied auf unbefristete Zeit

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Damian und Ryan stiegen von oberhalb meiner Wohnung über den Balkon zurück in mein Wohnzimmer. Wie auch immer sie da so schnell hochgekommen waren. Beinahe lautlos sprangen sie über das Geländer und huschten durch die nicht mehr vorhandene Tür. Ryan hatte mittlerweile wieder seine Kapuze bis ins Gesicht gezogen und preschte an mir vorbei in den Flur, um sich Joshua zu schnappen.

„Hey!", schnaubte der Junge, als der Mann ihn am Handgelenk zu Packen bekam, und warf mir einen hilfesuchenden Blick zu. „Du tust mir weh. Ich will nicht mit euch mitkommen."

„Tja Kleiner, dein Pech", entgegnete Ryan und zerrte Joshua, der seine Hacken in den Boden rammte, mit sich. „Man kann sich sein Leben nun mal nicht aussuchen. Leb mit uns oder ..."

„Oder was?", hakte Joshua nach und schlug mit der kleinen Faust auf Ryan ein. Dieser blieb stehen und seufzte. Als er meine Anwesenheit wieder wahrnahm, schien ihn die Zeit plötzlich zu drängen. Noch ungehaltener als zuvor drängte er sich an mir vorbei und schob Joshua durch die zerbrochene Balkontür. „Ich will nicht mit!"

„Sei jetzt still. Ich will hier so schnell wie möglich verschwinden."

„Hast du nicht etwas vergessen, Ryan?", fragte Damian mit einem merkwürdig süßlichen Unterton. Er stand einfach da, in Mitten meines Wohnzimmers, als würde er dort hingehören. Seine Ruhe machte mir allmählich Angst und die Tatsache, dass ich sein Gesicht nicht kannte ebenso.

„Was? Was soll ich vergessen haben?"

Damian gab ihm als Antwort einen Fingerzeig in meine Richtung. Ich erstarrte und hielt den Atem an. Jede Faser meines Körpers spannte sich an. Ich spürte förmlich die kleinen elektrischen Impulse durch mich hindurchströmen. Meine Lunge zog sich in meiner Brust zusammen, ließ dem Herzen noch mehr Spielraum, um durchzudrehen.

„Nein, du meinst das doch nicht wirklich ernst. Ich werde für diese Frau nicht den Aufpasser spielen."

„Natürlich wirst du das. Du bestehst schließlich auch darauf, dass wir sie nicht aus den Augen lassen und dabei keinerlei Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Du bist dafür die beste Wahl. Sicherheit geht vor und wir können sie nicht umbringen. Zumindest noch nicht."

Knurrend stapfte Ryan zum Balkon und hielt sich im letzten Moment davon ab, ein Loch in meine Wand zu schlagen. Dennoch konnte man seine Wut über die Entscheidung seines Freundes spüren. Waren die zwei überhaupt Freunde? Sie wirkten wie welche, obwohl Damian scheinbar die Kontrolle über die anderen besaß oder sie ihm zumindest folgen. Wie dem auch sei, ich würde mich in ihre beginnenden Streitigkeiten nicht einmischen.

Mein Magen drehte sich einmal in meinem Bauch herum, was die Übelkeit in mir hochtrieb. Ich würde also ab sofort unter ständiger Beobachtung eines Werwolfes stehen und das nur, weil ich Joshuas Leben gerettet hatte. Ziemlich unfair. Aber ich würde mich nicht beschweren, schon gar nicht, wenn die andere Option darin bestand, mich töten zu lassen. Zu allem Überfluss musste es natürlich Ryan sein, der mich bewachte und ganz nebenbei abgrundtief hasste. Ich fragte mich langsam, ob er nicht eine generelle Abneigung gegenüber Menschen hegte. Immerhin hatte ich einem von ihnen geholfen, ohne jede Gegenleistung zu verlangen oder jemandem von ihrem Überfall zu erzählen. Ich hatte sogar für sie gelogen und er musste sich zurücknehmen, um mich nicht auf der Stelle in Stücke zu reißen.

Auch Damian bewegte sich zur Balkontür, was mir unpassender Weise die Frage aufdrängte, ob sie die Funktion einer Haustür vielleicht gar nicht kannten. Mein Blick schien mich zu verraten und während ich bei Damian ein Schulterzucken als Reaktion bekam, schnaubte Ryan nur verächtlich auf. Besser, als mich wieder anzugehen. Mein Arm schmerzte tierisch. Ich konnte ihn kaum heben und wollte bei jeder Bewegung aufschreien, aber diesen Triumph über mich - einen schwächlichen Menschen - würde ich ihm nicht gönnen. Stattdessen harrte ich verkrampft im Türrahmen aus, bis sie endlich im Freien standen.

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