Kapitel 10

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"Lasst mich los! Verdammt! Ich mach euch alle fertig! Summer! Summer! Fasst mich nicht an!" Das Brüllen, das in meinen Ohren erklingt reißt mich aus meinem tiefen, unruhigen Schlaf. Adam. Er ist hier. Vor der Tür der Intensivstation die mich von ihm abgrenzt. Von ihm, der mich hier her befördert hat.

"Grace?" Bringe ich leise heraus. Sie ist nicht da. Und sonst auch ist keiner mehr in dem Zimmer. Ich bin ganz alleine.

"Summer! Summer sag endlich was!" Immer wieder erklingt sein lautes Brüllen, doch ich werde nichts sagen. Das kann ich nicht. Mir fehlt die Kraft und der Mut.

Aus dem Augenwinkel beobachte ich wie er langsam von der Security des Krankenhauses abgeführt wird.

"Summer! Summer sag endlich was!". Schweißgebadet reißen mich die Worte von Adam aus meinen Träumen. Er war nicht da. Niemand war da außer Grace.

"Hey süße. Alles ist gut. Beruhig dich mal." Sie legt ihre eisigen Hände auf meine feuchte Stirn.

"Ich... Ich hab nur schlecht geträumt." Gebe ich leise von mir, während ein weiterer Schmerz meinen Kopf durchdringt.

"Wie geht es dir denn?" Sie schaut mich immer noch genauso besorgt an wie gestern.

"Könnte besser sein. Weißt du schon wann ich endlich hier raus kann?" Frag ich sie und fahre mir langsam mit der Zunge über die Lippen. Ich hatte den kompletten vergangenen Tag verschlafen.

"Der Arzt meint sobald die Berichte aus dem Labor da sind. Wenn da alles gut ist darfst du entlassen werden. Ich hab auch schon alles mit deinen Eltern geregelt, aber keine Angst, ich hab ihn nichts vom Adam erzählt. Sie denken du seist ausgerutscht. Ich hoffe, dass das ist für dich in Ordnung ist. Ich wusste nämlich nicht ob du willst dass sie die Wahrheit wissen." Ich zwinge mir ein Lächeln ab. Sie denkt wirklich immer mit.

"Ist schon richtig so. Danke Grace." Sie streichelt wieder über meine kleinen Hände und ehe ich mich versehe bemerke ich, dass meine Augenlieder immer schwerer werden, bis ich sie schließlich nicht mehr aufhalten kann und sie zufallen. Ich lasse es zu und gleite langsam in einen süßen Schlaf. Die Zweifel, Ängste und Befürchtungen fallen von mir wie eine Last die ich auf den Schultern getragen habe.

-

"Es hat sich ja gar nichts verändert hier!" Ich schaue mich in meinem Haus um, während Grace noch mit meinem Koffer beschäftigt ist.

"Was hast du erwartet? Du warst ja nur zwei Tage weg."

"Tatsächlich, es hat sich aber wie eine Ewigkeit angefühlt. Ich glaube ich habe mein Zeitgefühl in den paar Tagen verloren....". Ich sage das viel mehr zu mir selbst als zu Grace.

Langsam mache ich ein paar Schritte ins Wohnzimmer. Grace muss hier aufgerämt haben, denn es liegen keine Scherben mehr auf dem Boden und sonst sieht auch alles ganz ordentlich aus. Vor der Wand bleibe ich stehen. Ich strecke meine Hand nach der Vertiefung aus um mich zu vergewissern, dass sie wirklich da ist und ich mir das Ganze nicht nur einbilde.

Ich spüre Grace Blick auf mir ruhen und ohne mich umdrehen zu müssen, weiß ich, dass sie hinter mir steht. Sie ist ganz still und lässt mich machen. Das ist eine der vielen Sachen die ich so an ihr liebe. Sie weiß einfach immer wann es besser ist nicht zu sagen und gerade ist so ein Moment. Dann scheind sie doch etwas sagen zu wollen, denn sie räuspert sich leise.

"Ich könnte etwas zu essen vertragen, wie sieht es mit dir aus?" Fragt sie mich fürsorglich wie eh und je.

Erst jetzt bemerke ich wie leer mein Magen ist. Das Essen aus dem Krankenhaus war nicht essbar, daher habe ich die Mahlzeiten eher ausfallen gelassen. Ein knurren meines Magens scheint Antwort genug zu sein, denn Grace erkundigt sich nur noch ob sie etwas holen soll oder ob wir wohin gehen wollen. Ich entscheide mich für zweiteres.

Da ich das Krankenhaus nicht verlassen durfte war ich froh endlich wieder frei zu sein und raus gehen zu dürfen, zudem wollte ich nicht länger an diesem Ort bleiben, an dem mich jeder Gegenstand und jeder Gruch an Adam erinnert und was geschehen war.

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"Ich nehm die Tomatensuppe und als Beilage das Knoblauchbrot, ach können sie doch die Speckwürfel bei der Suppe weglassen?" Plappert Grace vor sich hin während sie fröhlich ihre Bestellung aufnimmt. Der Kellner nickt nur und schreibt alles auf einen kleinen Block.

Ich mustere ihn. Er sieht nicht schlecht aus. Sein markantes Gesicht wird durch die großen, grünen Augen nur noch interessanter. Ich scheine ihn einen Augenblick zu lange angesehen zu haben, denn Grace versetzt mir unter dem Tisch einen leichten Stoß mit ihrem Fuß, was mich aus meinem Zustand reißt.

"Ähhhh was...." stottere ich und es hätte nur noch gefeht, dass ich anfange zu sabben. Sofort steigt mir Hitze in die Wangen und ich erröte.

"Und was hätten sie gerne zu essen?" Fragt der Kelner erneut. Er lächet und ein Grübchen zeichnet sich auf seiner Wange ab. Mir sinkt das Herz in die Hose. Adam hat auch immer Grübchen wenn er lacht.....

Ich reiß mich zusammen und werfe einen kurzen Blick auf die Speisekarte, ich hatte ihr bisher noch keine Beachtung geschenkt und daher bestelle ich das erst beste, dass mir in die Augen fällt. "Ich hätte gerne den gemischten Salat und eine große Cola." Ich schenke dem Kelner ein zarghaftes Lächeln, als er die Speisekarten einsammelt.

"Salat?" Fragt Grace und zieht eine Augenbraue in die Höhe. "Du kannst dir alles bestellen und entscheidest dich für Salat? Die hätten dich doch noch länger im Krankenhaus behalten sollen, denn dem Anschein nach bist du nicht Herr deines Verstandes."

Grace hatte zwar irgendwo recht, aber es war mir egal, alles war besser als das Essen aus dem Krankenhaus. Als es dann gebracht wurde schlang ich den Salat so schnell runter, dass Grace mir noch ihr Knoblauchbrot abtragt, da sie Sorge hatte ich würde verhungern.

Ich liebe diese schwerelosen Momente mit ihr. Es sind Momente wie diese in denen ich mich fühle wie ich selbst und das kommt in letzter Zeit nur noch selten vor.

Bevor ich überhaupt darüber nachgedacht habe sprudeln die Worte bereits aus meinem Mund heraus. "Grace ich muss hier raus, ich halte das alles nicht mehr aus und wenn ich jetzt nicht gehe ist es später vielleicht zu spät."

Ich war nie der Mensch um den man sich Sorgen machen musste. Ich hatte stets ein lächen auf den Lippen und wusste genau wo ich in meinem Leben stehe. Zwei Dinge die ich im Moment nicht behaupten kann.

Ich will es mir nicht eingesetehen, aber ich befürchte langsam depressiv zu werden oder sogar verrückt.

Grace nickt nur verständlich als hätte sie die ganze Zeit über auf diese Worte gewartet.

"Und wo willst du hin?" Fragt sie.

"Ich weiß es noch nicht, bloß weg von hier. Zumindest fürs Erste."

"Und was ist mit Adam?" Flüstert Grace kaum hörbar, aber ich hab es gehört.

"Er ist der Grund warum ich gehen muss...."

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⏰ Last updated: Jun 04, 2017 ⏰

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