Chapter 26

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Intensivstation, Krankenhaus, Seoul

Meine Gedanken kreisten nur noch um einen einzigen Namen. Park Jae. Jay Park. Während ich da unten lag und wahrscheinlich vor mich hin starb, war hier oben größter Aufruhr. Ich stellte mir vor, wie winzige Menschen durch meinen Kopf rannten, Akten sortierten, schrien und Regale umwarfen. Auf der Suche nach einer Lösung. Die Antwort auf die Frage: "Wo war Jay?"
Das Mädchen auf dem Krankenbett, Ich, begann sich zu schütteln. Es sah aus als hätte ein Erdbeben oder ein Dämon das arme Ding erfasst und rüttelte es vom Brustkorb ausgehend durch. Mir war nicht bewusst, dass ich Epilepsie hatte, aber daran lag es wahrscheinlich auch nicht. Die Maschinen, an die mein Körper angeschlossen waren, piepten immer lauter und hektischer. Mit jedem Piepen kam gefühlt ein neuer Arzt oder eine weitere Schwester ins Zimmer gestürmt und panisierte mit den anderen mit. Die Wörter, die dabei aus ihren Mündern kamen, verstand ich nicht mal ansatzweise. Meine Koreanischkenntnisse beschränkten sich sowieso nur auf die kindlichen Begriffe, die ich früher einmal benutzt hatte. (Und die wenigen dreckigen Wörter, die mir Jimin beigebracht hatte, als er von seinen Affairen mit den anderen Membern erzählt hatte.)
Wow. Wie ich diesen kleinen Idioten vermisste. Gerade in so einer Situation fehlte der Zwerg, der dich aufmunterte, aber zugleich auch mobbte, man aber genau wusste, wie er es meinte. Die Krankenhausangestellten redeten weiter, als sie plötzlich mein Bett mobil machten und aus dem Zimmer schoben, weg aus meinem Blickfeld. "Halt!", jammerte ich "Hajima! Wo bringt ihr mich hin? Hallo? Hört mich denn keiner?!"
Wie erwartet, konnte mich niemand hören. Ich war völlig auf mich allein gestellt. Die Welt spielte weiter ohne mich. Mein Körper lebte ohne mich. Mein Herz schlug ohne mich, ohne meinen Verstand. Und genau DAS machte mich irre. Niemand konnte mich sehen oder hören. Fühlen wohl sicher auch nicht, auch wenn ich jetzt gerne ein paar Leute auf die Schultern tippen würde, ohne wegrennen zu müssen.
Ich folgte meinem Bett und mir fiel erst auf als ich im Gang war, dass ich mich tatsächlich fortbewegen konnte, auch wenn ich halb schwebte. Ich berührte den Boden nicht, aber es fühlte sich natürlicher an, als alles was mir in den letzten Minuten... Stunden...Tagen? passiert war. Ich bog um die nächste Ecke, aber hatte schon längst mein Krankenbett aus den Augen verloren. Voller Hoffnung folgte ich dem Gang, der mir endlos erschien. Irgendwann kam ich dann aber doch in einem großen Raum an, der aussah wie eine Rezeption. Das genaue Gegenteil, von da, wo ich eigentlich hinwollte aber das würde es auch tun. Ich schwebte auf eine der freien Krankenschwestern zu, hatte schon wieder vergessen, dass ich eine Art Geist war. "Hallo. Ich suche nach einer Patientin. Können sie mir helfen?", fragte ich sie, aber wie zu erwarten kam keine Antwort. "Wie unhöflich sie aber sind! Annyonhaseyooooo! Jemand zuhause?", meckerte ich sie an, in der Hoffnung, dass sie mich doch nur überhört hatte aber auch diesmal antwortete sie nicht. "Aish.", stöhnte ich. Was sollte ich jetzt tun? Planlos sah ich mich um. Über den Frauen am Tresen prangten drei große Flachbildschirme. Auf dem mittleren wurden die Nachrichten angezeigt, links die Menschen im OP und rechts eine Warteliste mit Zahlen. Mh, bringt mir auch nichts. Ich durchsuchte die Namen auf der linken Seite, dennoch war ich nicht darauf zu finden. Interessant. Ob sie überhaupt meinen Namen wussten? Provozierend stieg ich über die Theke und berührte dabei eine der Frauen. Ohne ein Wort zu sagen, zog sie sich ihre Jacke an. Komische Frau. Es war sau warm hier drinn, so weit ich es erkennen konnte, denn fühlen konnte ich nichts, nur die Schmerzen, die von meinem Körper ausgingen, der sich jetzt wohl in einem OP am anderen Ende des Krankenhauses befand. Neugierig warf ich einen Blick auf die Unterlagen. Krankheitsbefunde, Einlieferungen und eine Liste der Verstorbenen. Auf dem Zettel stand eine Kaffeetasse.
Auch wenn es wohl extrem unfair gegenüber den Toten war, zog mich eine undefinierbare Kraft zu dem Blatt und ich musste es lesen. Ich schloss für eine Sekunde meine Augen und atmete tief durch. Hoffentlich war Jay nicht unter ihnen. Auf der Liste befanden sich sieben Personen. Zwei davon Kims und die Nachnamen von drei weiteren wurden von der Kaffeetasse verdeckt, trotzdem konnte ich eins genau erkennen: Park.
Mein Herz begann zu rasen. Park. Park. Park. Bitte nicht mein Park! Ich wollte nach der Tasse greifen und sie weg schieben, aber meine Hand ging direkt durch das Porzelan und durch den Tisch. Verdammter Mist! Noch nie hatte mich ein Gegenstand so verzweifeln lassen! Ich griff erneut und erneut nach dem dummen Stück. Wieder und wieder flutschte meine Hand hindurch. Ich schrie. Mir stiegen Tränen in die Augen und ich hoffte weiter, dass sich unter dem Rand der dreckigen Tasse nicht der Name meines Freundes befand. Es trieb mich in den Wahnsinn. Rechts neben dem Namen befanden sich weitere Angaben. Männlich, ungefähr in seinem Alter, auch wenn ich keine Ahnung hatte wie alt er wirklich war, braune Augen, groß.

The Job (Jay Park FF), K-popWhere stories live. Discover now