27. Kapitel

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Als sie am nächsten Morgen aufwachte, fand sich die junge Kriegerin im Kriegerbau wieder. Genau da, wo sie am Abend zu vor eingeschlafen war. Sie wusste sofort was am Vortag passiert war. Doch eine Sache interessierte sie mehr als die ganzen Tragödien. Lag Spitzmauszahn immer noch neben ihr? Sie blickte sich um und erkannte, dass der schwarze Kater immer noch neben ihr lag. Sein Rücken berührte ihre Flanke nur minimal, doch Feuerfeder genügte das. Sie beobachtete ihn eine Zeit lang, bevor er sich regte. Er drehte sich auf den Bauch und erblickte die Kriegerin. Diese versuchte vergeblich ein leises Schnurren zu unterdrücken. "Du bist noch hier?", fragte sie ihn mit einem neckenden Unterton. "Natürlich.", entgegnete er. "Das ist die perfekte Ausrede um länger schlafen zu können." Feuerfeder verdrehte nur die Augen und stand auf. Sie schüttelte sich Moosfetzen aus dem Pelz und verließ den Bau. Sie hörte wie Spitzmauszahn eine Zeit verunsichert liegen blieb, dann aber aufstand und ihr langsam folgte. Im Lager kam der roten Kätzin ein Wall von kalter Luft entgegen. Sie hatte das Gefühl, dass ihre empfindliche Nase gleich gefrieren würde. Spitzmauszahn war hinter ihr stehen geblieben und traute sich jetzt nichts zu sagen. Sie entdeckte ihre Mutter und sprang zu ihr. "Blattstern.", schnurrte sie vergnügt. Die Anführerin bemühte sich um eine gute Miene, als sie ihre Tochter erblickte. "Was gibt es, Feuerfeder?", fragte sie freundlich nach. "Ich wollte fragen, was ich machen kann. Soll ich im Lager helfen oder jagen?" Die Kriegerin sah, wie sich die Haare der Anführerin vor Entsetzten sträubten. Blattstern versuchte es zu verheimlichen, aber Feuerfeder wusste, dass ihre Mutter Angst hatte, dass sie wieder eingesperrt werden könnte, wenn sie auf die Jagd ging. "Kümmer du dich lieber um den Wiederaufbau das Lager.", meinte die Anführerin bestimmt. "Ich habe Scharfkralle die Aufgabe gegeben sich um alles zu kümmern. Wende dich also an ihn, damit du weißt was du  tun sollst." Die junge Kriegerin wollte gerade zurück zu Spitzmauszahn gehen, als Blattstern noch etwas hinzu fügte. "Und...du kannst dir erst Frischbeute nehmen, wenn die Jagdpatrouille zurück ist. Die restliche Beute auf dem Haufen ist für die Königinnen und den Ältesten." Mit einem Nicken symbolisierte Feuerfeder, dass sie verstanden hatte. Es steht jetzt schon schlecht um den Clan. Wie sollen wir bloß die Blattleere bestehen? Sie versuchte den Gedanken hinter sich zu lassen und ging zu dem schwarzen Krieger, der immer noch an der selben Stelle auf sie wartete. "Scharfkralle sagt uns was wir tun können.", erklärte sie ihm schnell. Gemeinsam bahnten sie sich einen Weg hinab zur Mitte des Lagers. Durch den umgekippten Baum, hingen einige größere Äste in der Klippe, die den Weg zum Bau der Krieger versperrten. Etwas länger als gewohnt, hatten Feuerfeder und Spitzmauszahn es schließlich geschafft heile in die Mitte des Lagers zukommen. Zwischen dem Heilerbau und dem Schülerbau hatte der zweite Anführer fast alle Krieger und Schüler um sich gesammelt. "Bachpfote, Nesselpfote und Plaumenpfote, ihr werdet mit Blütenduft alles vom Baum wegräumen, was sich vor der Kinderstube befindet. Elsterpelz, Kieselschatten und Spatzenschweif gehen jagen sobald Ziegensturm, Hoppelfeuer, Hellpelz und Sturmwolke zurück sind. Harryblitz, Minzfell und Feuerfeder. Ich möchte, dass ihr euch um die großen Äste vor dem Kriegerbau kümmert. Aber seid vorsichtig, wir können uns nicht erlauben noch mehr verletzte Krieger zuhaben." Feuerfeder war doch etwas überrascht. Scharfkralle wusste ganz genau was er macht. Er schien gestern schon ausgearbeitet zu haben, wer  heute was erledigt. "Spitzmauszahn, du begleitest bitte Echoklang und Tupfenwunsch. Sie können jede Hilfe gebrauchen." Es blieben nur noch Pechkralle, Bienenwolke, Schnupperdorn, Salbeibart und Wespenbart übrig. Rehfarn kümmerte sich um Ranke und es schien so als, würde sie sich ihm bald anschließen und ebenfalls in den Ältestenbau ziehen.  Doch Feuerfeder hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken. Schnell verabschiedete sie sich von Spitzmauszahn und folgte dann ihrem Bruder und der grau getigerten Kätzin zum Kriegerbau.

"Ich habe dich gestern gar nicht mehr gesehen, als du zurück kamst.", fing Harryblitz an, während er einen Ast mittlerer Größe  genauer inspizierte. "Aber das muss echt schrecklich gewesen sein, nach dem was ich gehört habe." "Schön war es wirklich nicht.", gab die Kriegerin zu. "Ich weiß gar nicht wo ich mehr Angst hatte. Bei der Schlacht im Gebirge gegen die Streuner oder dort in dieser Höhle eingeschneit zu sein." Harryblitz hatte mittlerweile eine geeignete Stelle gefunden um den Ast mit den Zähnen zu packen. Seine Schwester packte den Ast etwas weiter unten und Minzfell genau auf der anderen Seite. "Aber bei einer Schlacht, vor allem so einer wie ihr sie beschrieben habt, gibt es doch viel mehr Gefahren.", nuschelte die junge graue Kätzin.  "Schon...", brachte die Kätzin mit den grünen Augen angestrengt hervor, während sie mit den anderen den Ast von den anderen Ästen trennte. "Aber da weißt du vorher genau worauf du dich einlässt.... Als wir in die Höhle geflüchtet sind... hatte keiner damit gerechnet, dass wir eingeschneit werden." Feuerfeder blieb stehen und ließ vorsichtig den Ast los. "Wo soll der eigentlich hin?" "In den Fluss.", kam die knappe Antwort von ihrem Bruder. Sie packte wieder an der selben Stelle zu und gemeinsam zogen und schoben sie den Ast die Schlucht runter und versenkten ihn  schließlich im Fluss. Dieser riss das große Stück Holz mit Leichtigkeit mit, da die Strömung durch das zusätzliche Wasser vom Unwetter ziemlich stark war. "Wie viele haben wir davon noch?", fragte die Kriegerin mit einem Seufzen. Minzfell schnurrte belustigt. "Noch sehr viele und das war noch ein kleiner. Damit machten die drei Krieger sich wieder auf den Weg  nach oben. "Wo waren du und Sturmwolke?" Harryblitz schaute seine Schwester kurz an, bevor er sich wieder auf den Weg konzentrierte.  "Wir beide waren im Lager. Eigentlich waren fast alle im Lager bis auf die Grenzpatrouille und deine. Die Schüler und Ranke haben sich bei Springschweif und Kleeschweif und ihren Jungen in der Kinderstube versteckt. Die Krieger haben hauptsächlich Schutz im Kriegerbau gesucht." "Waren Weißmond, Herbstmond und Flickenfuss auf der anderen Patrouille?" Minzfell nickte. "Wo wir gerade bei diesem Thema sind. Hasenpfote muss nun auch im Heilerbau bleiben und sich erholen." Feuerfeder nickte. Dann suchte sie den nächsten Ast raus den die drei zum Fluss bringen konnten. Dieser Aufgabe kamen sie bis zum späten Mittag nach, bis Scharfkralle ihnen sagte, sie können sich ausruhen und etwas essen.

Gemeinsam mit ihrem Bruder teilte sich Feuerfeder eine Maus. Mit der setzten sie sich zu Sturmwolke, die gerade fertig war sich einen Vogel mit ihren altem Mentor zu teilen. "Ihr seid schon wieder zurück?", fragte Feuerfeder den älteren Krieger. Dieser nickte. "Ja, wir haben nur zwei kleine Vögel und eine Maus gefunden. Die meiste Beute versteckt sich immer noch vor diesem Wetter. "Wie sieht es eigentlich draußen aus?", wollte  der graue Kater wissen, nachdem er sich ein Stück von der Maus genommen hatte. "Nicht viel besser als hier.", begann Sturmwolke. "Alles voller Schnee und überall liegen Äste verteilt. Nur die Klippe sieht aus wie  immer in der Blattleere. Allerdings ist dort auch immer wenig Beute zu finden." Die vier Krieger unterhielten sich weiter, während Feuerfeder und Harryblitz ihre Maus verspeisten. 

Plötzlich wurde ihr Gespräch von einem schrillen Schrei unterbrochen. Aufgeschreckt sprang Feuerfeder auf. Sie folgte dem Schrei, um herauszufinden, was passiert war. Angekommen, entdeckte sie Minzfell über einen hellgrauen Körper hängen. Schnell erkannte Feuerfeder, dass es der Bruder der jungen Kriegerin war. Es waren einige andere hinzugekommen, darunter auch seine Mutter, Blütenduft. Die graue Kätzin gab einen lauten Klagelaut von sich. "Was ist passiert?", fragte sie Schnupperdorn, Pechkralle und Scharfkralle. Der zweite Anführer redete als erstes. "Wir waren auf dem Heimweg von unserer Patrouille, als wir beschlossen eben noch bei den Klippen vorbei zuschauen. Es muss sich eine Eisplatte gebildet haben, weswegen Salbeibart ausgerutscht ist und die Klippen hinab fiel." Alle herum stehenden Katzen hatte stillschweigend dem Bericht des Stellvertreters gelauscht und fingen nun an sich unruhig  über das Geschehene zu unterhalten. Auch die beiden Heilerinnen waren aus ihren Bau gekommen. "Wir werden ihn für die Totenwache vorbereiten.", meinte Echoklang sanft, aber doch mit bedrückter Stimme. Gemeinsam mit Tupfenwunsch zog sie den Leichnam in ihren Bau. "Wurde die Totenwache für Herbstmond und Weißmond eigentlich schon abgehalten?" Aus den Augenwinkel erkannte sie wie ihre Schwester nickte. Die Ansammlung von Katzen löste sich wieder auf. Einige gingen ihren Pflichten nach, während andere verwirrt und traurig über die Geschehnisse redeten. Feuerfeder erkannte Spitzmauszahn und ging auf ihn zu. "So schrecklich was hier passiert...", flüsterte der dünne Kater. Sie drückte tröstend ihre Schnauze gegen seine. "Wie war denn dein Tag heute?", versuchte sie ihn abzulenken. "Gar nicht gut.", entgegnete er. "Es scheint um Flickenfuss und Hasenpfote so schlimm zu stehen, dass immer eine der beiden Heilerinnen bei ihnen ist. Deswegen habe ich auch alleine mit Echoklang nach Kräutern gesucht, während Tupfenwunsch hier  blieb." Erschrocken schaute sie den Krieger an. "Wie furchtbar. Hoffentlich werden sie wieder gesund." Spitzmauszahn nickte nur leicht.

Der Mondschein ließ das graue Fell silbern glänzen. Salbeibart war mit einigen Kräutern verziert und lag unter dem großen Felsenhaufen. Direkt neben ihm kauerten Blütenduft und Minzfell, von denen man ab und zu ein leises Schluchzen hörte. Blattstern und Scharfkralle saßen mit gesenkten Köpfen etwas weiter weg von dem Toten. Feuerfeder hatte sich gegen Spitzmauszahn gedrückt, um sich vor der Kälte und der bedrückenden Stimmung zu schützen. Dieser saß stillschweigend und hatte den Blick fest auf Salbeibart gerichtet. Feuerfeder wüsste gern, was der schwarzer Krieger gerade dachte, doch sein Blick ließ keine Interpretationsmöglichkeiten. Ihre Geschwister befanden sich direkt neben ihr. Sie wechselten einen kurzen Blick und Feuerfeder erkannte, wie sich ihre eigene Trauer in den Augen ihrer Geschwister wieder spiegelte. Die ganze Nacht saß der Clan stillschweigend und trauernd um den Toten. Als die ersten Sonnenstrahlen in die Schlucht fielen, standen Wespenbart, Ranke und Rehauge auf. Die drei packten den Leichnam und trugen ihn aus dem Lager. Feuerfeder stand auf und bewegte ihre steifen und eingefroren Glieder. Langsam ging sie mit den meisten anderen Kriegern in den Kriegerbau, um sich auszuruhen.




Die Macht des FeuersWhere stories live. Discover now