Chapter 3

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In der Nacht bekam ich kein Auge zu, da ich immer wieder an das Angebot meines Bruder nachdenken musste. Obwohl ich, gezwungenermaßen, zugestimmt hatte, überlegte ich über eine Alternative nach.

Früh am Morgen klopfte es an meiner Tür und, weil ich schlussendlich doch noch eingeschlafen war, reagierte ich dementsprechend genervt. Doch es kam keine Antwort. "Mhm?" Gab ich von mir und hörte wie sich etwas vor der Tür bewegte. "Taemin, ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich in einer Stunde abgeholt werde. Du kannst mitkommen wenn du willst und wenn nicht, dann nicht." Sprach Taeyong mit einer ruhigen Stimme gegen meine verschlossene Tür. Nun hatte ich die Wahl. Entweder mit meinem ungeliebten Bruder mitfahren, für ihn und seine Freunde/Kollegen arbeiten und Geld verdienen oder bei meinen Eltern bleiben, die sowieso immer nur Augen für ihn hatten und mich nie beachteten.

Nach dieser Schlussfolgerung stand mein Entscheid fest. Ich würde mit meinem Bruder mitkommen. Vielleicht lag es an der jahrelangen Desinteresse meiner Eltern, aber vielleicht wollte ich auch wissen, weshalb mein Bruder so geworden war, wie er jetzt war.

Fertig angezogen und mit gepacktem Koffer ging ich die Treppen hinunter und wurde von meinen Eltern großäugig begutachtet. Mein Vater stand im Anzug vor mir und musterte mich gründlich. Meine großen Augen hatte ich eindeutig von meiner Mutter, da die Augen meines Vaters nur typische kleine Schlitze waren. Seine bereits grauen aber noch vollen Haare hatte er wie immer zur Seite gekämmt und mit Haarspray fixiert. Seine ledernen, schmalen und garantiert teuren Lackschuhe schritten, mit einem gewöhnungsbedürftigen Schall, über die weißen Fliesen unseres Hauses. "Hast du dich doch noch dazu entschlossen, den richtigen Weg zu gehen?" Kam es von meinen Vater mit einer älteren und raueren Stimme zu mir, wobei mir der Geruch seines Rasierwassers in die Nase stieg. "Ich habe mich dazu entschlossen, meinen eigenen Weg zu gehen." Antwortete ich ihm und probierte einen selbstbewussten Eindruck zu hinterlassen. "Warum seid ihr eigentlich noch hier? Müsst ihr nicht zur Arbeit?" Fragte ich den Mann vor mir, hinter diesem auch noch meine Mutter auftauchte. "Taemin, wir lassen Taeyong doch nicht einfach so fahren ohne Tschüss gesagt zu haben." Erklärte meine Mutter und kurz darauf kam mein Bruder, gefolgt von mir fremden Leuten die Treppe hinunter. Die fremden Männer schlurften einpaar Taschen hinter sich her und gaben diese wiederum an andere Männer weiter. Einer dieser Handlanger lief zu meinem Bruder und fragte ihn, ob er den Koffer neben mir ebenfalls verladen sollte. Der Ältere blickte überrascht von meinem Koffer zu mir und nickte daraufhin dem Mann vor ihm entgegen. "Wo soll ich hingehen?" Fragte ich mein Bruder, dieser sagte mir, dass ich einen seiner Manager fragen sollte.

Also waren diese ganzen fremden Männer Manager oder sonstige Angestellte, welche meinem Bruder sogar die leichtesten Tätigkeiten abnahmen. Gut zu wissen, wo ich hingehörte...

Während ich von einem der Männer in den Van geführt wurde, dachte ich darüber nach, was meine Mutter gesagt hatte. "Für mich hatten sie sich nie frei genommen," nuschelte ich gereizt vor mich hin und spielte mit den Kopfhörern in meiner Hand. Enttäuscht schloss ich meine Augen und unterdrückte mir eine Träne. Meine Eltern hatten sich noch nie für mich von ihrer ach so wichtigen Arbeit frei genommen. Nicht bei meinen ganzen vergangenen Geburtstagen, nicht bei Feiern, noch nicht mal für meine Einschulung. Damals war meine Oma dabei gewesen, sie war immer da gewesen. Doch dann verstarb sie vor sechs Jahren und somit wurde mir auch der letzte halt unter den Füßen weggerissen.

Taeyong stieg einen Platz schräg gegenüber von mir ebenfalls in das Auto und wir fuhren los. Einmal guckte ich meinen Eltern noch hinterher, doch wandte meinen Blick dann von dem Paar, welches in der Tür dieses gigantischen und luxuriösen Hauses stand, ab. Mit dem Umzug hatte sich alles verändert.
Ich hatte ja mal erwähnt, dass wir nicht immer soviel Geld hatten, aber wie man sah, war das schon lange nicht mehr der Fall. Wir wohnten nun in einer angesehenen und passablen Gegend in Seoul, ein Haus teurer als das andere. Und es fing alles mit meinem Bruder an.

Als Taeyong plötzlich bei SM angenommen- und zum Trainee ausgebildet wurde, zog er bei uns aus. Meine Eltern mussten nun nur noch ein Kind versorgen. Natürlich blieb es in unserem Dorf kein Geheimnis, dass mein Bruder bei SMTown angenommen wurde, es verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Er sollte das Gesicht und der Leader von SM's neuer Boy Group Idee werden. Mein Vater war damals ein einfacher Geschäftsmann, er pendelte von Tag zu Tag, von unserem Dorf in die Hauptstadt zu seiner Arbeit. Von früh morgens bis spät abends. Er war ein Finanzberater. Aber als sich das Gerücht von meinem Bruder in Seoul, und auch in der Firma meines Vaters rumsprach wurde er befördert. Er bekam tolle Jobangebote von riesigen Firmen, einschließlich Samsung. Wo er heute auch arbeitete, als einer der bestbezahltesten Finanzberater und Firmenberater. Also verkauften wir unser altes Haus in unserem damaligen Dorf und zogen in die Hauptstadt Seoul. Meine Mutter fand schnell gefallen an der neuen Heimat und bekam auch schnell einen Job. Sie arbeitete seitdem in einem Beauty-Shop und hatte sich von dort an grundlegend verändert. Sie musste immer gestylt aussehen und wenn ich dies nicht war, wurde ich von ihr wie Luft behandelt. Mein Vater trug seitdem nur noch Anzüge und war, sowie auch meine Mutter, ständig am Arbeiten. Sie liebten Seoul, doch für mich war es die Hölle.

"Wir sind da. Sie sollten sich etwas vor's Gesicht halten, damit nicht jeder sofort erkennt, dass Lee Taeyong's Schwester ebenfalls bei SM ist. Es ist zu Ihrem eigenen Schutz." Erklärte mir einer der Manager, woraufhin ich nur nickend mein Einverständnis gab. Ich bekam von ihm auch einen schwarzen Hefter zum Verdecken meines Gesichts gereicht und musste mich sofort der Realität stellen. Mein Bruder war schon vorgelaufen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, erklärte mir ein weiterer Herr. Dieser begleitete mich durch die Masse der kreischenden und schreienden Mädchen. Ich hasste zwar meinen Bruder, doch so etwas sollte niemand ausgesetzt sein. "Dein Gepäck wird in dem Dorm der Jungs für's erste untergebracht sein, bis wir eine Alternative gefunden haben. Jetzt wirst du zuerst mit deinem Bruder zu den anderen gehen. Morgen wirst du anfangen aber der Rest wird dir später erklärt." Meinte die erste Frau die ich bislang zu Gesicht bekommen hatte zu mir und deutete mir eine Richtung mit der Hand an. Am Ende des Ganges stand mein Bruder vor einem Fahrstuhl, wartend auf den Aufzug. Wortlos stellte ich mich neben dem älteren hin und machte es ihm nach. Als sich die Tür vor uns öffnete stiegen wir ein und fuhren zwei Etagen nach oben. Die Fahrt verlief schweigsam und etwas komisch. So nahe stand ich meinem Bruder seit über fünf Jahren nicht mehr.

 So nahe stand ich meinem Bruder seit über fünf Jahren nicht mehr

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⁰³ BROTHERS LITTLE SISTER | nctWhere stories live. Discover now