6- privater Zeitvertreib, demnächst Anklopfen bitte

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~Charli XCX - Boom Clap ~

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~Charli XCX - Boom Clap ~

Mit einer Geste, die wie ein Ententanz aussah, fummelte ich meinen Hausschlüssel aus der Jackentasche, die zusätzlich mit jeder Menge anderem unnötigen Zeug vollgestopft war und schlug somit drei weitere Minuten Tod, die mir meine Mutter vorhalten kann, zum Thema zu spät kommen. Als ich ihn dann endlich mit zwei Finger zufassen bekam, zog ich ihn heraus, so wie den Rest des Inhaltes der Tasche und ließ ihn zu Boden Fallen. Ich stöhnte einmal frustriert auf und bückte mich dann um den dämlichen Schlüssel genau wie den restlichen Müll auf zu heben und wieder in die Tasche zu stopfen. Eigentlich hätte ich es auch gleich in die Mülltonne zwei Schritte von mir entfernt schmeißen können, aber diese zwei Schritte waren mir zu schade und so landete der Müll einfach zurück in der Tasche. Ich hob den Schlüssel ans Schlüsselloch und wollte ihn gerade reinstecken als sich die Tür öffnete und mein Bruder mich breit angrinste.


»Ich dachte ich mach dir die Tür auf« grinste er und trat ein Stück zur Seite. Mein Bruder war ein dämliches Jahr älter als ich und nutzte dieses auch sehr gerne aus. Er hatte blondes Haar und blaue Augen die etwas schielten, welches aber auf sein Down-Syndrom zurück zuführen war. Ja, richtig gelesen. Mein Bruder hatte das Down-Syndrom, sprich das 21 Trisomie kommt in seinem Chromosonkiosk, Drei mal statt zwei mal. Auch darauf zurück zuführen war sein markante Sehschwäche, weshalb er noch eine runde Brille auf der Nase trug. Sein dämlichen Humor ist allerdings nicht darauf zurückzuführen. 

Aber da mein Bruder selbst an einer "Behinderung" litt, konnte ich erst recht nicht verstehen wie Friederike so derartig gehässig zu ihrem eigenen Bruder sein konnte. Auch wenn es nur ihr Stiefbruder war. 

Ich habe Behinderungen auch absichtlich in Gänsefüßchen markiert da das Down-Syndrom meines Bruder für mich keine Behinderung darstellt. Er kann leben, wie wir auch. Er atme, wie wir auch. Er kann lachen, wie wir auch und er ist ein herzensguter Mensch, welches manche nicht mal ohne "Behinderung" sind. Für mich ist seine Behinderung keine Behinderung. Es ist ein Geschenk. Ein Geschenk vom lieben Amen aus der Kirche, der sich etwas dabei gedacht hat, als er meinem Bruder mit diesem Geschenk auf die Welt kommen ließ. Deswegen hatte ich auch so eine wahnsinnig große Verabscheuung Vorurteilen gegenüber. 

Viele wollte früher mit meinem Bruder nicht spielen als er klein war. Er war oft allein, weil die anderen Kinder sagten, er sähe komisch aus, ist komisch und wollten deswegen nicht mit ihm zutun haben. Vor allem die kleinen Kinder heutzutage, denen das nötige Wissen fehlt um zu verstehen was los ist, sind meist die, die solch gehässige Leute werden. Genau deswegen sollte man meiner Meinung nach Kinder nicht überall wegschauen lassen. Man erkennt doch an den heutige Erwachsenen, wer weiß, was mit meinem Bruder ist und wer nur dümmliches Geschwätz glaubt, das irgendein Unwissender verbreitet.

Na toll. Jetzt habe ich mich in meinen Gedanken sosehr in Rage geredet das meine kurzzeitige Wut auf meinen Bruder, wegen seinem dämlichen Humor, verflogen war. Sein Glück.

Er grinste mich an, während ich unseren Hausflur betrat, meine Schuhe ins Regal stellte und meine Jacke über den Garderobenständer warf.

»Mum hat Marakronieauflauf gemacht« erzählte er mir, während wir  die Treppe hinauf gingen, ich meine Tasche in mein Zimmer schmiss und dann meinen Bruder in die Küche folgte, wo bereits drei dampfende Teller Auflauf standen. Wie aufs Stichwort knurrte mein Magen und hungrig setzte ich mich auf meinen Platz, goss mir etwas Wasser ins Glas ein und fing an zu essen.

»Hallo Mum« begrüßte ich sie, bereits mit vollem Mund, während ich den leckeren aber tausend meter langen Käse aufzog und mir in den Mund steckte.

»Ab  Dreißig Gramm wird es undeutlich, steck dir doch noch mehr in den Mund, ja?« Super. Sie war wieder angepisst, weshalb auch immer, das ist genau das, was mir am ersten Schultag nach den Ferien fehlte. Eine angepisste Mutter,  aus einem Grund den du nicht kanntest, ihn aber wissen solltest bevor du auch nur noch ein Wort sagst.

Dennoch lud ich mir noch eine Gabel in den Mund, der bereits voll war und begrüßte sie dann nochmals, weshalb sie wütend ihre Gabel auf den Tisch knallte und mich anblickte.

»Benehmen, Emilia. Benehmen? Kennst du dieses dämliche verschissene Wort? Ist das in deinen abgefuckten Vokabular enthalten oder kannst du nur Diggah, Alter und Ich schwör von dir gegeben«

Drei witzige Dinge vorab.

1. Ich Diggah,Alter niemanden und ich sage auch nicht Ich schwör.
2. Während meine Mutter mir eine Standpauke hielt hing ihr der Käse aus dem Mund und flatterte nur so umher während sie sprach, welches einen amüsanten Anblick erschaffte.
3. Für jedes schlechte Wort, wie dämlich, verschissen oder abgefuckt, muss der jenige einen Euro in die Taube zahlen.

»Drei Euro« sagten ich und mein Bruder synchron, während ich mich duckte um einer womöglich fliegenden Gabel aus dem Weg zu gehen, bei meiner Mutter wusste man nie.

An sich, war meine Mutter eine hübsche Frau. Sie hatte eine athletische Figur und das nach Zweieinhalb Kindern, langes blondes Haar, blaue Augen mit einem Schimmer von Smaragdgrün um der Iris herum und eigentlich ein liebliches Gesicht. Allerdings nur wenn der Käse nicht im halben Gesicht hängt, Tomatensauce auf ihrem weißen T-shirt klebte und ihr Gesicht vor Wut verzehrt war.

»Ich scheiß auf die drei Euro verdammt. Ich habe es satt, solche Kinder aufzuziehen die sich nicht benehmen können.« Sie knallte eine geballte Faust auf den Tisch und wechselte den Blick von mir zu Felix.

»Anklopfen. Wisst ihr beide was anklopfen ist oder seit ihr dafür zu inkompetent? Ihr müsst einfach nur eure blöde Hand heben und gegen die scheiß Tür schlagen und danach fragen ob ihr rein kommen könnt. Ich habe auch Privatsphäre, auch Dinge mit denen ich mich beschäftigen will« schrie sie rum und nun wanderte auch mein Blick zu Felix.

Das einzige was von ihm kam war eine schlichte Frage und ich wusste nicht ob meine Mutter danach weinte, lachte oder einen totalen Ausraster bekam. Jedenfalls räumte ich schnell das ganze Besteck weg und auch alles andere, mit der sie meinen Bruder oder mich töten konnte. 

»Seit wann ist Tobias ein Ding?«

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Oben der noch unbekannte Tobias. Der private Zeitvertreib von Emilias Mutter.

The Asperger Boy [✅] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt