⚕four

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Wir wechselten zweimal den Zug und den Göttern sei Dank verschwand der Hubschrauber, der uns seit Washington verfolgte.

Die Endstation war ein Gewerbegebiet, in dem es nur das große Nichts gab. Auf den Bahngleisen und den Lagerhallen lag eine dicke Schneeschicht, bei deren Anblick mich sofort fror. Kein Wunder: ich trug ein weißes Kleid und aufwendig verziehrte  Sandalen. Nicht gerade die beste Auswahl, aber das war das, was ich trug, als ich von dem Schiff floh.

Meine Campkollegen waren viel weiser gewesen: sie hatten wenigstens geschlossene Schuhe und lange Klamotten an.

Ich merkte, wie die anderen versuchten, sich aufzuwärmen und ließ mich zurückfallen.

Meine Körpertemperatur sank stetig, deshalb versuchte ich, mich mit meiner Heilkraft zu wärmen. Klappte leider nicht gut.

Seufzend gab ich mich geschlagen. Bevor ich hier erfrieren würde, setzte ich lieber mein Geheimniss aufs Spiel.

Schnell blieb ich stehen und wärmte mich ein klitzekleines bisschen mit meiner Kraft auf. Ich hielt sie so in Grenzen, dass ich keine Aufmerksamkeit erregen sollte.

Statt an mir vorbeizugehen ging Percy neben mir her und ich sah keinen anderen Ausweg, als das Schritttempo zu halten. Andernfalls hätte er es sowieso gemerkt. Ich hoffte nur, dass ihm meine Kraft entgehen würde.

,,Wieso zum Tartarus leuchtest du?", fragte er irritiert und griff instinktiv in seine Hosentasche, um Springflut zu umklammern. Na toll. Große Klasse.

Ich seufzte. Ich musste es ihm wohl oder übel erzählen, denn eine Ausrede fiel mir auf die Schnelle nicht ein.

,,Ich hab' Sonnenkräfte, das heißt, ich kann Sonne und Wärme kontrollieren. Die Kraft ist ziemlich gefährlich und ich bin auch die Einzige von Apollo's Kindern, die das kann. Das darfst du aber auf keinen Fall jemanden erzählen, okay? Ich will nicht, dass das jemand erfährt."

,,Wer weiß davon?", fragte Jackson immer noch verwirrt.

,,Luke, Dad, Lee und Zoë. Und jetzt du."

Percy nickte und wir gingen stumm weiter.

,,Was ist passiert?"

Verwirrt sah ich ihn an. ,,Woher weißt du, dass etwas passiert ist?"

Er zuckte mit den Schultern. ,,Weshalb sollte sonst keiner davon erfahren?"

Ich zupfte an dem Saum meines weißen Kleides, das durch meine vorhin eingesetzte Heilkraft wieder wie neu aussah. Wenn man lange genug trainierte, konnte man die Heilkraft auch an Gegenständen ausüben.

,,Hast du dich schonmal gefragt, woher Luke die Narbe an seinem Handgelenk, die kleine an der Augenbraue und die an seinem Haaransatz hat?"

,,Sie sind vom Kämpfen, oder etwa nicht?", meinte Percy.

,,Nein. Ich bin Schuld daran. Als Luke entdeckt hat, dass ich Sonnenkräfte habe, war er sofort Feuer und Flamme. Er hat mit mir trainiert und ich bin von Tag zu Tag besser geworden. Und plötzlich, mitten unterm Training, ging etwas schief. Luke nennt es 'die Explosion'. Ich konnte meine Kraft nicht mehr kontrollieren, es war als würde ich explodieren. Aber der Schmerz den ich durch diese innerliche Explosion hatte, war nicht so schlimm, wie zu sehen, was ich Luke angetan habe. Er wurde an einen Felsen geschleudert und war an der Schwelle zum Tod. Luke hat ziemlich viel Blut verloren. Ohne meine Heilkräfte wäre er mit verdammt großer Wahrscheinlichkeit tot. Seine Narben erinnern mich jedes Mal daran.", erzählte ich.

Percy sah mich lange an. ,,Und jetzt versuchst du, diese Kräfte so wenig wie möglich zu nutzen, nicht wahr?"

Ich nickte.

,,Sowas kann passieren. Du hast Heilkräfte, alles ist nochmal gut gegangen.", meinte Percy noch ehe wir von den Anderen unterbrochen wurden.

,,Hey!", schrie Zoë uns glücklich zu.

Wir sahen zu ihnen und stellten erfreut fest, dass sie neben einer brennenden Mülltonne standen.

Beim Näherkommen sahen wir den Obdachlosen, der uns Platz gemacht hatte. Scheinbar sahen wir ziemlich erbärmlich und durchgefroren aus.

,,Das ist w-w-wunderbar.", meinte Thalia mit zitternder Stimme.

Grover seufzte auf. ,,Ich glaube, meine Hufe sind erfroren."

Percy korrigierte ihn sofort. ,,Füße."

Bianca schlug vor, sich ans Camp zu wenden und ich hörte weg. Dort draussen waren Luke Castellan, Annabeth Chase und Artemis, und alle drei schwebten in Gefahr. Wir mussten sie retten. Egal was passierte.

Ich spürte die Anwesenheit meines Vaters und sah mich vergeblich um. Dann bemerkte ich den Obdachlosen, dessen blaue Augen belustigt funkelten. Das war eindeutig Dad.

Mein Vater hatte meine Erkenntnis bemerkt und deutete mir mit seinem Blick, still zu sein.

Was spielte er nur wieder für ein Spiel?

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{704 Wörter}
[Aktualisiert am 07. 05. 18]

Die Suche nach dem Verlorenem ⚕ Luke CastellanWhere stories live. Discover now